Shogun
tut. Mag er abwarten. Ihr hingegen müßt Euch beeilen. Zunächst einmal folgendes, Euer Gnaden. Toranaga hat eines übersehen, was Ihr heute nachmittag entdeckt habt. Die Weißglut des Tsukku-san. Der Anjin-san bedroht die Zukunft der Christen hier, neh? Deshalb müßt Ihr den Anjin-san unter Euren besonderen Schutz nehmen, denn diese Priester oder ihre Handlanger werden ihn binnen Stunden ermorden. Weiter: Der Anjin-san braucht Euch, Ihr müßt ihm helfen, in Nagasaki seine neue Mannschaft anzuheuern. Ohne Euch und Eure Männer muß ihm das mißlingen. Ohne ihn und sein Schiff wird Nagasaki nicht brennen, und das muß geschehen. Dann stößt Toranaga, den mittlerweile wie durch ein Wunder plötzlich Zataki unterstützt, durch die Pässe von Shinano vor und hinunter zu den Ebenen von Kyoto.«
»Ja. Ja, Ihr habt recht, Yuriko-chan! So muß es einfach sein! Ach, Ihr seid ja so klug, so klug.«
Er lächelte ihr zu.
»Klugheit und Glück genügen nicht, wenn man nicht auch die Mittel hat, einen Plan zu verwirklichen, Euer Gnaden. Und das könnt nur Ihr allein … Ihr seid der Anführer, der Kämpfer, den Toranaga einfach haben muß! Ihr müßt ihn unbedingt heute abend sprechen.«
»Ich kann schließlich nicht einfach zu Toranaga gehen und ihm erklären, ich hätte seine List durchschaut, neh?«
»Nein, aber Ihr könnt ihn sehr wohl um die Erlaubnis bitten, den Anjin-san zu begleiten und sofort aufzubrechen. Wir finden schon einen triftigen Grund dafür.«
»Aber wenn der Anjin-san Nagasaki und das Schwarze Schiff angreift, werden die Barbaren dann nicht sofort allen Handel unterbinden und fortsegeln?«
»Ja. Möglicherweise. Aber das ist erst nächstes Jahr. Und nächstes Jahr wird Toranaga längst wieder Regent sein, Vorsitzender des Regentschaftsrats. Und Ihr sein Oberkommandierender.«
Yabu kam aus den Wolken wieder auf die Erde herab. »Nein«, sagte er mit fester Stimme. »Sobald er an der Macht ist, wird er mir befehlen, Seppuku zu begehen.«
»Längst ehe das geschieht, werdet Ihr den Kwanto haben.«
Er zwinkerte. »Wieso das?«
»Toranaga wird seinem Halbbruder niemals wirklich den Kwanto geben. Zataki würde eine ständige Bedrohung für ihn darstellen. Er ist ein wilder, unberechenbarer und stolzer Mann, neh? Es wird Toranaga ein leichtes sein, Zataki dahin zu bringen, daß er ihn anfleht, einen Platz in der vordersten Reihe der Kämpfenden einzunehmen. Und wenn Zataki nicht fällt … wer weiß, eine Kugel oder ein Pfeil, der sich verirrt? Wahrscheinlich eine Kugel. Ihr müßt in der Schlacht das Musketenregiment anführen, Euer Gnaden.«
»Warum sollte mich nicht gleichfalls eine verirrte Kugel erwischen?«
»Das ist zwar möglich, Euer Gnaden. Aber Ihr seid ja nicht Toranagas Blutsverwandter und stellt damit keine Bedrohung seiner Macht dar. Ihr werdet sein ergebenster Vasall werden. Er braucht schließlich kämpfende Generäle. Ihr werdet Euch den Kwanto verdienen, und das sollte Euer einziges Ziel sein. Sobald Ishido verraten wird, wird Toranaga Euch den Kwanto antragen, weil er selbst Osaka für sich beanspruchen wird.«
»Vasall? Aber Ihr habt doch gesagt, ich solle nur warten, und ich würde niemals …«
»Jetzt dagegen rate ich Euch, ihn mit allen Mitteln zu unterstützen. Nicht seinen Befehlen blind zu folgen, wie der alte Eisenfaust, sondern mit viel Klugheit. Vergeßt nicht, Yabu-chan, in der Schlacht machen Soldaten Fehler, es gibt verirrte Kugeln. Solange Ihr das Regiment befehligt, könnt Ihr es Euch immer noch überlegen … jederzeit, neh?«
»Ja«, sagte er. Sie war ihm geradezu unheimlich.
»Vergeßt nie: Es ist die Sache wert, Toranaga zu folgen. Er ist ein Minowara. Ishido ist nichts weiter als ein Bauer. Der Narr, das ist Ishido. Das erkenne ich jetzt. Ishido sollte schon längst die Tore von Odawara bestürmen, Regen hin, Regen her. Hat Omi-san das nicht schon vor Monaten gesagt? Ist Odawara nicht unterbemannt? Ist Toranaga nicht isoliert?«
Yabu hämmerte voller Entzücken mit der Faust auf den Boden. »Dann also doch Krieg! Wie klug Ihr seid, daß Ihr ihn durchschaut habt! Ah, er hat die ganze Zeit über den schlauen Fuchs gespielt, neh?«
»Ja«, sagte sie. Sie war sehr mit sich zufrieden.
Mariko war zu dem gleichen erstaunlichen Schluß gekommen, wenn auch nicht aufgrund derselben Tatsachen. Toranaga tut nur so, spielt ein heimliches Spiel, sagte sie sich. Das ist die einzige Erklärung für sein unglaubliches Verhalten – dafür, daß er dem Anjin-san vor
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