Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
noch, bis wir landen?« fragte Blackthorne.
    »Bis nach Sonnenuntergang – und bis zur nächsten Küste sind es vier oder fünf Stunden, Pilot. An der Küste Schutz suchen, kostet uns einen halben Tag; das kann ich mir nicht leisten.«
    Blackthorne dachte einen Moment nach. In der ersten Nacht war die Galeere an der Ostseite der Halbinsel Izu nach Süden gerauscht; ein riesiges Segel, das am Mittschiffsmast gesetzt worden war, hatte ihre Geschwindigkeit beträchtlich erhöht. In der Höhe des südlichsten Kaps, dem Kap Ito, hatte Rodrigues einen westsüdwestlichen Kurs eingeschlagen und die Sicherheit der Küstennähe zugunsten der offenen See eingetauscht; jetzt liefen sie auf das zweihundert Meilen entfernte Kap Shinto zu.
    »Normalerweise würden wir uns mit einem Schiff wie diesem immer in Küstennähe aufhalten«, hatte Rodrigues gesagt, »aber das würde zu lange dauern. Toranaga bat mich, Toda-sama nach Anjiro und wieder zurück zu bringen. Und zwar schnell. Es gibt eine Extrabelohnung, wenn wir es sehr schnell schaffen. Auf einer kurzen Strecke wie dieser wäre einer ihrer Piloten genauso gut wie ich, aber diese armen Tröpfe würden vor Angst schlottern, wenn sie einen so hochmächtigen Daimyo an Bord hätten, und dann auch noch auf hoher See, ohne Land im Rücken. Die Japse sind großartige Küstensegler, aber vor der offenen See haben sie Angst. Der alte Taikō hat sogar ein Gesetz erlassen, daß die Hochseeschiffe immer einen portugiesischen Piloten an Bord haben müssen. Das Gesetz gilt hier immer noch.«
    »Warum hat er das getan?«
    Rodrigues zuckte die Achseln. »Vielleicht hat jemand ihm das vorgeschlagen. – Der roteiro , der Euch gestohlen worden ist, Ingeles, der portugiesische – wem hat der gehört?«
    »Das weiß ich nicht. Es stand kein Name drin – keine Unterschrift.«
    »Und woher habt Ihr ihn?«
    »Vom Vorsteher der Holländischen Ostindischen Kompanie.«
    »Und woher hat der ihn?« Rodrigues' Lachen klang nicht gerade gutmütig. »Nun, ich hab' nie erwartet, daß Ihr es mir sagen würdet – aber wer auch immer ihn gestohlen und verschachert hat, ich hoffe, er schmort in der Hölle.«
    »Ihr steht in Diensten dieses Toranaga, Rodrigues?«
    »Nein. Wir lagen nur gerade zufällig in Osaka, mein Käpt'n und ich. Das war nichts weiter als ein Gefallen, den er Toranaga erweisen wollte. Mein Käpt'n hat mich von sich aus vorgeschlagen. Ich bin Pilot der …« Rodrigues hatte nicht weitergesprochen. »Ich vergess' immer wieder, daß Ihr ein Feind seid, Ingeles.«
    »Portugal und England sind jahrhundertelang Verbündete gewesen.«
    »Aber jetzt nicht mehr. Geht nach unten, Ingeles. Ihr seid müde, und ich bin es übrigens auch, und müde Männer machen Fehler. Kommt wieder an Deck, wenn Ihr Euch ausgeruht habt.«
    So war Blackthorne unter Deck gegangen in die Pilotenkammer und hatte sich in die Koje gelegt. Rodrigues' roteiro von dieser Reise hatte auf dem Kartentisch gelegen, der am Schott festgeschraubt war wie der Pilotenstuhl auf dem Achterdeck. Das Buch war ledergebunden und sah abgegriffen aus, doch Blackthorne hatte es nicht angerührt.
    »Warum ihn hier herumliegen lassen?« hatte er vorher gefragt.
    »Wenn ich es nicht täte, würdet Ihr danach suchen. Hier werdet Ihr ihn jedoch nicht anrühren – nicht einmal einen Blick hineinwerfen. Ihr seid ein Pilot – kein schmerbäuchiger Handelsherr oder Soldat.«
    »Ich werde ihn lesen. Ihr würdet es auch tun.«
    »Nicht ohne Aufforderung, Ingeles. Kein Pilot würde das tun. Nicht mal ich.«
    Nachdenklich hatte Blackthorne das Buch einen Moment betrachtet und dann die Augen geschlossen. Er fiel in einen tiefen Schlaf und verschlief den ganzen Tag und einen Teil der Nacht. Erst kurz vor Morgengrauen erwachte er, wie immer. Es dauerte eine Weile, bis er sich an die ungewohnten Bewegungen der Galeere und an den Trommelschlag gewöhnt hatte, der die vielen Riemen sich im Gleichtakt bewegen ließ. Behaglich lag er in der Dunkelheit auf dem Rücken, die Arme unterm Kopf. Er dachte an sein eigenes Schiff und versuchte, sich keine Sorgen darüber zu machen, was wohl passierte, wenn sie landeten und Osaka erreichten. Eins zur Zeit. Denk an Felicity und Tudor. Du bekommst bestimmt ein Schiff nach Hause. Piloten sind unter sich keine Feinde, und die Pest über alles andere! Aber das kannst du auch nicht sagen, Junge! Du bist Engländer, ein verhaßter Ketzer und Antichrist. Den Katholiken gehört diese Welt. Hat ihnen gehört. Jetzt werden

Weitere Kostenlose Bücher