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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Gewiß, er ist unser Feind, und selbstverständlich ist er ein Ketzer, aber vor allem ist er Pilot, einer der besten, die ich je kennengelernt habe.«
    »Aber ich mag ihn ja auch. Zumindest verstehe ich ihn jetzt besser. Vergessen wir ihn im Augenblick.«
    Rodrigues nickte zustimmend. Er bemerkte, daß der Teller des Priesters leer war, und so streckte er den Arm aus und schob die Schüssel näher an ihn heran. »Hier, Pater, nehmt noch von dem Kapaun. Brot?«
    »Danke. Ja, gern. Ich habe gar nicht gewußt, wie hungrig ich bin.« Dankbar riß der Priester noch einen Schlegel ab und nahm sich von der aus Salbei, Zwiebeln und Brot bestehenden Füllung. Zuletzt goß er den Rest der fetten Sauce darüber.
    »Wein?«
    »Ja, vielen Dank.«
    »Wo sind denn Eure anderen Leute, Pater?«
    »Ich habe sie in einem Gasthaus in der Nähe des Piers zurückgelassen.«
    Rodrigues schaute aus dem großen Heckfenster hinaus, von dem aus man Nimazu, die Werften und den Hafen und sogar die Mündung des Kano überblicken konnte. Eine Menge Fischerboote fuhren hin und her. »Dieser Diener, den Ihr zurückgelassen habt, Pater … ist der zuverlässig? Seid Ihr auch überzeugt, daß er uns findet?«
    »Aber ja. Sie werden zweifellos mindestens zwei Tage in Mishima bleiben.« Alvito hatte bereits beschlossen, von dem, was Frater Michael argwöhnte, nichts zu sagen, und so fügte er nur hinzu: »Vergeßt nicht, daß sie mit großem Gefolge reisen. Bei Toda Marikos Rang und mit Toranagas Bannern erregen sie beträchtliches Aufsehen. Im Umkreis von vier Leguas weiß bestimmt jeder, wo sie abgestiegen sind.«
    Rodrigues lachte. »Der Ingeles und soviel Gepränge? Wer hätte das gedacht? Wie einer von diesen vermaledeiten Daimyos!«
    »Das ist noch nicht einmal die halbe Wahrheit, Pilot. Toranaga hat ihn zum Samurai und Hatamoto gemacht.«
    »Was?«
    »Hauptpilot Blackthorne trägt jetzt die beiden Schwerter – neben seinen Pistolen. Bis zu einem gewissen Grad ist er jetzt Toranagas Vertrauter und sein Schützling.«
    »Der Ingeles? Wieso und weshalb?«
    »Der Anjin-san hat Toranaga zum dritten Mal das Leben gerettet. Zweimal während der Flucht aus Osaka, und das letzte Mal in Izu während eines Erdbebens.« Alvito mampfte genüßlich an dem Kapaunenschlegel. Etwas Sauce rann ihm den schwarzen Bart herunter.
    Rodrigues wartete, doch der Priester sagte nicht mehr. Nachdenklich wandte er die Augen dem Pokal zu, den er in den Händen hielt. Das Licht brach sich auf dem dunkelroten Wein. Nach einer langen Pause sagte er: »Das bedeutet nichts Gutes für uns, wenn dieser Ingeles in der Nähe von Toranaga ist. Nein, ganz und gar nicht. Bei dem nicht. Eh?«
    »Ganz Eurer Meinung.«
    »Trotzdem würd' ich ihn gern wiedersehen.« Der Priester schwieg. Rodrigues ließ ihn den Teller mit dem Brot sauberwischen. Der Priester nahm den Rest des Vogels mit dem letzten Flügel dankbar an, dazu noch einen Schluck Wein. Zum Abschluß genehmigte er sich einen feinen französischen Cognac, den Pater Alvito aus einem Wandschrank hervorholte.
    »Rodrigues? Auch ein Glas?«
    »Vielen Dank.« Der Seemann sah zu, wie Alvito den nußbraunen Trank in das Kristallglas goß. Der Wein nebst dem Cognac war ein Abschiedsgeschenk des Paters Visitator aus seinem eigenen Weinkeller.
    »Selbstverständlich, Rodrigues, dürft Ihr gern zusammen mit dem Pater davon trinken«, hatte dell'Aqua gesagt. »Geht mit Gott, möge er über Euch wachen, Euch heil hingeleiten und Euch heil wieder zurückbringen.«
    »Sehr verbunden, Eminenz.«
    Jawohl, sehr verbunden, Eminenz, aber kein gottverfluchtes Dankeschön, dachte Rodrigues bitter – kein Dankeschön dafür, daß mein Generalkapitän mir befohlen hat, an Bord dieses Schweinekahns zu gehen, mich unter das Kommando dieses Jesuiten zu stellen und mich aus den Armen meiner Gracia zu reißen, der Ärmsten. Madonna, das Leben ist so kurz, viel zu kurz und auch viel zu gefährlich, um es dafür zu verschwenden, einem von diesen stinkenden Priestern das Geleit zu geben, nicht einmal Alvito, der immerhin ein richtiges Mannsbild ist, was man von den anderen nicht gerade behaupten kann, aber aus diesem Grund auch gefährlicher. Madonna, hilf mir doch!
    »Das war ein ausgezeichnetes Mahl, Rodrigues«, sagte Alvito und spielte mit den Brotkrumen auf der Tischplatte. »Vielen Dank.«
    »Gut.« Rodrigues war ganz ernst. »Was habt Ihr jetzt vor, Pater? Wir sollten …« Er hielt mitten im Satz inne und schaute zum Fenster hinaus. Dann, nicht

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