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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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anderen Raum, wo Kiri und Mariko waren. Mariko sagte, Herr Toranaga habe beschlossen, den Anjin-san in den nächsten Tagen in eine seiner Provinzen zu schicken, wo er sich wieder erholen sollte, und daß Herr Toranaga höchst angetan von ihm sei und es nicht nötig sei, sich irgendwelche Sorgen zu machen; denn jetzt stehe er unter Herrn Toranagas persönlichem Schutz. Ob der Anjin-san wohl die Güte besitzen wolle, mit der Zeichnung der Karten zu beginnen, wozu sie ihm sogleich Material schicken werde. Bald werde es zu einem weiteren Treffen mit ihrem Gebieter kommen, und außerdem habe er ihr versprochen, sich bald bereitfinden zu wollen, ihm jede Frage zu beantworten. Herrn Toranaga sei sehr daran gelegen, daß Blackthorne alles über die Japaner erfahre, genauso wie er begierig sei, etwas über die Welt draußen zu erfahren, über die Navigation und über die Schiffahrt. Dann hatte man Blackthorne zum Arzt gebracht. Im Gegensatz zu den Samurai trugen die Ärzte das Haar kurzgeschoren und ohne Quaste.
    Blackthorne haßte die Ärzte. Aber dieser hier war ganz anders. Dieser Arzt war behutsam und unglaublich sauber. Die Wundärzte in Europa – das waren zumeist Barbiere und Feldscher, grob und ungehobelt und verlaust wie alle Welt sonst auch. Dieser Arzt hingegen faßte ihn mit allergrößter Behutsamkeit an, betrachtete ihn höflich und fühlte Blackthorne den Puls, schaute ihm in Augen, Mund und Ohren und klopfte ihm sanft den Rücken und gegen die Knie und unter die Fußsohlen, wobei er in seinem ganzen Gehaben höchst beruhigend wirkte. In Europa wollte ein Arzt sich immer nur die Zunge ansehen und begnügte sich damit zu fragen: »Wo tut's denn weh?« Dann ließ er einen zur Ader, um die schlimmen Säfte aus dem Blut herauszuholen, und gab einem ein starkes Abführmittel, um die Eingeweide von allen Verunreinigungen zu entleeren. Dieser Arzt kam ohne Skalpell und Blutschale; außerdem hatte er nicht diesen üblen Geruch an sich, und so hatte Blackthorne angefangen, sich zu beruhigen, und er entspannte sich ein wenig.
    Fragend berührten die Finger des Arztes die Narben an seinem Oberschenkel. Blackthorne machte den Knall eines Gewehrs nach, weil ihm vor vielen Jahren eine Musketenkugel durch das Fleisch geschlagen war. Der Arzt sagte: »Ah so desu« und nickte. Weiteres Abtasten, tiefgehend, aber schmerzlos, über seine Lenden und seinen Leib. Zuletzt wandte der Arzt sich an Rako, sie nickte, verneigte sich und dankte ihm.
    » Ichi hart?« hatte Blackthorne gefragt, weil er wissen wollte, ob auch alles in Ordnung sei.
    »Hai, Anjin-san.«
    »Honto ka?«
    »Honto – Ja, es ist wahr.«
    Blackthorne bedankte sich. Die Mädchen geleiteten ihn wieder zurück, und erst als er auf den Futons lag, sein Baumwollkimono gelockert wurde und das Mädchen Sono ihm über den Rücken fuhr, fiel ihm ein, daß er sich, ohne sich um die Mädchen zu kümmern, vor dem Arzt und den Samurai nackt ausgezogen hatte – und daß er sich nicht im geringsten geschämt hatte.
    »Nan desu ka, Anjin-san?« fragte Rako. »Was gibt's, ehrenwerter Pilot? Warum lacht Ihr?« Ihre weißen Zähne blitzten, ihre Augenbrauen waren ausgezupft und halbmondförmig nachgezogen. Sie trug das schwarze Haar hochgesteckt und dazu einen rosa geblümten Kimono mit einem graugrünen Obi.
    »Ich lächle, weil ich glücklich bin, Rako-san. Aber wie soll ich Euch das erklären? Wie sagen, daß ich lache, weil ich glücklich bin und zum ersten Mal, seit ich die Heimat verlassen habe, alle Last von mir genommen ist. Weil ich Toranaga-samas Ohr besitze und drei fette Breitseiten in die gottverfluchten Jesuiten und weitere sechs in die pockennarbigen Portugiesen hineingefeuert habe.« Und dann sprang er auf und fing an, eine Hornpipe – einen englischen Matrosentanz – hinzulegen und dazu einen Shanty zu singen.
    Rako und den anderen fielen die Augen aus dem Kopf. Die Shoji- Tür war aufgeglitten, und jetzt quollen auch den Samurai die Augen. Blackthorne tanzte und sang nach Leibeskräften, bis er einfach nicht mehr konnte, dann stieß er ein schallendes Gelächter aus und brach zusammen. Die Mädchen klatschten in die Hände, und Rako versuchte, es ihm gleichzutun, was ihr jedoch kläglich mißlang, da ihr über den Boden schleppender Kimono sie daran hinderte. Die anderen erhoben sich und brachten ihn dazu, ihnen zu zeigen, wie es gehe. Aber sie konnten es nicht, und bald plapperten sie alle durcheinander, kicherten und fächerten sich Kühlung

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