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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Visitator einen Rat. Ja, und er wird auch wissen, wie wir mit Toranagas unfaßlicher Entscheidung fertig werden – eine solche Reaktion hatten sie in ihren geheimen Besprechungen als unmöglich ausgeschlossen. »Nein … das wäre ganz gegen Toranagas Charakter«, hatte dell'Aqua gesagt. »Er wird in den Krieg ziehen. Sobald die Regenzeit zu Ende geht, vielleicht sogar schon früher, wenn es ihm gelingt, Zataki zu bewegen, seinen Entschluß rückgängig zu machen und Ishido in den Rücken zu fallen. Er wird abwarten und versuchen, Ishido so lange zu reizen, bis er den ersten Schritt macht. Was auch geschieht, solange Kiyama und Onoshi Ishido und Osaka unterstützen, wird der Kwanto überrannt werden und Toranaga ist verloren.«
    »Und Kiyama und Onoshi? Werden die um des gemeinsamen Ziels willen ihre Feindschaft begraben?«
    »Ja. Sie sind vollkommen davon überzeugt, daß Toranagas Sieg für die Kirche das Totengeläut wäre. Jetzt, wo sich auch Harima auf die Seite von Ishido stellt, fürchte ich, ist Toranaga nicht mehr als eine schillernde Seifenblase, die platzt.« Also wieder Bürgerkrieg, dachte Alvito. Bruder gegen Bruder, Vater gegen Sohn, Dorf gegen Dorf. Anjiro war bereit, sich zu erheben, hatte Uo, der Fischer, ihm zugeflüstert. Und die Nachricht, die ihnen allen die Angst in die Glieder fahren ließ: das Musketenregiment war fast fertig ausgebildet. Eine moderne Kavallerie nach europäischem Muster mit über zweitausend Musketieren – angepaßt an die japanische Art der Kriegführung. Ach, Madonna, beschütze die Gläubigen und verfluche diesen Ketzer …
    Welcher Jammer, daß Blackthorne so falsch liegt. Er könnte ein überaus nützlicher Bundesgenosse sein. Ich hätte es zwar nie für möglich gehalten, aber es stimmt. Er versteht unglaublich viel von der Seefahrt und von der Welt. Mutig und listig, in den Grenzen seiner Ketzerei aufrichtig, geradeheraus und ohne Arg. Man braucht ihm nie etwas zweimal zu sagen, sein Gedächtnis ist geradezu unheimlich! Wieviel er mich über die Welt gelehrt hat. Und über sich selbst. Drei Tage, nachdem sie Yokosé verlassen, hatte Bruder Michaels Beobachtung ihn in den Grundfesten erschüttert.
    »Ihr meint, sie wären ein Liebespaar?«
    »Was ist Gott anders als die Liebe? Waren das nicht die Worte des Herrn Jesus?« hatte Michael erwidert. »Ich habe nur erwähnt, daß ihre Augen sich liebkosten und daß es wunderschön war, das mitanzusehen. Was ihre Körper tun, weiß ich nicht, Pater, und ehrlich gesagt, kümmert mich das auch nicht. Ihre Seelen berühren einander und scheinen deshalb ein größeres Bewußtsein Gottes zu besitzen.«
    »Ihr müßt Euch irren. Das würde sie nie tun. Das verstieße gegen ihr ganzes Erbe, gegen ihre Gesetze und gegen die Gesetze Gottes. Sie ist eine fromme Christin. Sie weiß, daß Ehebruch eine furchtbare Sünde ist.«
    »Ja, so lehren wir wenigstens. Aber verheiratet ist sie nach shintoistischem Ritus, daher ist die Ehe von unserem Gott nicht gesegnet – ist es dann Ehebruch?« Von Stund an hatte er ihnen noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Daß der Mann und die Frau großen Gefallen aneinander fanden, war nicht zu übersehen. Warum auch nicht? Daran war nichts Schlimmes. Wo sie doch ständig miteinander umgehen mußten und, von einander lernten. Beides starke, vitale Menschen, so schlecht sie auch sonst zusammenpassen mochten.
    Bei der Beichte sagte sie nichts. Er bedrängte sie auch nicht. Ihre Augen verrieten ihm nichts und alles. Aber etwas Greifbares, worüber er hätte richten können, gab es nicht. Er hörte sich schon, wie er es dell'Aqua gegenüber erklärte: »Bruder Michael muß sich irren, Eminenz.«
    »Aber, haben sie Ehebruch begangen? Gibt es dafür Beweise?«
    »Glücklicherweise nein, Eminenz.«
    Alvito zügelte sein Pferd und drehte sich nochmals um. Er sah Mariko auf einer kleinen Anhöhe stehen. Der Pilot sprach mit dem Hauptmann, die alte Madam und ihre angemalte Hure lagen in ihrer Sänfte. Ihn quälte der fanatische Eifer, der in ihm aufwallte. Zum ersten Mal konnte er sich vorstellen, wie er sie fragte: »Habt Ihr mit dem Piloten gehurt, Mariko-san? Hat der Ketzer Eure Seele für alle Ewigkeit um ihr Heil gebracht? Ihr, die Ihr auserwählt wurdet, im Leben eine Nonne zu sein und wahrscheinlich die erste japanische Äbtissin? Lebt Ihr in verruchter Sünde, ohne zu beichten, enthaltet Ihr Eurem Beichtvater Euer Sakrileg vor, und seid Ihr deshalb schuldig vor Gott?«
    Er sah sie winken. Diesmal

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