Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
Duncan. »Vorbei. Eine tote Sache.«
    »Die Mri auch«, sagte Mri, zwang sich zu dieser Bitterkeit, verwarf die Großzügigkeit von Tsi'mri und all ihre komplizierten Anforderungen. Schwäche überkam ihn wieder, ließ ihm die Sinne verschwinden und die zu lange unter Spannung stehenden Muskeln zittern. Er umklammerte die Tischkante mit der Hand, holte tief Atem und ließ ihn wieder fahren, worauf sich sein Blick wieder klärte. »Ich weiß nicht, warum du allein an Bord bist«, sagte er. »Wir beide verstehen einander nicht, Kel Duncan.«
    »Einfach ausgedrückt«, meinte Duncan, nachdem er diese faire Warnung aufgenommen hatte. »Vielleicht irre ich mich, aber ich dachte, daß du meinen Versuch erkennen würdest, euch Gutes zu tun. Ihr seid frei.«
    Niun ließ den Blick über die Kontrollen schweifen, über das fremdartige Durcheinander eines Systems so unähnlich dem der Regul-Kontrollen, die er nur in der Theorie kannte. Ein dünnes Schweißrinnsal floß unter seinen Gewändern die linke Seite hinab.
    »Werden wir eskortiert?« fragte er.
    »Bis jetzt stehen wir unter Beobachtung«, sagte Duncan. »Unsere Leute sind nicht so vertrauensselig. Und weder du noch ich können irgend etwas mit diesem Leitsystem anfangen: wir sind auf Band. Vielleicht kannst du uns da rausreißen, aber wenn du das machst, zweifle ich nicht daran, daß sich das ganze Schiff selbst zerstören wird.«
    Das zumindest klang vernünftig. Niun überdachte es, während seine Hand abwesend den Kopf des Dus streichelte, das sich neben ihm aufsetzte.
    »Ich werde gehen und der She'pan berichten, was du gesagt hast«, sagte Niun schließlich. Er schickte das Dus mit einem sanften Wort voraus und folgte ihm und seinem Gefährten, ließ Duncan im Besitz der Kontrollen. Duncan konnte sie alle töten; aber er hätte es schon lange machen können, wenn er es vorgehabt hätte. Er hätte sie einschließen können, aber möglicherweise war das ganze Schiff ein Gefängnis, das von außen bewacht wurde. Es blieb die Frage, warum Duncan entschieden hatte, hier bei ihnen zu sein. Niun vermutete, daß es mit dem merkwürdigen Ehrgefühl dieses Menschen zu tun hatte, das offensichtlich existierte, aber völlig verschieden war von dem der Mri.
    Oder vielleicht hatte es nichts mit Duncans Bindung an die Mri-Rasse zu tun; es erschien Niun möglich, daß sie beide Kel'ein waren und unter ähnlichem Gesetz lebten, unter der Leitung von anderen, und jemand anderes entschied, was und wo sie es tun durften.
    Niun konnte verstehen, daß ein Mann Gefährtenschaft mit einem anderen Kel'en finden mochte, dem er eines Tages gegenüberstehen und ihn töten mußte. Es wurde gesungen, daß dergleichen geschehen war.
    Es war niemals gut, Freundschaften außerhalb des eigenen Hauses zu bilden; solche Verbindungen hatten ein sprichwörtlich schlechtes Schicksal, denn die Pflicht setzte die Treue zum Haus an die erste Stelle und die Befehle der She'pan über alles.

8
    Es war geschafft.
    Duncan stand da und sah zu, wie der Mri ging, und wußte, daß die She'pan Melein bald kommen mußte, um die nominelle Kontrolle über das Schiff zu fordern, jetzt, wo Niun sich dessen versichert hatte, daß sie auf keinen Widerstand und keine Beleidigung stoßen würde.
    So war das bei den Mri, daß die She'pan die Entscheidungen fällte, wenn sie für eine Rücksprache erreichbar war. Boaz hätte das dem Militär berichten können; er selbst hätte es denen mitteilen können, die die Pläne für die Sicherheit der FLOWER gemacht hatten, hätten sie nur gefragt – daß die Mri-Kel'ein, die Schwarzgewandeten, die ein Schrecken gewesen waren, wo sie auch auftauchten, nicht die Autorität waren, die in Erwägung gezogen werden mußte.
    Niun verstand das Artefakt nicht, das er verehrte. Auch das überraschte Duncan nicht. Niun, so tüchtig er war, lehnte es ab, bestimmte Dinge zu wissen, die er als für ihn unpassend erachtete. Vor jeder Handlung von politischer Bedeutung mußte er sich mit Melein beraten, wenn er die Möglichkeit dazu hatte. Duncan hatte sich verzweifelt darauf verlassen. Es hatte geklappt. Er fühlte sich bestätigt, von einem Gewicht befreit, das seit Tagen auf ihm gelegen hatte, jetzt wo er Niun ganz und auf den Beinen sah und dorthin unterwegs, wohin er wie er kalkuliert hatte – gehen würde.
    Er fand sich mit einem merkwürdigen Mangel an Furcht bei der Sache, die er getan hatte. Furcht empfand er, wenn er nachts wach lag, sich an die Ruinen in den Bergen erinnerte, den

Weitere Kostenlose Bücher