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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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weiß es nicht. Ein anderes von unseren Schiffen wird herkommen, Johann. Wir brauchen doch bloß zu warten …«
    »Warten? Wie lange sollen wir warten? Fünf verfluchte Jahre? Zwanzig? Himmelherrgott, Ihr habt doch selbst gesagt, all diese gottverfluchten Heiden ziehen jetzt in den Krieg, oder?« Vinck drehte durch. »Sie werden uns allen den Kopf abhacken und aufspießen wie die da, und die Vögel werden uns auffressen …« Ein irres Gelächter schüttelte ihn, und er griff in sein zerfetztes Hemd. Blackthorne sah den Pistolenknauf, und es wäre ihm ein leichtes gewesen, Vinck zu Boden zu schlagen und ihm die Waffe abzunehmen, aber er tat nichts, um sich zu wehren. Vinck fuchtelte mit der Pistole vor seinem Gesicht herum, tanzte, irre Worte hervorstoßend, wie ein Besessener um ihn herum. Furchtlos wartete Blackthorne, ja, er hoffte geradezu auf eine Kugel, doch da nahm Vinck plötzlich seine Beine in die Hand und lief den Strand hinunter. Die Möwen flogen kreischend vor ihm auf. Wie gehetzt lief Vinck hundert Schritt oder noch mehr, dann brach er zusammen, lag auf seinem Rücken, schlug mit Armen und Beinen um sich und stieß eine Flut von Flüchen hervor. Nach einer Weile drehte er sich mit einem letzten Schrei auf den Bauch, sah Blackthorne an und erstarrte. Schweigen.
    Als Blackthorne sich ihm näherte, sah er den Lauf der Pistole auf sich gerichtet, und Vinck starrte ihn mit Wahnsinn in den Augen feindselig an. Vinck war tot. Blackthorne schloß ihm die Augen, warf ihn sich über die Schulter und ging zurück. Samurai kamen ihm entgegengerannt, Naga, Yabu an der Spitze.
    »Was ist geschehen, Anjin-san?«
    »Er hat … er ist …«
    »Was? Ist er tot?«
    »Ja. Erst Begräbnis, dann Yedo, einverstanden?«
    »Hai.«
    Blackthorne ließ sich ein Grabscheit bringen und bat sie, ihn eine Weile allein zu lassen. Dann begrub er Vinck oberhalb der Wasserlinie auf einer Kuppe, von der aus man das Wrack unter sich liegen sah. Er sprach das Gebet über dem Grab und stellte ein Kreuz darauf, das er aus zwei Treibholzstücken machte. Es war so einfach, das Gebet zu sprechen – zu oft hatte er es sprechen müssen. Auf ihrer Reise seit der Abfahrt von Holland allein über hundertmal für seine eigene Mannschaft: Jetzt waren nur noch Baccus van Nekk und der Schiffsjunge Croocq am Leben; die anderen stammten von anderen Schiffen, Salamon, der Stumme, Jan Roper, Sonk, der Smutje, Ginsel, der Segelmacher. Fünf Schiffe und vierhundertundsechsundneunzig Mann. Und jetzt Vinck. Alle tot jetzt bis auf sieben von uns. Und wozu?
    Um den Erdball zu umsegeln? Der erste zu sein?
    »Ich weiß es nicht«, sprach er zum Grab. »Aber daraus wird jetzt nichts mehr.« Er machte alles sauber. » Sayonara, Johann.« Dann ging er zum Wasser hinunter und schwamm nackt zum Wrack, um sich zu reinigen. Naga und Yabu hatte er weisgemacht, das sei so Sitte bei ihnen nach einem Begräbnis an Land. Das müsse der Kapitän für sich tun, wenn kein anderer da sei, und die See sei der große Reiniger vor ihrem Gott.
    Er hielt sich an einer der Spanten fest und sah, daß die Muscheln sich bereits darauf festsetzten und der Kielgang in drei Faden Tiefe schon versandete.
    Er schwamm an Land. Einige seiner Vasallen warteten mit frischen Kleidern. Er zog sich an, steckte die Schwerter in die Schärpe und ging zurück. In der Nähe des Piers zeigte einer seiner Vasallen in die Luft: »Anjin-san!«
    Eine Brieftaube, von einem Falken verfolgt, schlug wild mit den Flügeln, als sie dem heimatlichen Schlag zueilte. Der Taubenschlag befand sich im Dach des höchsten Gebäudes, das sich, ein wenig vom Ufer entfernt, auf einer kleinen Anhöhe erhob. Als sie nur noch dreißig Meter von ihrem Ziel entfernt war, legte der hoch über ihr dahinrasende Falke die Schwingen an und ging zum Sturzflug über. Zwar stoben die Federn auf, als er auf seine Beute prallte, doch brach er ihr nicht das Rückgrat. Laut klagend fiel die Taube, als wäre sie tödlich getroffen, doch dann, kurz über dem Boden, fing sie sich wieder und flog weiter. Durch das Loch im Taubenschlag brachte sie sich in Sicherheit, der Falke stieß ein zorniges Ek-ek-ek aus, und alle frohlockten, bis auf Blackthorne.
    Blackthorne kehrte auf die Galeere zurück. Yabu war dort, die Dame Sazuko, Kiri und der Kapitän. Alles war bereit zum Ablegen. »Yabu-san. Ima Yedo ka?« fragte er.
    Aber Yabu gab ihm keine Antwort. Überhaupt achtete niemand auf ihn. Aller Augen waren auf Naga gerichtet, der auf das Dorf

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