Shogun
Gnaden. Es wäre höchst aufschlußreich zu erfahren, was Ihr davon haltet.«
»Zunächst einmal …« Yabu hielt inne, sprach nicht weiter, als er den Blick auffing, den seine Frau ihm zuwarf, und sagte statt dessen: »Zuvörderst und vor allem bedeutet das, daß Omi-san, Euer Sohn, ein treuer und äußerst brauchbarer Vasall ist. Er hat eine Beförderung verdient, neh?«
Mizuno troff vor Dankbarkeit. Yabu hatte Geduld mit ihm, plauderte mit ihm und beglückwünschte ihn, und als die Höflichkeit es gestattete, entließ er ihn. Yuriko ließ Cha kommen. Als sie wieder ganz allein waren, sagte er: »Und was bedeutet der Rest?«
Ihr Gesicht spiegelte jetzt ihre Erregung wider. »Bitte, entschuldigt mich, Euer Gnaden, aber ich möchte Euch etwas vortragen, was ich mir überlegt habe: Toranaga hält uns alle zum Narren und hat nicht die geringste Absicht, nach Osaka zu gehen und sich zu ergeben – und hat diese Absicht nie gehabt.«
»Unsinn!«
»Hört Euch die Tatsachen an … Beweisen läßt sich meine Theorie folgendermaßen: Buntaro-san, ein Vertrauter Toranaga-samas, wird heimlich zu Zataki geschickt. Warum? Offenbar doch wohl, um ihm ein neues Angebot zu unterbreiten. Was könnte Zataki in Versuchung führen? Der Kwanto … nur der. Also hat man ihm den Kwanto angeboten … als Morgengabe für seine Treue, sobald Toranaga wieder Vorsitzender des Regentschaftsrats ist … eines neuen Regentschaftsrats mit einem neuen Mandat. Dann könnte er es sich leisten, neh?« Sie wartete und fuhr dann pedantisch fort: »Wenn er Zataki überredet, Ishido in den Rücken zu fallen, hat er ein Viertel des Weges zur Hauptstadt Kyoto geschafft. Wie läßt sich dieser Pakt mit dem Bruder festigen? Durch Geiseln! Ich hörte heute nachmittag, daß Herr Sudara, die Dame Genjiko und ihre Töchter samt ihrem Sohn in den nächsten zehn Tagen ihre verehrte Großmutter in Takato besuchen werden.«
»Alle?«
»Ja. Weiterhin gibt Toranaga dem Anjin-san sein Schiff zurück, und zwar mit sämtlichen Kanonen und Pulver, zweihundert Fanatikern und dem gesamten Geld, das ausreicht, weitere barbarische Söldner anzuwerben, den Wako- Abschaum von Nagasaki. Warum? Um das Schwarze Schiff der Barbaren zu kapern. Kein Schwarzes Schiff, kein Geld – und unendliche Schwierigkeiten für die christlichen Priester, die Kiyama, Onoshi und die verräterischen christlichen Daimyos beherrschen.«
»Das würde Toranaga nie wagen! Der Taikō hat es versucht und eine Schlappe einstecken müssen – dabei war der allmächtig. Die Barbaren werden wutschäumend das Weite suchen, und wir werden niemals wieder Handel treiben.«
»Richtig. Wenn wir es täten. Aber diesmal würden Barbaren gegen Barbaren kämpfen. Man muß sich nur einmal vorstellen, der Anjin-san griffe Nagasaki an und steckte es in Brand … steckte noch ein paar andere Häfen in Kyushu in Brand, machte Jagd auf ihre Schiffe, während gleichzeitig …«
»Während Toranaga gleichzeitig ›Blutiger Himmel‹ befiehlt!« entfuhr es Yabu.
»Ja, ja, ja«, gab Yuriko ihm glücklich recht. »Würde diese Intrige nicht zu Toranaga passen wie eine zweite Haut? Täte er damit nicht das, was er immer getan hat? Einfach abwarten, auf Zeit spielen, einen Tag hier und dort noch einen Tag, und bald ist ein ganzer Monat vorüber, und wieder einmal hat er eine überwältigende Streitmacht zusammen, um seine Gegner beiseite zu fegen? Seit Zataki ihm in Yokosé die Aufforderung überbracht hat, vor den Regenten zu erscheinen, ist fast ein ganzer Monat verstrichen.«
Yabu spürte, wie das Blut in seinen Ohren rauschte. »Dann sind wir also gerettet?«
»Nein, aber immerhin nicht verloren. Ich glaube nicht an das Waffenstrecken.« Sie zögerte. »Und jeder hat sich hinters Licht führen lassen. Wir haben alle vergessen, was für ein großer Nōh-Schauspieler Toranaga ist, der sein eigenes Gesicht als Maske tragen kann, wenn es sein muß. Neh?«
Yabu versuchte, Ordnung in seine Gedanken zu bringen, was ihm jedoch nicht recht gelingen wollte. »Trotzdem hat Ishido immer noch ganz Japan gegen uns auf seiner Seite.«
»Ja. Mit Ausnahme von Zataki. Außerdem muß es noch andere geheime Bündnisse geben. Toranaga und Ihr könnt die Pässe halten.«
»Ishido hat Osaka, die Burg, den Erben und den Reichtum des Taikō in seiner Gewalt.«
»Stimmt. Aber er wird drinnen hocken bleiben und schmollen. Und dann wird irgend jemand ihn verraten.«
»Was soll ich tun?«
»Das Gegenteil von dem, was Toranaga
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