Shogun
und stießen zwischen flachen Reisfeldern auf der belebten breiten Straße weiter nach Norden vor. Es mußten viele Flüsse und Nebenflüsse überquert werden. Manche waren seicht, manche aber auch tief und sehr breit. Über die wenigsten führten Brücken hinweg. Für gewöhnlich wurden sie einfach huckepack von Trägern hinübergetragen.
Dies war der siebte Tag, seit sie Yokosé verlassen hatten. Die Straße gabelte sich, und Pater Alvito sagte, jetzt müsse er Abschied nehmen. Er würde die Straße nach Westen einschlagen, um für ein oder zwei Tage zu seinem Schiff zurückzukehren, freilich würde er sie wohl wieder einholen auf der Straße von Mishima nach Yedo, falls sie gestatteten. »Selbstverständlich seid Ihr willkommen, mich zu begleiten, wenn Ihr wollt.«
»Danke, nein, tut mir leid, aber ich habe in Mishima eine Menge zu erledigen«, sagte Mariko.
»Anjin-san? Wenn die Dame Mariko zu tun hat, so seid Ihr auch allein willkommen. Unser Koch ist sehr gut, und der Wein ist nicht schlecht. Es stünde Euch selbstverständlich frei zu kommen und zu gehen, wie es Euch beliebt. Rodrigues ist an Bord.«
Mariko erkannte, daß Blackthorne gern mitgegangen wäre. Wie kann er nur? fragte sie sich traurig. Wie kann er mich nur verlassen wollen, wo wir doch nur so wenig Zeit haben.
»Bitte, geht, Anjin-san«, sagte sie. »Es wäre schön für Euch … und so gut, Rodrigues wiederzusehen, neh?«
Aber Blackthorne tat es nicht, sosehr es ihn auch drängte. Er traute dem Priester nicht. Nicht einmal für Rodrigues würde er den Kopf in die Schlinge stecken. Er dankte Alvito, und sie sahen ihm nach, als er davonritt.
Die Pferde von Alvito und seinen Begleitern wanden sich gemächlich durch die anderen Reisenden. Einige Vorüberkommende verneigten sich vor dem kleinen Zug, manche knieten sogar demütig nieder, viele waren neugierig, und bei manchen verhärtete sich das Gesicht. Alle traten jedoch höflich beiseite.
Alvito war froh, Mariko und Blackthorne zu verlassen, froh darüber, daß sie sich hatten trennen müssen. Er mußte dem Pater Visitator dringend Nachrichten schicken, was er nicht hatte tun können, weil seine Brieftauben in Yokosé umgebracht worden waren. Es galt so viele Probleme zu lösen: Toranaga, Uo, der Fischer, Mariko und der Pirat. Und Joseph, der nicht von seiner Fährte ließ. »Was macht er hier, Hauptmann Yoshinaka?« war es ihm unwillkürlich am ersten Tag entfahren, als er Joseph unter den Wachen bemerkte. Er trug jetzt den Uniform-Kimono und die Samurai-Schwerter – wenngleich letztere einigermaßen verlegen.
»Herr Toranaga hat mir befohlen, ihn nach Mishima mitzunehmen, Tsukku-san. Dort soll ich ihn Herrn Hiro-matsu übergeben. Tut mir leid, beleidigt sein Anblick Euch?«
»Nein … nein«, hatte er ohne rechte Überzeugung erklärt.
»Ach, Ihr wundert Euch über seine Schwerter? Keine Angst. Das sind nur Griffe, keine Klingen. Herr Toranaga hat das so befohlen. Es sieht so aus, daß es bei diesem Mann, da ihm in so jungen Jahren befohlen wurde, Eurem Orden beizutreten, nicht klar ist, ob er richtige Schwerter haben soll oder nicht. Aber wie dem auch sei – es geht nicht an, daß ein Samurai ohne Schwerter ist, neh? Unser Gebieter hat in seiner Weisheit einen Ausweg gefunden.«
»Was wird mit ihm geschehen?«
»Vielleicht wird er zu seinem Onkel zurückgeschickt, damit der über ihn zu Gericht sitzt, vielleicht bleibt er aber auch bei uns.«
Pater Alvito wollte mit Joseph reden, doch daran hatte Yoshinaka ihn höflich, aber bestimmt gehindert. »Tut mir leid, aber unser Gebieter hat angeordnet, daß er für sich bleiben soll. Fern von allen anderen. Ganz besonders von Christen. Bis Herr Harima sein Urteil gefällt hat, sagt mein Gebieter. Uraga-san ist Vasall von Herrn Harima, neh? Und Herr Harima ist auch Christ, neh? Herr Toranaga sagt, ein christlicher Daimyo solle über den christlichen Abtrünnigen entscheiden. Schließlich ist Herr Harima sein Onkel und das Oberhaupt seines Klans. Vor allen Dingen aber war er es, der ihn in Eure Obhut übergeben hat.«
Obgleich es ihm untersagt worden war, hatte Alvito am Abend nochmals versucht, unter vier Augen mit Joseph zu sprechen, ihn zu bitten, sein Sakrileg zurückzunehmen und reuig vor dem Pater Visitator niederzuknien, aber der junge Mann hatte sich kalt abgewandt, ohne ihn auch nur anzuhören, und danach war Joseph immer weit vorausgeschickt worden.
Was kann ich tun? fragte sich Alvito gequält. Vielleicht weiß der Pater
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