Shogun
dem Tsukku-san Schiff, Geld, sämtliche Kanonen und die Freiheit wiedergegeben hat. Jetzt wird der Anjin-san das Schwarze Schiff kapern, und er wird der Kirche größten Schaden zufügen und die Väter zwingen, Kiyama und Onoshi dazu zu bringen, nachzugeben.
Aber warum? Wenn das der Wahrheit entspricht, dachte sie wie vor den Kopf geschlagen, dann kann er selbstverständlich nicht nach Osaka gehen, neh? Er muß … Ah! Es war von vorn bis hinten eine List!
Und warum? Um Zeit zu gewinnen.
Um was zu erreichen? Um abzuwarten und sein Netz noch dichter zu knüpfen. Es spielt ja auch gar keine Rolle! Wichtig ist einzig und allein, daß Toranaga wieder das ist, was er immer gewesen ist: Der Mann, der die Fäden zieht und die Puppen tanzen läßt. Sie schwelgte in ihrem neugefundenen Wissen. Was aber tun in der Zwischenzeit? fragte sie sich. Nichts weiter als das, was du bereits getan … und zu tun entschlossen warst. Neh?
»Herrin?«
»Ja, Chimmoko?«
»Gyoko-san ist da. Sie ist mit Euch verabredet, sagt sie.«
»Ach ja. Ich hatte ganz vergessen, es Euch zu sagen. Erst macht Saké heiß, und dann bringt ihn – und sie – her.«
Mariko sann über die Ereignisse des Nachmittags nach. Sie erinnerte sich, wie er die starken Arme um sie geschlungen hatte. »Könnte ich Euch heute abend sehen?« hatte er mit größter Vorsicht gefragt, nachdem Yabu und der Tsukku-san gegangen waren.
»Ja«, hatte sie impulsiv gesagt. »Ja, mein Geliebter. Ach, wie glücklich ich für Euch bin! Sagt Fujiko-san … sagt ihr, sie solle mich um die Stunde des Ebers rufen lassen.«
In der Stille ihres Hauses hatte es ihr die Kehle zugeschnürt. Soviel Übermut und soviel Gefahr!
Sie prüfte im Spiegel den Sitz ihrer Frisur und versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen. Schritte näherten sich. Die Shoji- Tür glitt auf. »Ah, Dame«, sagte Gyoko und verneigte sich tief. »Wie liebenswürdig von Euch, mich zu empfangen.«
»Ihr seid willkommen, Gyoko-san.«
Sie tranken Saké. Chimmoko bediente sie.
»Welch köstliches Porzellan, Dame! Wie überaus schön!«
Sie machten höfliche Konversation, und dann wurde Chimmoko fortgeschickt.
»Es tut mir so leid, Gyoko-san, aber unser Gebieter ist heute nachmittag nicht persönlich erschienen. Ich habe ihn nicht gesehen, hoffe aber, es zu tun, ehe ich abreise.«
»Ja, ich habe gehört, daß Yabu-san an seiner Stelle zum Hafen hinuntergekommen ist.«
»Sobald ich Toranaga-sama sehe, werde ich noch einmal ein Wort für Euch einlegen. Allerdings fürchte ich, seine Antwort wird wieder nein lauten.« Mariko schenkte Saké für sie beide ein.
»Ja, das glaube ich Euch. Jedenfalls nicht, wenn der Druck nicht groß genug ist.«
»Es gibt keinen Druck, den ich ausüben könnte. Tut mir leid.«
»Mir auch, Dame.«
Mariko setzte ihr Schälchen ab. »Dann habt Ihr also beschlossen, daß gewisse Zungen nicht mehr so sicher sind.«
Brüsk erklärte Gyoko: »Wenn ich Geheimnisse über Euch ausposaunen wollte, würde ich Euch das dann ins Gesicht sagen? Haltet Ihr mich für so naiv?«
»Vielleicht solltet Ihr jetzt besser gehen. Tut mir leid, aber ich habe viel zu tun.«
»Jawohl, Dame, ich auch!« erwiderte Gyoko immer noch mit rauher Stimme. »Herr Toranaga hat mich ins Gesicht hinein gefragt, was ich über Euch und den Anjin-san wüßte. Ich habe gesagt: ›O ja, Euer Gnaden. Mir sind diese üblen Gerüchte zu Ohren gekommen, aber es ist nichts Wahres daran. Das schwöre ich beim Haupt meines Sohnes und seiner Söhne. Wenn es jemand wüßte, dann bestimmt ich. Es sind nichts als boshafte Lügen … eifersüchtige Gerüchte, Euer Gnaden …‹« Gyoko trank den Saké auf einen Zug aus und sagte bitter: »Jetzt sind wir alle ruiniert, wenn er Beweise in die Hand bekommt … was nicht so schwierig sein dürfte, neh?«
»Wie?«
»Man unterwerfe den Anjin-san der Folter … nach chinesischer Art. Und Chimmoko … nach chinesischer Art. Mich … Kiku-san … Yoshinaka … verzeiht, aber sogar Euch, Dame, nach chinesischer Art …«
Mariko stockte der Atem. »Dürfte ich … dürfte ich fragen, warum Ihr ein solches Risiko auf Euch genommen habt?«
»Weil Frauen sich in gewissen Situationen gegen die Männer zusammentun müssen. Weil Ihr mir nichts Böses getan habt. Weil ich Euch und den Anjin-san mag und glaube, daß Ihr beide Euer eigenes Karma habt. Und weil es mir lieber ist, Ihr seid am Leben und ich habe eine Freundin an Euch, als Euch tot zu sehen. Außerdem ist es erregend zu
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