Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
die Hand. Die beiden Dusei kamen herbei und drängten sich zu ihren Füßen zusammen, bildeten für sie einen lebendigen Wall an ihren Knien. Und sie streckte die linke Hand zu Niun aus, der sich neben ihr auf das Deck setzte, den Ellbogen gegen das grö- ßere Dus gestützt. Duncan betrachtete sie beide: für seine benebelten Sinne hatte sich das moderne Kontrollzentrum in die Halle einer Priesterkönigin verwandelt, in der er ein Fremder war. Melein blickte ihn direkt an: hinter ihr zeigten die Sternenschirme einen Staub aus Lichter, und die farbigen Anzeigen blitzten in träger Reihenfolge und hypnotisch regelmäßig.
    »Duncan«, sagte Melein sanft, »wohin fliegt das Schiff?«
    Er erinnerte sich daran, daß es nicht immer erlaubt war, sie direkt anzusprechen, obwohl es ihm einmal gestattet worden war. Jetzt lagen die Dinge anders. Er blickte auf Niuns verschleiertes und nicht mitteilsames Gesicht. »Sage der She'pan, daß das uns führt«, antwortete er und wies mit einem Achselzucken auf das Ovoid neben ihnen.
    »Ich spreche mit ihm«, sagte Melein, und ein Stirnrunzeln erschien auf ihrem Gesicht. »Erkläre! Erkläre es, Kel Duncan!«
    »Weißt du«, fragte er sie, »was es enthält?«
    »Weißt du es!«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aufzeichnungen. Navigatorische Aufzeichnungen. Aber nicht unser Ziel. Kennst du es?«
    Ihr liebliches Gesicht verwandelte sich in eine Maske, so unausdeutbar wie die Niuns, obwohl unverschleiert. »Warum bist du mit uns allein? Hättest du nicht weiser gehandelt, wenn du uns von den Kontrollen ferngehalten hättest, Kel Duncan?«
    Sie schritt mit ihm die Grenzen von Fragen ab. Mühsam klärte er seinen Verstand, suchte nach Erklärungen, aber sie streckte ihm beharrlich die Hand entgegen, und es gab nichts Gütigeres, als ihre langen, schlanken Finger in die eigene Hand zu nehmen. Die fremdartige Berührung bestürzte ihn, und er befand sich, im Hinblick auf die Dusei, in einer gefährlichen Position. »Setz dich!« befahl sie ihm, denn sie mußte zu ihm aufsehen, wenn er stand. Und es gab keinen anderen Platz als das Deck, gegen die Körper der Dusei, wie Niun ruhte. »Bist du jetzt zu fremd für uns?« fragte sie, verspottete ihn.
    Er tat wie befohlen. Seine Knie schmerzten auf dem Deck. Zwangsläufig berührte er die Dusei und kannte die Falle, den Kontakt mit den Tieren, das Verschwimmen der Sinne. Er bekam Angst, und die Tiere wußten es, erhoben sich mächtig gegen ihn; er unterdrückte die Furcht, und sie ließen sich wieder nieder.
    »Ich habe«, sagte Melein zu ihm, ihre Stimme fern und ruhig, »einmal gesagt, daß wir ein Schiff und einen Weg von Kesrith finden würden; ich habe gesagt, daß ich das Pan'en haben muß, und du warst dabei und konntest es hören. Kel Duncan, sind diese Dinge dein Geschenk, allein deines?«
    Sie war nicht naiv, diese Kindkönigin: sie fragte, was sie nicht glaubte. Er fühlte, wie sich Abgründe vor seinen Füßen öffneten. »Die Politiker«, sagte er, »wollen euch nicht in den Händen der Regul sehen. Ihr seid frei. Nein, das ist nicht mein Geschenk; es stand mir nicht zur Verfügung, um es euch zu geben. Andere – haben diese Dinge arrangiert. Wenn ihr in Regul- oder Menschenraum bleibt, seid ihr erledigt; dieses Schiff ist unbewaffnet. Aber wir haben jetzt keine Eskorte mehr, She'pan. Wir sind allein. Und wir werden diesem Band bis zu seinem Ziel folgen.«
    Sie schwieg einen Moment lang. Duncan betrachtete Niun, fand dort keinen Trost, war sich nicht sicher, ob einer von beiden ihm glaubte. Melein redete in ihrer eigenen Sprache; Niun antwortete einsilbig, ohne sein Gesicht zu wenden oder den Ausdruck zu ändern. Tsi'mri , hörte Duncan: das Mri-Wort für Außenseiter; und er hatte Angst.
    »Haßt dich deine Rasse?« fragte Melein. »Warum bist du an Bord allein, Kel Duncan?«
    »Um mich um euch – und die Maschinen zu kümmern. Jemand muß es tun. She'pan, von dem , von diesem Gegenstand, haben Wissenschaftler unsere Leitbänder angefertigt. Wir sind an sie gebunden, und es gibt nichts, was ihr oder ich dagegen machen könnten. Ich bediene das Schiff; ich bringe euch zu eurem Ziel, worum es sich dabei auch handelt. Und wenn ich das getan habe, werde ich das Schiff nehmen und zu meinem Volk fliegen und ihm sagen, daß die Mri keinen Anteil mehr haben wollen an der Politik der Regul oder Menschen, und daß der Krieg für immer vorbei ist. Zu Ende. Deswegen bin ich an Bord.«
    Ein besorgtes Stirnrunzeln verstärkte sich auf Meleins

Weitere Kostenlose Bücher