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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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und der Möglichkeit, sich wieder zu bewegen. Duncan saß still da, wollte die anderen nicht provozieren, indem er aufstand. Er wollte nichts von ihnen. Boaz saß reglos und starrte ihn an.
    »Stavros hat Ihnen das angetan«, meinte sie schließlich mit einem Blick, der Mitgefühl ausdrückte.
    Wieder zuckte er die Achseln, hielt die Augen ins Leere gerichtet, im Warten verloren.
    »Sten«, sagte sie.
    Bekümmert blickte er sie an, wußte, daß sie eine Antwort von ihm erwartete und es keine gab. »Sten ist tot«, sagte er dann, um es ihr begreiflich zu machen.
    Schmerz stand in ihren Augen; vielleicht Verständnis.
    »Ich empfinde keine Bitterkeit, Boss«, sagte er.
    Sie biß sich auf die Lippen und starrte ihn aus einem blassen Gesicht heraus an.
    Luiz rief an; es gab einen für Duncan unhörbaren Wortwechsel, und die Soldaten standen mit tief gehaltenen und ständig auf ihn gerichteten Gewehren dabei. Er saß nur da, streichelte das Dus und besänftigte es.
    Die Wachen schwitzten sichtlich. Einem erregten Dus gegenüberzustehen, das erforderte etwas von einem Mann. Aber sie waren standhaft. Es gab keine Panik. Boaz wischte sich über das Gesicht.
    »Es dauert nicht mehr lange bis zum Ankoppeln«, sagte sie. »Wollen Sie etwas Wasser oder etwas zu essen?«
    Das war das erste derartige Angebot. Er zögerte noch etwas, dachte daran, daß Verpflichtungen das Ergebnis wären, hätte es sich bei ihnen um Mri gehandelt.
    Aber Verpflichtungen würde es auch hier geben.
    »Wenn es frei vor mich hingesetzt wird«, sagte er, »werde ich es nehmen.«
    So geschah es. Boaz gab den Befehl, und ein Posten setzte einen Pappbecher mit Wasser und ein in Kunststoff gewickeltes Sandwich in Reichweite Duncans ab. Duncan nahm den Becher und hielt ihn unter den Schleier, um langsam davon zu trinken. Das Wasser war eiskalt und schmeckte nach Tagen des Wassers in der Wüste seltsam aseptisch.
    Ebenso riß er mit den Fingern Stücke aus dem Sandwich und aß, ohne den Schleier abzunehmen. Er wollte sein Gesicht nicht der Neugier der anderen aussetzen. Ihm fehlte die Kraft, um dazusitzen und Haß mit ihnen auszutauschen; der Schleier verhinderte Fragen. Trotzdem zitterten seine Hände. Er versuchte es zu verhindern, aber es handelte sich einfach um Schwäche. Zu lange hatte er sich nur von den Stengeln ernährt. Sein Magen rebellierte bei mehr als nur ein paar Bissen. Was übrigblieb, wickelte er wieder in den Kunststoff und steckte es in die Gürteltasche, sparte es sich für Notfälle auf.
    Und er faltete die Hände und wartete. Er war mü- de, unbeschreiblich müde. In der Eintönigkeit des Anfluges wollte er schlafen und tat es auch, die Augen geschlossen, die Hände gefaltet und im Wissen, daß das Dus drohend die anderen beobachtete, die im Raum waren und ihre Besucher betrachteten.
    Boaz kam und ging. Luiz kam und bot ihm an – ein aufrichtiges Angebot, dachte Duncan –, den Husten zu behandeln, der ihn manchmal peinigte.
    »Nein«, sagte er ruhig. »Danke, nein.«
    Diese Antwort brachte Luiz zum Schweigen, wie er auch Boaz zum Schweigen gebracht hatte. Duncan war erleichtert darüber, alleingelassen zu werden, und atmete ruhig. Er starrte den Mann an, der die Soldaten befehligte – kannte dessen Geisteszustand ohne die Hilfe des Dus, das kalte Mißtrauen, den Beinahe-Haß, der den Menschen zum Töten veranlaßte. Tote Augen, unähnlich denen der Mri unter Brüdern: ein Havener, der viel Übles gesehen hatte. Er hatte eine Brandnarbe auf einer Wange, die er nicht hatte beseitigen lassen. Also ein Mann von der Front, kein Offizier aus der Etappe. Duncan hatte Respekt vor ihm.
    Und dieser Mann schätzte ihn vielleicht ab. Blicke bohrten sich ineinander. Verräter , war der Gedanke, der aus dem Blick des Mannes gelesen werden konnte; er wunderte sich, aber er verzieh nicht. Duncan verstand so einen Mann gut.
    Diesen würde er als ersten töten, wenn sie Hand an ihn legten. Um die anderen würde sich das Dus kümmern.
    Laß nicht zu, daß sie mich anfassen! dachte er daraufhin immer wieder, denn ihm fiel ein, weshalb er gekommen war und was von seinem Leben abhing. Aber nach außen behielt er nach wie vor seine Ruhe bei, hielt die Hände gefaltet und die Augen ins Leere gerichtet, manchmal geschlossen. Im Augenblick benötigte er nichts als Ruhe.
    Schließlich erfolgte das Andockmanöver, kam der sanfte Ruck. Weder Boaz noch Luiz waren seit einiger Zeit dagewesen – besprachen sich zweifellos mit einer vorgesetzten Dienststelle.
    Und

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