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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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in der dieser Ort gestorben war, vernichtet durch die Mri.
    Und doch hatten die Mri, die Maschinen sehr gut begriffen, ihn verehrt – verehrten auch den Gegenstand, den sie von hier weggebracht hatten.
    Mißtrauen kehrte in ihn zurück, menschliches Mißtrauen, die Erinnerung daran, daß die Mri ihm niemals Zusicherungen gemacht hatten: sie hatten lediglich keine Hand an ihn gelegt.
    Maschinenbänke, keine Spur von Heiligkeit. Das Ding, das Niun so liebevoll von hier weggetragen hatte, das jetzt im Bauch der FLOWER ruhte, schien plötzlich unheimlich und bedrohlich zu sein... vielleicht eine Waffe, die durch Sondierung ausgelöst werden konnte. Die Neigung der Mri, bei ihrer Selbstvernichtung Feinde mitzunehmen, machte dies durchaus möglich, machte ebenfalls verständlich, daß Niun dieses Ding wie einen Schatz gehütet hatte. Und doch schienen Boaz und die Sicherheit offensichtlich einiges Vertrauen darin zu haben, daß es sich um keine Waffe handelte.
    Sein Ursprung befand sich hier – hier, vielleicht in diesem Gestell ruhend, das jetzt entblößt und leer war. Duncan hob die Kamera und vollendete seine Arbeit zwischen den toten, verbrannten Bänken, erforschte Nischen, wo das Licht tiefe Schatten durchschnitt und wo der Wind die Asche noch nicht weggefegt hatte. Als nächstes würden Boaz' Leute hierherkommen; einige der Computerspezialisten würden mit wenig Hoffnung die Wracks der Bänke begutachten. Melein war gründlich gewesen, hatte diesen Ort vor den Menschen geschützt, was auch immer er einst gewesen war.
    Er hatte alles, was er brauchte, alles, was er haben konnte. Er kehrte zum Eingang zurück und zögerte dann doch wieder, nahm den Ort mit einem letzten Blick in sich auf, als ob dadurch alles in seinem Geist festgehalten wurde, alles in sein Herz eindrang, was Mri war.
    »Sir?« sagte Galey aus dem Schacht.
    Duncan drehte sich abrupt um und gesellte sich im Tageslicht zu Galey, schob die Atemmaske zur Seite, die ihm plötzlich den Sauerstoff zu rauben schien, war froh, die ätzende, taghelle, windgereinigte Luft einzuatmen. Galeys breites, ängstliches Gesicht schien auf einmal einer anderen, willkommeneren Welt anzugehören.
    »Gehen wir«, sagte er dann zu Galey. »Gehen wir weg von hier!«
    * * *
    Der untere Canyon lag bereits tief im Schatten, als sie den Rand des Plateaus erreichten, diesen Pfad zwischen den Felsen, der hinab nach Sil'athen führte. Dort, wo sie standen, war es später Nachmittag, und die Dämmerung lag unter ihnen im Canyon.
    »Die Dunkelheit wird uns wieder einholen, bevor wir das Schiff erreichen«, sagte Duncan.
    »Gehen wir trotzdem den ganzen Weg?« fragte Galey.
    Duncan schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn es dämmert, lassen wir uns nieder, wo wir auch sind.«
    Galey sah nicht erfreut aus. Wer ihm auch seine Befehle gegeben hatte, hatte ihn wahrscheinlich nicht gut auf die Möglichkeit im Freien verbrachter Nächte vorbereitet. Duncans Nase hatte auf dem Rückweg wieder zu bluten begonnen, hervorgerufen durch die dünne, trockene Luft. Galeys Husten war schlimmer geworden, und wenn sie eine weitere Nacht im Freien zubringen mußten, würde er dasselbe durchmachen wie Duncan.
    Der Reguläre nahm den Abstieg zuerst in Angriff, verstreute Steinchen, rutschte halb in seiner Entschlossenheit zur Eile. Und plötzlich blieb er stehen.
    Duncan hörte das Flugzeug im selben Augenblick, ein fernes Brummen, das lauter wurde, über ihnen vorbeizog und wieder abdrehte. Er blickte Galey an, und auch dieser sah verstört aus.
    »Vielleicht ein Wetter, das sich über uns zusammenbraut«, meinte Galey. »Oder vielleicht gibt es am Hafen etwas Dringendes.«
    Duncan hatte einen Kommunikator; er betastete ihn nervös und überlegte, daß, wenn eine der beiden Vermutungen zutraf, ein Anruf vom Flugzeug hätte kommen müssen. Es herrschte Schweigen.
    »Gehen Sie!« sagte er zu Galey.
    Es gab kein Zeichen von dem Flugzeug, während sie sich den gefährlichen Abhang hinabarbeiteten. Sie ruhten sich kaum aus; Duncan spürte, wie Blut seine Atmung behinderte, nahm die Maske ab und wischte sich über das Gesicht, schmierte einen roten Streifen über die Hand. Benommenheit ließ die Felsen verschwimmen. Er tastete sich hinter Galey seinen Weg und taumelte auf den Talboden, auf den weichen und hindernden Sand.
    »Sie kommen gerade erst aus dem Lazarett«, meinte Galey, faßte an die Riemen und bot damit an, die Last zu übernehmen, die Duncan trug. »Vertrauen Sie mir zumindest die Ausrüstung an.

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