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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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geben, neh?«
    »Das liegt in Gottes Hand, Euer Gnaden.«
    »Nein, das liegt in Toranaga-sans Händen«, sagte er voller Verachtung.
    Sie blickte ihm fest in die Augen, ohne seinem Blick auszuweichen. Der Regen kam herniedergerauscht. Die Tropfen fielen vom Rand des Regenschirms wie ein Tränenschleier herunter. Der Schlamm spritzte gegen den Saum ihres Kimonos. Dann sagte er: »Sayonara – bis wir uns in Osaka wiedersehen.«
    Sie erschrak. »Oh, verzeiht, aber sehen wir uns nicht in Yedo?«
    »Gewiß. Aber in Osaka – wenn wir uns dort wiedersehen – werden wir einen neuen Anfang machen. Dann werde ich Euch wirklich wiedersehen, neh?«
    »Ah, ich verstehe. Verzeiht.«
    »Sayonara, Mariko-san«, sagte er.
    »Sayonara, mein Gebieter.« Mariko verneigte sich. Herrisch erwiderte er die Verneigung und stapfte dann durch den Schlamm zu seinem Pferd. Er schwang sich in den Sattel und galoppierte davon, ohne noch einen einzigen Blick zurückzuwerfen.
    »Geh mit Gott!« sagte sie und starrte hinter ihm her.
    Blackthorne sah, wie ihre Augen Buntaro folgten. Er wartete im Schutz des Daches. Der Regen ließ allmählich etwas nach. Bald war die Spitze des Zuges in den Wolken verschwunden, dann auch Toranagas Sänfte, und sein Atem ging unbeschwerter. Trotzdem war er niedergedrückt an diesem Tag, der unter einem so unglücklichen Stern zu stehen schien.
    Dabei hatte die Falkenjagd am Morgen so vielversprechend begonnen. Er hatte einen winzigen Falken mit langen Schwingen gewählt, der wie ein Zwergfalke aussah, und ihn mit Erfolg auf eine Lerche angeworfen: Der rauschende Sturzflug war in südlicher Richtung verlaufen, die Verfolgungsjagd bei auffrischendem Wind über einen Baumgürtel hinweggegangen. Es war sein Vorrecht, als erster hinter dem Falken herzusprengen, und so war er durch den Wald einen vielbenutzten guten Pfad entlanggerast, so daß fliegende Händler und Bauern auseinandergestoben waren. Nur ein wettergegerbter Öl-Verkäufer mit einem klapprigen Gaul stand ihm keifend im Weg und hatte nicht ausweichen wollen. Vom Jagdfieber gepackt, hatte Blackthorne den Alten rüde angefahren, doch der hatte sich nicht gerührt, und so hatte er ihn mit Flüchen überhäuft. Der Händler ließ sich nicht einschüchtern und hatte seinerseits Flüche ausgestoßen, und dann war plötzlich Toranaga aufgetaucht, hatte auf einen seiner Leibwächter gedeutet und gesagt: »Anjin-san, gebt ihm für einen Augenblick Euer Schwert« – und noch ein paar Worte, die er nicht verstand. Blackthorne hatte augenblicklich gehorcht. Ehe er überhaupt begriff, was sich abspielte, war der Samurai über den Händler hergefallen. Sein Schwerthieb war so heftig und so wohlgezielt, daß der Öl-Verkäufer noch einen Schritt weitergewankt war, ehe er – bis zur Hüfte gespalten – zusammenbrach.
    Toranaga war so hingerissen, daß er vor Begeisterung seinen Sattelknauf mit der Faust bearbeitete, fiel dann jedoch, während die anderen Samurai in Hochrufe ausbrachen, wieder in seine schwermütige Stimmung zurück. »Herr Toranaga meint«, hatte Mariko ihm übersetzt, »Ihr solltet Eurem Schwert den Namen ›Öl-Verkäufer‹ geben, denn solch ein Hieb und diese Schärfe sollten in ehrenhafter Erinnerung gehalten werden. Euer Schwert ist jetzt zur Legende geworden, neh?«
    Blackthorne erinnerte sich, wie er genickt und seine Seelenpein unterdrückt hatte. Jetzt trug er ›Öl-Verkäufer‹! – so sollte das Schwert wirklich fürderhin heißen –, jenes Schwert, das Toranaga ihm einst geschenkt. Was blieb also anderes übrig? Blackthorne wußte, daß man nichts anderes hätte tun können. Trotzdem war ihm durch diesen Tod die Freude an der Jagd verdorben, wiewohl er sich das auf keinen Fall hatte anmerken lassen dürfen; Toranaga selbst war den ganzen Tag über launenhaft und schwierig gewesen.
    Kurz vor Mittag waren sie nach Yokosé zurückgekehrt, dann hatte Toranagas Treffen mit Zataki stattgefunden, und nach dem dampfenden Bad und der Massage hatte plötzlich Pater Alvito – einem Rachegeist gleich und zwei feindselige Priesterschüler neben sich – in seinem Weg gestanden. »Jesus Christus, hebt Euch hinweg von mir!«
    »Ihr braucht keine Angst zu haben, und Ihr braucht nicht gotteslästerlich zu fluchen«, hatte Alvito gesagt.
    »Gott verfluch Euch und alle Priester«, sagte Blackthorne und mußte an sich halten, um nicht loszuschlagen, denn er wußte, daß er tief in Feindesland war. Zuvor hatte er gesehen, wie etwa fünfzig

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