Shogun
Männer, und wie sie sich gegenseitig anschrien. Der Ronin wich zurück, fuhr dann wie der Blitz herum und lief rund um den freien Platz, schlug Haken und stieß die ganze Zeit über einen zischenden Schwall von Beleidigungen aus.
Alvito sagte: »Er reizt Yabu, Anjin-san. Er sagt: ›Ich bin Samurai – ich bringe keine wehrlosen Männer um wie Euch … Ihr seid kein Samurai, Ihr seid ein miststinkender Bauer … ja, das ist es, Ihr seid kein Samurai. Ihr seid ein Eta, neh? Eure Mutter war eine Eta, Euer Vater war ein Eta, und …‹« Der Jesuit sprach nicht weiter, als Yabu ein Wutgeheul ausstieß, auf einen der Männer zeigte und ihm etwas zurief. »Yabu sagte: ›Ihr da, gebt ihm sein Schwert.‹«
Der Ronin zögerte, sah zu Blackthorne herüber und erwartete offensichtlich einen Befehl von ihm.
Yabu wandte sich an Blackthorne und schrie: »Gebt ihm sein Schwert!«
Blackthorne hob das Schwert auf. »Yabu-san, bitte, nicht kämpfen …«
»Gebt ihm das Schwert!«
Ein zorniges Gemurmel ging durch Blackthornes Männer. Er hielt die Hand in die Höhe. »Ruhe!« Dann sah er seinen Ronin -Vasallen an. »Kommt bitte her!« Der Mann beobachtete Yabu, machte links einen Ausfall, dann rechts, und jedesmal hieb Yabu in blinder Wut auf ihn ein, doch dem Mann gelang es, auszubrechen und zu Blackthorne zu laufen. Diesmal verfolgte Yabu ihn nicht. Er stand einfach da wie ein wahnsinniger Stier, der sich anschickt, blindlings loszustürmen. Der Mann verneigte sich vor Blackthorne und nahm das Schwert entgegen. Dann wandte er sich Yabu zu und stürzte sich mit einem ohrenbetäubenden Schlachtruf auf ihn. Die Schwerter krachten gegeneinander. Dann umkreisten die beiden Männer einander schweigend. Abermals ein blitzschnelles Klingenkreuzen. Dann stolperte Yabu, und der Ronin stürmte vor, weil er sich seiner Beute sicher wähnte. Doch geschickt wich Yabu aus und schlug zu. Die Hände des Mannes, die das Schwert noch gepackt hielten, wurden abgetrennt. Einen Augenblick stand der Ronin aufheulend da und starrte auf seine Armstümpfe. Dann schlug Yabu ihm den Kopf ab.
Schweigen. Dann erhob sich stürmischer Applaus für Yabu. Yabu hieb noch einmal auf den zuckenden Körper ein. Dann, nachdem seine Ehre wiederhergestellt war, packte er den Kopf beim Haarknoten, spuckte ihm gezielt ins Gesicht und warf ihn beiseite. Schweigend kam er dann auf Blackthorne zu und verneigte sich.
»Bitte, verzeiht meine schlechten Manieren, Anjin-san. Ich danke Euch, daß Ihr ihm sein Schwert gegeben habt«, sagte er mit höflicher Stimme. Alvito dolmetschte. »Ich bitte um Entschuldigung, daß ich so geschrien habe. Und ich danke Euch, daß Ihr mir gestattet habt, mein Schwert in allen Ehren in Blut zu tauchen.« Er betrachtete das Kleinod, das Toranaga ihm gegeben. Sorgsam prüfte er die Schneide. Es war ihr nichts geschehen. Er wand seine Schärpe ab, um das Blut abzuwischen. »Man darf eine Klinge niemals mit den Fingern berühren, Anjin-san, sonst geht sie kaputt. Eine Klinge darf niemals mit etwas anderem in Berührung kommen als mit Seide oder dem Körper eines Gegners.« Er hielt inne und sah auf. »Dürfte ich Euch höflich vorschlagen, daß Ihr Euren Vasallen erlaubt, ihre Klingen zu prüfen? Das wäre ein gutes Omen für sie.«
Blackthorne wandte sich an Uraga. »Sagt es ihnen.«
Als Yabu nach Hause zurückkehrte, war es bereits spät am Tag. Dienerinnen nahmen ihm die naßgeschwitzten Kleider ab, reichten ihm einen frischen bequemen Kimono und halfen ihm, saubere Tabi anzuziehen. In der Kühle der Veranda erwartete Yuriko, seine Gemahlin, ihn bereits mit Cha und Saké, der brühheiß war, so wie er ihn am liebsten trank.
»Saké, Yabu-san?« Yuriko war eine große Frau und hatte bereits graue Strähnen im Haar. Ihr dunkler Kimono von minderer Qualität brachte ihre helle Hautfarbe vorteilhaft zur Geltung.
»Danke, Yuriko-san.« Yabu trank dankbar seinen Wein und genoß das süße Brennen, als er ihm die ausgedörrte Kehle herunterrann.
»Es ist gutgegangen, soweit ich gehört habe.«
»Ja.«
»Wie unverschämt von diesem Ronin!«
»Er kam mir aber gerade recht, Dame. Mir ist jetzt wohler zumute. Ich habe Toranagas Schwert Blut zu trinken gegeben, und jetzt ist es wirklich mein Schwert.« Yabu trank das Schälchen aus, und sie goß nach. Seine Hand streichelte den Schwertgriff. »Allerdings hätte Euch der Kampf nicht gefallen. Er war solch ein Kind … fiel auf die erste Finte herein.«
Zärtlich berührte sie ihn.
Yabu
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