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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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    Ich hätte es ihm verweigert.
    Und dann, wenn er darauf bestanden hätte, wie es sein Recht ist?
    Dann hätte ich das Versprechen gehalten, das ich gegeben.

44. Kapitel
    Zur Stunde der Ziege kam der Zug ein zweites Mal über die Brücke. Alles war genauso wie am Tag zuvor, nur daß Zataki und seine Männer jetzt leichte Kleidung trugen – zum Reisen oder um Scharmützel zu fechten. Bewaffnet waren sie bis an die Zähne, und wenn sie auch äußerst zuchtvoll waren, insgeheim brannten alle auf den entscheidenden Kampf auf Leben und Tod – falls es dazu kommen sollte. Sie setzten sich Toranagas Streitkräften, die ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren, gegenüber. Pater Alvito stand als Zuschauer auf der einen Seite, Blackthorne auf der anderen.
    Toranaga hieß Zataki mit der gleichen gelassenen Förmlichkeit willkommen wie gestern, ja, er zog das Zeremoniell beim Platznehmen noch in die Länge. Heute saßen die beiden Daimyos allein auf dem Podest, die Kissen lagen weiter auseinander, und die Wolken hingen tiefer. Yabu, Omi, Naga und Buntaro saßen auf der Erde hinter Toranaga, und vier von Zatakis Beratern hinter ihm.
    Als der richtige Zeitpunkt gekommen war, holte Zataki die zweite Schriftrolle aus dem Ärmel. »Ich bin gekommen, in aller Form Eure Antwort in Empfang zu nehmen.«
    »Ich bin einverstanden, nach Osaka zu gehen und mich dem Willen des Rats zu beugen«, erwiderte Toranaga gelassen und verneigte sich.
    »Ihr wollt Euch unterwerfen?« Zataki verzerrte ungläubig das Gesicht. »Ihr, Toranaga-noh-Minowara … Ihr wollt …«
    »Hört«, unterbrach Toranaga ihn mit seiner volltönenden Stimme, die über den ganzen Platz hallte. »Dem Regentschaftsrat sind wir alle Gehorsam schuldig. Selbst wenn er dem Gesetz nach nicht voll funktionsfähig ist. Das Reich hat Vorrang. Wenn ein Daimyo sich auflehnt, dann gebietet es die Pflicht, ihn zu vernichten. Ich habe dem Taikō geschworen, niemals als erster den Frieden zu brechen. Ich nehme die Einladung an. Ich breche noch heute auf.«
    Entgeistert versuchte jeder Samurai sich auszumalen, was diese unglaubliche Kehrtwende bedeuten mochte. Alle waren sich schmerzlich bewußt, daß den meisten von ihnen nichts anderes übrigbleiben würde, als Ronin zu werden, mit allen Konsequenzen: Verlust ihrer Ehre, ihrer Einkünfte und ihrer Familien.
    Buntaro wußte, daß er Toranaga auf seiner letzten Reise begleiten und sein Schicksal teilen würde – es bedeutete den Tod seiner gesamten Familie bis ins jüngste Glied. Wer wollte schon weiterleben, wenn sein Lehnsherr auf so feige Weise den Kampf aufgab. Karma, dachte Buntaro bitter. Möge Buddha mir Kraft verleihen! Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als Mariko und unserem Sohn das Leben zu nehmen, ehe ich meinem eigenen ein Ende setze. Wann? Sobald meine Pflicht getan ist und unser Gebieter ehrenvoll in die Große Leere eingegangen ist. Er braucht schließlich einen getreuen Sekundanten, neh? Alles vorbei, die ganze Zukunft und die Gegenwart. Vielleicht ist es besser so, neh? Jetzt wird Herrn Yaemon nichts mehr im Wege stehen, daß er sein Erbe antritt.
    Naga war wie vor den Kopf geschlagen! Nicht ›Blutiger Himmel‹? Keinen Kampf auf Leben und Tod in den Bergen von Shinano oder auf den Ebenen um Kyoto? Keinen ehrenhaften Tod bei der heldenmütigen Verteidigung der Standarte seines Vaters, keine Berge von Toten, hinter denen man sich bei einem letzten Kampf verschanzte – oder bei einem gottgegebenen Sieg? Nicht einmal einen Überraschungsangriff mit den dreckigen Feuerwaffen? Nichts von alledem – nur Seppuku, und auch das wahrscheinlich noch überstürzt, ohne jede Feierlichkeit und ohne äußere Ehren, sein Kopf hinterher auf eine Lanze gespießt, dem johlenden niederen Volk zum Ergötzen gezeigt! Nichts als der Tod und das Ende des Geschlechts der Yoshi. Denn selbstverständlich würde jeder von ihnen sterben. Seine Augen richteten sich auf Zataki. Blutdurst wallte in ihm auf …
    Haß verzehrte Omi, als er Toranaga beobachtete. Unser Gebieter hat den Verstand verloren, dachte er. Wie kann er nur so dumm sein! Wir haben hunderttausend Mann und das Musketenregiment und noch weitere tausend Mann um Osaka herum! ›Blutiger Himmel‹ ist tausendmal besser als ein einsames, stinkendes Grab.
    Seine Hand krampfte sich um den Schwertgriff, und einen verzückten Augenblick sah er sich schon vorwärtsstürzen und Toranaga enthaupten, um seinen Kopf dem Regenten Zataki zu überreichen und dieser

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