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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Dus, das sich in den tieferen Schatten der Felsspitzen hineinbewegte und verschwand.
    Er lauschte dem Wind und betrachtete die Sterne und kannte jetzt unzweifelhaft seinen Weg.
    * * *
    Sobald die Landschaft wieder Farbe anzunehmen begann, falteten sie ihre Decken zusammen und machten sich wieder auf den Weg, zitterten in der frühen Dämmerung. Galey war steif und hinkte durch die Anstrengung des vorigen Tages.
    Die Felsnadeln umschlossen sie wieder, vom Licht der rötlichen Sonne mit Farbe übergossen, und das Gefühl der Vertrautheit dauerte immer noch an. Sie waren auf dem richtigen Weg; keine Spur eines Zweifels blieb in Duncans Geist, aber er genoß die Stille und brach sie nicht durch ein Gespräch.

    Und schließlich lag dort vor ihm diese Lücke in den Felsen, unscheinbar wie ein Dutzend andere ringsherum, abgesehen von der kennzeichnenden Felsplatte, die zur Linken schräg abfiel, und der Tiefe des Schattens, der dahinter lag.
    Duncan blieb stehen; es fiel ihm ein, daß er selbst jetzt noch Zeit hat, um zu bereuen, was er tat; daß er Galey in Kreisen herumführen konnte, bis ihnen die Vorräte ausgingen; die anderen überzeugen konnte, daß sein Gedächtnis versagte, daß der Ort für ihn verloren war. Es würde Boaz' kleinem Stab große Anstrengung und Geschicklichkeit kosten, die Stelle ohne ihn zu finden. Sie mochte für Generationen der Menschen auf Kesrith unauffindbar bleiben.
    Aber Relikte leisteten einem toten Volk keine Dienste. Daß alles vergehen sollte, was es gewesen war, daß eine intelligente Lebensform aus dem Universum verschwinden sollte, ohne etwas zu hinterlassen – das war nicht richtig.
    »Hier«, sagte er und führte Galey den Weg entlang, an den er sich erinnerte, den er später in seinen Alpträumen gesehen hatte, dieser lange, enge Durchgang zwischen Sandsteinklippen, die sich aneinanderlehnten und den Himmel ausschlossen. Der Durchgang war gewunden und schien in Spiralen zu verlaufen, hinab in Dunkelheit und Kälte. Duncan benutzte seine Taschenlampe, und ihr winziger Strahl zeigte die Schlangenlinien von Inschriften auf den Wänden, Kurve um Kurve hinab in die Tiefen.
    Blendend und sichtverschleiernd brach das Tageslicht herein, als sie die Sackgasse erreichten, wo ihr Abstieg zu Ende war. Sie standen in einem tiefen Schacht aus lebendem Stein, der zum Himmel hin offen war. Auch hier waren die Wände mit Symbolen beschrieben und geschwärzt durch die Spuren von Feuer, sowohl der Stein als auch die Metalltür, die an der gegenüberliegenden Seite der Vertiefung offenstand.
    Galey fluchte; das Geräusch der menschlichen Ehrfurchtslosikeit schmerzte in Duncans Ohren, und er blickte nach links, wo Galey hinstarrte. Eine unordentliche Masse aus Knochen und verbrannten Fetzen aus schwarzem Stoff lag in einer Nische im Gestein. Es war der Wächter des Schreins. Niun hatte ihm Respekt gezollt; Duncan fühlte sich bewegt, dasselbe zu tun, und wußte nicht, wie.
    »Berühren Sie nichts«, sagte er und erinnerte sich sofort an ähnliche Worte, die Melein an ihn gerichtet hatte, ein Echo in dem tiefen Schacht, das in frösteln ließ.
    Er versuchte, den Verstand anderen Dingen zuzuwenden – kniete im Sonnenlicht auf dem Sand nieder und packte die Ausrüstung aus, die er mitgebracht hatte: photographische Instrumente, und vor allem ein Signalgerät. Er aktivierte es und wußte, daß von diesem Moment an menschliche Anwesenheit an diesem Ort unvermeidlich war. Suchende Flugzeuge würden ihn schließlich finden.
    Dann stand er mit der Kamera auf und photographierte alles um sie herum, die Schriften, den Wächter, den Eingang mit dem zerbrochenen Siegel, die Spuren des zerstörerischen Feuers.
    Und als letztes wagte er sich in die Dunkelheit, in den Schrein, den selbst Niun sich nicht zu betreten erlaubt hatte. Nur Melein hatte das getan, und Niun hatte die Tür bewacht. Galey machte Anstalten, ihm zu folgen, trat ein.
    »Gehen Sie zurück«, befahl Duncan. Seine Stimme hallte fürchterlich wider in der metallenen Kammer, und Galey blieb unsicher im Eingang stehen – zog sich zurück, als Duncan ihn anstarrte. Duncan holte daraufhin vorsichtig Luft, aktivierte die Kamera und ihre Lampe, in deren Licht er die Zerstörung ringsum begutachtete.
    Schrein – es war eher ein Ort feuergeschwärzten Stahls, zerstörter Vertäfelungen, Bänke lebloser Maschinen, nüchtern und lieblos. Er hatte gewußt, was er hier finden würde, hatte den Klang davon gehört, das Arbeiten der Maschinen in der Nacht,

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