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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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wachend in völliger Stille auszuruhen.
    »Ja, Sui-chan?« flüsterte Kiku und fügte dem Namen Sui die Koseform chan an, als wäre sie ein geliebtes Kind.
    »Omi-sans Gattin ist zurückgekehrt. Ihre Sänfte ist soeben den Pfad zu seinem Haus hinaufgetragen worden.«
    Kiku blickte zu Omi. Sein Hals ruhte bequem auf dem hölzernen Polster, die Arme hatte er verschränkt. Sein Körper war kräftig und ohne jeden Makel, seine straffe Haut schimmerte golden. Sanft streichelte sie ihn, dann schlüpfte sie unter der Decke hervor und zog ihre Kimonos fest um sich.
    Es kostete Kiku nur einen kurzen Augenblick, ihr Make-up zu erneuern, während Suisen ihr das Haar kämmte und bürstete und es ihr im Shimoda-Stil aufsteckte. Dann huschten Herrin und Dienerin geräuschlos hinaus auf die Veranda und eilten zum Dorfplatz. Glühwürmchen gleich pendelten Boote zwischen Barbarenschiff und Mole hin und her, wo immer noch sieben Kanonenrohre an Bord zurückgeschafft werden mußten. Es war noch tiefe Nacht, lange vor Morgengrauen.
    In Schweiß gebadete und erschöpfte Sänftenträger nahmen oben auf dem Hügel vor Omis Haus noch einmal alle Kräfte zusammen. Kiku klopfte nicht an die Gartenpforte. Kerzen brannten im Haus, und Diener eilten geschäftig hin und her. Sie gab Suisen einen Wink, die sogleich zur Veranda in der Nähe der Haupttür ging, klopfte und wartete. Gleich darauf wurde die Tür geöffnet.
    Im Bett von Omis Mutter hatte niemand geschlafen. Regungslos saß sie aufrecht da neben der kleinen Nische, in der das Blumengesteck stand. Ein kleines Fenster zum Garten hinaus stand offen. Midori, Omis Frau, kniete vor ihr.
    Kiku kniete sich gleichfalls hin. War es erst gestern, daß ich von Entsetzen gepackt hier die Nacht der Schreie erlebte? Sie verneigte sich, zuerst vor Omis Mutter, dann vor seiner Frau. Sie spürte die Spannung zwischen den beiden Frauen und fragte sich: Warum ist stets Zank und Streit zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter? Wird nicht aus einer Schwiegertochter nach Ablauf der Zeit immer eine Schwiegermutter? Und warum tut die junge Frau dann später wieder das gleiche? Lernt denn kein Mensch?
    »Verzeiht, daß ich Euch störe, Herrin.«
    »Ihr seid sehr willkommen, Kiku-san«, erwiderte die alte Frau. »Ich hoffe, es gibt keine Schwierigkeiten?«
    »O nein. Aber ich wußte nicht, ob ich Euren Sohn wecken sollte oder nicht«, sagte sie zu ihr und wußte bereits die Antwort. »Ich hielt es für besser, Euch zu fragen, da Ihr, Midori-san« – sie wandte sich um, lächelte und verneigte sich leicht vor Midori, da sie sie sehr gern mochte – »da Ihr zurückgekehrt seid.«
    Die alte Frau sagte: »Ihr seid sehr gütig und sehr rücksichtsvoll. Nein, laßt ihn in Ruhe.«
    »Tut mir leid, es war entsetzlich«, sagte Midori. »Ich bin froh, wieder hier zu sein, und es war mir schrecklich, fort zu sein. Geht es meinem Gatten gut?«
    »Jawohl, sehr gut. Er hat viel gelacht heute abend und schien äußerst glücklich. Er hat nur wenig gegessen und getrunken, und jetzt schläft er tief.«
    »Die Herrin-san war gerade dabei, mir von den entsetzlichen Dingen …«
    »Du hättest nicht fortgehen sollen. Du wurdest hier gebraucht«, unterbrach die alte Frau sie, Gift in der Stimme. »Oder vielleicht hättest du für immer fortbleiben sollen. Vielleicht hast du zusammen mit deinem Bettleinen einen bösen Kami in unser Haus gebracht.«
    »Das würde ich nie tun, Herrin-san«, sagte Midori geduldig. »Bitte, glaubt mir, ich würde mich eher umbringen, als Euren Namen auch nur im geringsten zu beflecken. Bitte, seht mir meine Fehler nach und daß ich fort war. Es tut mir leid …«
    »Seit das Teufelsschiff herkam, haben wir nichts als Ungelegenheiten. Das ist der böse Kami. Und du bist in Mishima gewesen, um zu tratschen, dich mit Essen vollzustopfen und Saké zu trinken.«
    »Mein Vater ist gestorben, Herrin. An dem Tag, ehe ich ankam.«
    »Was? Nicht einmal soviel Höflichkeit oder die Weitsicht hast du besessen, am Sterbelager deines eigenen Vaters zu erscheinen! Je früher du für immer unser Haus verläßt, desto besser für uns alle. Ich möchte etwas Cha. Wir haben einen Gast bei uns, und du vergißt deine guten Manieren und bietest ihm nicht einmal eine Erfrischung an.«
    »Die wurde augenblicklich bestellt, kaum daß Kiku-san …«
    Die Shoji -Wand wurde aufgeschoben. Ein Mädchen brachte nervös Cha und süßes Gebäck. Als erstes bediente Midori die alte Frau, die keifte, zahnlos auf ihrem Gebäck

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