Shogun
gegeben. So etwas kann man nicht als ungeschehen betrachten.«
»Ich befehle es aber.«
»Tut mir leid, Euer Gnaden, aber dann entbindet das Bushido mich vom Gehorsam Euch gegenüber. Die feierliche Abmachung war von Eurer Seite aus genauso bindend, und wenn sich daran etwas ändern soll, dann müssen sich beide Seiten ohne jeden Druck damit einverstanden erklären.«
»Worauf ich hinauswollte, Fujiko-san, ist, daß der Anjin-san Euch zeremoniell heiraten sollte.«
»Ein Samurai kann nicht zwei Herren dienen, Euer Gnaden. Meine Pflicht gilt meinem verstorbenen Gatten. Bitte, verzeiht mir, aber ich kann mich mit einer Änderung nicht einverstanden erklären.«
»Wenn man Geduld hat, ändert sich alles. Bald wird der Anjin-san unsere Lebensweise besser verstehen, und dann zieht auch in sein Haus die Wa , die Harmonie, ein. Er hat unglaublich viel gelernt, seit er …«
»Oh, bitte, Euer Gnaden, daß Ihr mich nicht mißversteht: Der Anjin-san ist der ungewöhnlichste Mann, den ich jemals kennengelernt habe, und zweifellos der hochherzigste. Er hat mir große Ehre erwiesen und, ja, ich weiß, daß sein Haus bald wirklich ein Haus sein wird, aber … bitte, verzeiht mir, aber ich muß meine Pflicht tun. Meine Pflicht gilt meinem Gatten, meinem einzigen Gatten …« Sie rang um Fassung. »Es muß sein, neh? Es muß sein, Euer Gnaden, oder alle … alle Schande und das Leid und die Entehrung sind bedeutungslos, neh? Sein Tod, der meines Kindes, seine Schwerter zerbrochen und in einem Eta -Dorf verscharrt … Ohne meine Pflicht ihm gegenüber … wäre unser ganzes Bushido nichts weiter als ein unsterblicher Witz!«
»Bitte, beantwortet mir eine Frage, Fujiko-san. Hat nicht Eure Pflicht mir, Eurem Lehnsherrn gegenüber, und Eure Pflicht einem erstaunlich tapferen Mann gegenüber, der einer von uns wird und Euer Gebieter ist, und« – fügte er hinzu, da er meinte, das leichte Glühen in ihren Wangen richtig zu deuten – »Eure Pflicht seinem ungeborenen Kind gegenüber Vorrang vor einer früheren Pflicht?«
»Ich … ich bin nicht schwanger von ihm, Euer Gnaden.«
»Seid Ihr sicher?«
»Nein, sicher nicht.«
Toranaga sah sie forschend an und wartete. Es gab noch so viel zu tun, ehe er fortreiten und Tetsu-ko oder Kogo anwerfen konnte, und darauf freute er sich schon sehr, aber da es dabei nur um sein eigenes Vergnügen ging, war das belanglos. Fujiko hingegen war wichtig, und er hatte sich geschworen, daß er jedenfalls für heute, für diesen einen Tag, so tun wollte, als hätte er bereits gesiegt, als hätte er Zeit und könnte Geduld aufbringen und Dinge regeln, die zu regeln seine Pflicht war. »Nun?«
»Tut mir leid, Euer Gnaden, nein.«
»Dann also nein, Fujiko-san. Bitte, verzeiht, daß ich gefragt habe, aber es mußte sein.« Toranaga war weder zornig noch erfreut. Die junge Frau handelte durchaus ehrenhaft, und als er das Abkommen mit ihr getroffen, hatte er gewußt, daß sich nie etwas daran ändern würde. Das macht uns ja so einzigartig auf Erden, dachte er voller Genugtuung. Ein Handel mit dem Tod ist ein heiliger Handel. Er verneigte sich förmlich vor ihr. »Ich achte Euch ob Eurer Ehre und Eurem Pflichtgefühl Eurem Gatten Usagi Fujiko gegenüber«, sagte er und sprach den Namen aus, der aufgehört hatte zu sein.
»Oh, ich danke Euch, Euer Gnaden«, sagte sie angesichts der Ehre, die er ihr erwies, und ihre Tränen flossen, so überströmend war das Glück, das sie erfüllte; denn sie wußte, diese einfache Geste befreite den einzigen Gatten, den sie im Leben haben würde, von jedem Makel.
»Hört, Fujiko, zwanzig Tage vor dem letzten Tag geht Ihr nach Yedo, was auch immer mit mir geschieht. Euer Tod möge auf dieser Reise stattfinden und als Unfall erscheinen. Neh?«
»Ja, ja, Euer Gnaden.«
»Das wird unser Geheimnis sein. Nur zwischen Euch und mir.«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Bis zu dem Tag werdet Ihr weiter seinem Haus vorstehen.«
»Ja, Euer Gnaden.«
»Und jetzt sagt Gyoko, sie möchte herkommen. Ehe ich Yokohama verlasse, werde ich Euch noch einmal rufen lassen, denn ich habe noch andere Dinge mit Euch zu besprechen.«
»Ja, Euer Gnaden.« Fujiko verneigte sich tief und sagte: »Ich segne Euch, daß Ihr mich aus diesem Leben entlaßt.« Dann ging sie.
Sonderbar, dachte Toranaga, wie Frauen sich verändern können wie ein Chamäleon … eben noch häßlich, im nächsten Augenblick anziehend, manchmal sogar schön, obwohl sie das in Wirklichkeit gar nicht sind.
»Ihr
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