Shogun
hatte, und fuhr dann fort: »Der Tsukku-san hatte eine zweite Flasche als Geschenk mitgebracht und wollte damit, wie er sagte, ein gutes Wort für Rodrigues einlegen, woraufhin der Anjin-san mit schockierender Unverblümtheit sagte, er wolle keinen ›Papistenschnaps‹, sondern ziehe den Saké vor und traue Priestern nicht. Der … der Pater ging in die Luft, nahm ebensowenig ein Blatt vor den Mund und erklärte, er habe noch nie etwas mit Gift zu tun gehabt, würde es auch nie tun und könne so etwas nie verzeihen.«
»Ah, Gift? Benutzen sie Gift als Waffe?«
»Der Anjin-san sagte mir, einige von ihnen täten das, Euer Gnaden. Das führte zu einem weiteren Wortwechsel, und dann hackte jeder auf der Religion des anderen herum … Ich ging Yoshinaka-san holen, und der setzte dem Streit ein Ende …«
»Diese Barbaren bringen nichts als Ungelegenheiten. Christen bringen nichts als Ungelegenheiten. Neh?«
Sie blieb ihm die Antwort schuldig. Seine Verdrossenheit brachte sie ganz aus dem Gleichgewicht. Sie paßte so gar nicht zu ihm. Vielleicht ist der Schock, geschlagen zu sein, zuviel für ihn, dachte sie. Ohne ihn sind wir alle erledigt, ist mein Sohn erledigt, der Kwanto wird bald in anderen Händen sein. In den Straßen und in der Burg hatte sie die Gedrücktheit gespürt, die über der ganzen Stadt lag – jener Stadt, die so berühmt war wegen ihrer Lebensfreude und ihrer unverwüstlichen guten Laune.
»Ich bin in dem Jahr geboren, da die ersten Christen landeten, und seither haben sie das Land durcheinandergebracht«, sagte Toranaga. »Seit achtundfünfzig Jahren nichts als Scherereien, neh?«
»Es tut mir leid, daß sie Euch ein Dorn im Auge sind, Euer Gnaden. Hattet Ihr noch etwas? Mit Eurer Erlaubnis …«
»Setzt Euch. Ich bin noch nicht fertig.« Toranaga klingelte abermals. Die Tür glitt auf. »Schickt Buntaro herein.«
Buntaro marschierte herein. Mit verbissener Miene kniete er nieder und verneigte sich. Wie benommen verneigte sie sich vor ihm, doch er erwiderte ihre Verneigung nicht. Kurz zuvor waren sie mit ihrem Gefolge am Burgtor Buntaro begegnet. Nach einer kurzen Begrüßung hatte er ihr gesagt, sie solle sofort zu Herrn Toranaga gehen. Den Anjin-san werde man später rufen lassen.
»Buntaro-san, Ihr habt gebeten, mich so bald wie möglich im Beisein Eurer Gemahlin zu sprechen? Was habt Ihr auf dem Herzen?«
»Ich bitte demütig um die Erlaubnis, dem Anjin-san den Kopf zu nehmen, Euer Gnaden«, sagte Buntaro.
»Warum?«
»Verzeiht, bitte, aber … mir, mir gefällt die Art nicht, wie er meine Frau ansieht. Ich wollte … wollte es Euch in ihrem Beisein sagen. Außerdem hat er mich in Anjiro beleidigt, und ich vermag nicht länger mit dieser Schande zu leben.«
Toranaga blickte zu Mariko hinüber, die wie erstarrt schien. »Ihr beschuldigt sie, ihn ermutigt zu haben?«
»Verzeiht, bitte, aber wenn ich das glaubte, würde die Pflicht mir gebieten, im gleichen Augenblick auch ihren Kopf zu nehmen«, erwiderte Buntaro steinern, die Augen auf die Tatamis gesenkt. »Der Barbar bringt mich ständig durcheinander und stört meine Harmonie. Ich glaube, daß er eine ständige Belästigung auch für Euch darstellt. Laßt mich seinen Kopf nehmen, ich bitte Euch darum.« Er sah auf. Sein mächtiges Kinn war unrasiert. Tiefe Schatten lagen um seine Augen. »Oder laßt mich meine Frau jetzt nehmen, und heute abend werden wir Euch dann vorangehen … um Euch den Weg zu bereiten.«
»Was sagt Ihr dazu, Mariko-san?«
»Er ist mein Gatte. Was immer er beschließt, ich werde es tun … es sei denn, Ihr seid dagegen, Euer Gnaden. Es ist meine Pflicht.«
Von der Frau sah Toranaga zum Mann hinüber. Dann bekam seine Stimme etwas Hartes, und für einen Augenblick war er wieder der Toranaga von einst. »Mariko-san, Ihr werdet in drei Tagen nach Osaka abreisen. Ihr werdet jenen Weg für mich bereiten und dort auf mich warten. Buntaro-san, Ihr werdet mich als Kommandeur meiner Leibwache begleiten, wenn ich abreise. Nachdem Ihr als mein Sekundant fungiert habt, könnt Ihr oder einer Eurer Leute das auch bei dem Anjin-san tun … mit oder ohne Erlaubnis.«
Buntaro räusperte sich. »Euer Gnaden, Ihr befehlt ›Blutigen Him…‹«
»Haltet Eure Zunge im Zaum! Ihr vergeßt Euch! Wenn Ihr das nächstemal die Stirn habt, mir ungefragt Euren Rat anzubieten, werdet Ihr Euch den Bauch in einer Yedoer Senkgrube aufschlitzen!«
Buntaros Stirn lag auf den Tatamis . »Ich bitte um Verzeihung für meine
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