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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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lassen. Was für eine Schande, daß sie so teuer ist! Aber wie dem auch sei, bei all dem Geld, das Gyoko-san für die zwei Nächte bekommen hat, bleibt mir von meinem Anteil genug, um der kleinen Suisen zwanzig Kimonos zu kaufen. Sie ist ein so liebes Kind, wirklich sehr anmutig. »Sie macht soviel Lärm!«
    »Ich habe sie gar nicht bemerkt. Nur Euch«, sagte Omi und trank seinen Wein aus.
    Kiku fächelte mit ihrem Fächer, und ihr Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Ihr macht, daß ich mich sehr wohl fühle, Omi-san. Ja. Und geliebt.«
    Rasch brachte Suisen den Saké. Und den Cha. Ihre Herrin schenkte Omi etwas Wein ein und reichte ihm die Schale. Unauffällig füllte das Mädchen die Teeschalen. Dann setzte sie sich erleichtert zurück auf ihre Fersen und wartete.
    Kiku erzählte eine unterhaltsame Geschichte, die sie von einer ihrer Freundinnen in Mishima gehört hatte, und Omi lachte. Während sie es tat, nahm sie eine der kleinen Orangen und öffnete sie mit ihren langen Fingernägeln, als ob sie eine Blume wäre – die Fruchtsegmente, die Blütenblätter, die Schale, die Blätter am Fruchtansatz. Sie zupfte etwas weißes Mark herunter und so bot sie die Orange mit beiden Händen dar – als ob das die übliche Art wäre, mit der eine Dame ihrem Gast eine Frucht reichte.
    »Möchtet Ihr eine Orange, Omi-san?«
    Omis erste Reaktion war: Ich kann so etwas Schönes nicht zerstören. Aber das wäre ungehörig, dachte er, ganz benommen von ihrer kunstvollen Fertigkeit. Wie kann ich ihr ein Kompliment machen, ihr und ihrer ungenannten Lehrerin? Wie kann ich das Glück zurückgeben, das sie mir schenkt, indem sie mir erlaubte, ihr zuzusehen, wie ihre Finger etwas so Köstliches und so Vergängliches schufen?
    Er hielt die geöffnete Blume einen Moment in der Hand, nahm dann geschickt vier Scheiben heraus, die alle gleich weit voneinander entfernt waren, und verspeiste sie mit Vergnügen. Auf diese Weise war ein neuer Blütenkelch entstanden. Hierauf entfernte er noch weitere vier Scheiben und schuf auf diese Weise ein weiteres Blumenstück. Dann nahm er eine Scheibe und rückte eine zweite dergestalt zurecht, daß die verbleibenden immer noch eine Blüte ergaben.
    Sodann entnahm er ihr zwei Scheiben und legte die letzte auf den Boden der Orangenschale, genau in die Mitte, und es sah aus wie ein zunehmender Mond in einer Sonne.
    Er aß eine Schnitte sehr langsam. Nachdem er geendet hatte, legte er die zweite in die Mitte seiner Handfläche und bot sie ihr dar. »Die müßt Ihr haben, denn es ist die vorletzte. Das ist mein Geschenk an Euch!«
    Suisen wagte kaum zu atmen. Für wen war die letzte?
    Kiku nahm die Scheibe und verspeiste sie. Es war die beste, die sie je gekostet.
    »Das hier ist die letzte«, sagte Omi und setzte den Fruchtkelch ernst auf die Handfläche seiner Rechten. »Sie ist mein Geschenk an die Götter, wer immer sie sein mögen und wo immer sie weilen. Ich werde nie wieder von dieser Frucht essen, es sei denn, sie käme aus Euren Händen.«
    »Das ist zuviel, Omi-sama«, sagte Kiku. »Ich entbinde Euch von Eurem Gelöbnis! Das habt Ihr unter dem Einfluß des Kami gesagt, der in allen Saké-Kännchen wohnt.«
    »Ich weigere mich, entbunden zu werden.«
    Sie waren sehr glücklich zusammen.
    »Suisen«, sagte sie. »Jetzt laß uns allein.«
    »Jawohl, Herrin.« Das junge Mädchen begab sich in den Nachbarraum und vergewisserte sich, daß die Futons makellos ausgebreitet waren, die Liebesinstrumente und die Lustperlen griffbereit und die Blumen vollkommen. Eine kaum wahrnehmbare Falte in der Decke wurde glattgestrichen. Dann setzte Suisen sich, seufzte erleichtert auf, fächelte sich die Hitze mit ihrem fliederfarbenen Fächer aus dem Gesicht und faßte sich in Geduld.
    Im Raum nebenan, dem besten des ganzen Teehauses, dem einzigen, der auf einen eigenen Garten hinausging, nahm Kiku die Samisen mit dem langen Griffbrett. Drei Saiten waren darüber gespannt, ähnlich wie bei einer Gitarre. Akkorde erfüllten den Raum. Dann fing Kiku an, zu dem Instrument zu singen. Leise anfangs, dann trillernd, wieder leise, dann laut, leiser und sanft seufzend, sang sie von Liebe und unerwiderter Liebe und von Beseligung und von Trauer.
    »Herrin?«
    Das ganz leise hingehauchte Wort hätte auch den Mann mit dem leichtesten Schlaf nicht geweckt, aber Suisen wußte, daß ihre Herrin es vorzog, nach dem Spiel der Wolken und des Regens nicht zu schlafen, so erschöpfend es auch gewesen sein mochte. Sie liebte es, sich halb

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