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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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herumknabberte und das heiße Getränk schlürfte. »Ihr müßt dem Mädchen verzeihen, Kiku-san«, sagte die alte Frau. »Der Tee ist fade und siedend heiß. Aber etwas anderes kann man in diesem Haus wohl kaum erwarten.«
    »Hier, bitte, nehmt meinen«, sagte Midori und blies sanft auf den Tee, um ihn zu kühlen.
    »Was haltet Ihr von alledem?« fragte Midori Kiku. »Von dem Schiff und Yabu-sama und Toda Hiro-matsu-sama?«
    »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Was die Barbaren betrifft – wer weiß? Sie sind zweifellos merkwürdige Menschen. Und der große Daimyo, Eisenfaust? Es ist schon eigenartig, daß er fast zur gleichen Zeit angekommen ist wie Yabu-sama, neh? Nun ja, Ihr müßt mich jetzt entschuldigen. Nein, ich finde schon allein hinaus.«
    »Aber nein, Kiku-san. Das kann ich nicht zulassen.«
    »Da siehst du's, Midori-san«, unterbrach die alte Frau sie ungeduldig. »Unser Gast fühlt sich hier nicht wohl, und der Cha ist abscheulich.«
    »Ach, für mich war der Cha durchaus genügend, Herrin-san, wirklich. Nein, wenn Ihr mich entschuldigt – aber ich bin ein wenig müde. Vielleicht gestattet Ihr mir, ehe ich morgen abreise, Euch noch einmal meine Aufwartung zu machen. Es ist immer ein solches Vergnügen, mit Euch zu plaudern.«
    Die alte Frau ließ sich diese Schmeichelei gefallen, und Kiku folgte Midori hinaus auf die Veranda und dann in den Garten.
    »Kiku-san, Ihr seid so rücksichtsvoll«, sagte Midori und hielt sie am Arm. »Es war sehr freundlich von Euch, und ich danke Euch.«
    Kiku blickte zurück zum Haus und erschauerte. »Ist sie immer so?«
    »Heute abend war sie noch sanft. Wäre es nicht um Omis und meines Sohnes willen, ich würde den Staub von meinen Füßen schütteln, mir den Kopf scheren und Nonne werden. Aber ich habe Omi und meinen Sohn, und das versöhnt mich mit allem. Dafür kann ich nur allen Kami danken. Glücklicherweise zieht Herrin-san Yedo Anjiro vor und kann nie sehr lange von dort fortbleiben.« Midori setzte ein trauriges Lächeln auf. »Man lernt, nicht hinzuhören, Ihr wißt ja, wie das ist.« Sie seufzte – zauberhaft sah sie im Mondlicht aus. »Aber das ist unwichtig. Erzählt mir, was geschehen ist, seit ich fort war.«
    Das war es, weshalb Kiku ursprünglich so dringlich hergekommen war, denn offensichtlich wollten weder seine Mutter noch Midori, daß Omis Schlaf gestört würde. Sie war gekommen, der reizenden Midori alles zu erzählen, damit sie half, über Kasigi Omi zu wachen, wie sie selbst versuchen würde, über ihn zu wachen. Sie erzählte ihr alles, was sie wußte, bis auf das, was im Zimmer mit Yabu geschehen war. Sie fügte noch die Gerüchte hinzu, die sie gehört, und die Geschichten, die sie von den anderen Mädchen hatte oder die sie erfand. Und alles, wovon Omi ihr berichtet hatte – seinen Hoffnungen, Ängsten und Plänen –, alles von ihm, außer dem, was heute nacht im Zimmer geschehen war. Sie wußte, daß das für seine Frau nicht wichtig war.
    »Ich habe Angst, Kiku-san, Angst um meinen Gatten.«
    »Alles, wozu er geraten hat, war klug, Midori-san. Ich glaube, alles, was er tat, war korrekt. Herr Yabu belohnt nicht jemand nur aus einer Laune heraus, und dreitausend Koku ist schon ein schöner Zuwachs an Einkommen.«
    »Aber jetzt gehört das Schiff und das ganze Geld Herrn Toranaga.«
    »Gewiß, aber daß Yabu-sama das Schiff ihm als Geschenk antrug, das war ein Geniestreich. Omi-san hat Yabu den Gedanken eingeflüstert – muß nicht das allein schon belohnt werden, neh? Omi-san muß fürderhin als einer der wichtigsten Gefolgsleute von Yabu-sama angesehen werden.« Kiku bog die Wahrheit nur ein ganz klein wenig zurecht, denn sie wußte, daß Omi und seine Familie in großer Gefahr schwebten. Was sein soll, wird sein, sagte sie sich. Aber es schadet nichts, die Brauen einer netten Frau zu glätten.
    »Ja, das sehe ich«, sagte Midori. Laß die Wahrheit Wahrheit sein, betete sie. Bitte, laß sie Wahrheit sein!
    Sie umarmte das Mädchen, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich danke Euch. Ihr seid so gütig, Kiku-san, so gütig.« Sie war siebzehn Jahre alt.

8. Kapitel
    »Was meint Ihr, Ingeles?«
    »Ich glaube, es gibt Sturm. Und zwar noch ehe die Sonne untergeht.«
    Es war kurz vor Mittag, und unter einem graubezogenen Himmel standen sie auf dem Achterdeck der Galeere. Es war der zweite Tag, den sie jetzt auf hoher See waren.
    »Wenn dies hier Euer Schiff wäre – was würdet Ihr tun?«
    »Wie lange dauert es

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