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Shon'jir – die sterbende Sonne

Shon'jir – die sterbende Sonne

Titel: Shon'jir – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Gesicht, als sie in seine Augen starrte. »Ich kann keine Wahrheit in dir lesen«, bekannte sie, »als der Tsi'mri, der du bist. Und deine Augen blicken nicht rein.«
    »Medikamente«, sagte Niun leise, das erste Wort, das er ohne Aufforderung sprach. »Sie benutzen sie bei Transitionen.«
    Die Mri hatten keine, lehnten Medikamente ab, selbst das: Niuns sie erlangte erniedrigende Kraft, und Duncan spürte den Stich dadurch, empfand im selben Augenblick dessen Gefahr. Zum erstenmal geriet er in Panik; die Dusei fuhren alarmiert auf, und Niun wies sie zurecht, beruhigte sie mit den Händen.
    »Du weißt nicht«, sagte Melein daraufhin, »was deine Vorgesetzten mit dir gemacht haben, Kel Duncan. Wieviel Zeit lassen sie dir bis zur Rückkehr?«
    »Ich weiß nicht«, sagte er.
    »Es ist eine so lange Reise. Du solltest nicht hier sein. Du hättest das nicht tun sollen, Kel Duncan.«
    »Es ist ein langer Weg zurück, She'pan. Wir sind gesprungen.«
    »Dies ist jetzt ein Mri-Schiff. Und wohin wir gehen, dorthin kann kein Tsi'mri gehen.«
    Die Dusei regten sich, standen auf. Duncan machte Anstalten, sich zu erheben, aber Niun packte ihn am Handgelenk, ein kraftloser Druck, eine Warnung ohne Drohung. »Nein«, sagte Niun. Die Augen über dem Schleier blickten jetzt nicht mehr streng. »Nein. Sei ruhig, Duncan!«
    Die Dusei hatten sich in eine Aussparung links von Melein zurückgezogen und gaben Warnrufe von sich, kleine stoßartige Atemzüge. Die kleinen Augen glitzerten gefährlich, aber nach einem Moment beruhigten sie sich, setzten sich, beobachteten immer noch.
    Und Niun sprach zu Melein, ruhig, in seiner eigenen Sprache, erhielt eine Antwort und redete drängend weiter, als ob er Bitten vorbrachte, die ihrer Meinung zuwiderliefen. Duncan lauschte angespannt, konnte aber nur die Wörter Mri, Kesrith und Tsi'mri auffangen – Tsi'mri: wie Mri einfach das Volk bedeutete, so war das Wort für jede andere Rasse Nicht-Volk . So war ihr Denken beschaffen; es war ihm seit langem vertraut. Man konnte nicht dagegen argumentieren.
    Schließlich, mit ein paar Worten, stand Melein auf, verschleierte das Gesicht und wandte sich ab, wandte ihnen bedachtsam den Rücken zu.
    Es war eine frostige Geste. Duncan rappelte sich besorgt auf; und auch Niun erhob sich, stützte sich am Sessel ab, stand zwischen Duncan und den Dusei.
    »Sie hat gesagt«, berichtete Niun, »daß ich keinem Fremden mehr erlauben darf, vor ihr Angesicht zu treten. Du bist ein Kel'en: ich werde gegen dich kämpfen, sobald ich kann, oder du magst bei uns bleiben und als Mri leben. Du kannst wählen.«
    Er starrte Niun hilflos an, sah selbst ihn durch die Wirkung der Droge nur wie von ferne. »Ich habe nicht meinen Nacken aufs Spiel gesetzt, um euch freizubekommen, nur um dann einen von euch zu töten. Nein.«
    »Du würdest mich nicht töten«, meinte Niun.
    Das brachte ihn aus dem Gleichgewicht. »Ich bin nicht euer Feind«, protestierte er.
    »Willst du in den Dienst der She'pan treten?«
    »Ja.«
    Er sagte es rasch; es war die einzig vernünftige Antwort. Wenn die Lage sich beruhigt hatte, irgendwann später, würde der Augenblick gekommen sein, vernünftig mit ihnen zu reden, ihnen zu erklären, warum er mitsamt dem Schiff freigelassen werden mußte. Es war ihr eigener Schutz, an den sie dachten.
    Aber Niun blieb für einen Moment still, starrte ihn an, als ob er hinter dieser Zustimmung eine Lüge argwöhnte.
    »Niun«, sagte Melein, ihnen immer noch den Rükken zuwendend; er trat zu ihr, und sie redeten leise miteinander. Dann schwieg er für einen Moment; die Dusei bewegten sich unruhig: eines stöhnte und stieß mit der Nase fordernd gegen Niuns Hand. Er liebkoste es abwesend, brachte es damit zum Schweigen, ging dann zurück auf die Seite des Raumes, wo Duncan stand.
    »Kel Duncan«, sagte er, »die She'pan sagt, daß wir heimkehren . Wir kehren nach Hause zurück.«
    Für einen Moment fiel es Duncan nicht ein – dann erst kam das dumpfe, ferne Begreifen. »Ihr habt Kesrith euer Heim genannt«, sagte er.
    »Und Nisren. Kel-Wahrheit. Die She'pan weiß Bescheid. Duncan...« Die Augen über dem Schleier verloren ihre Teilnahmslosigkeit. »Vielleicht sind wir die letzten. Vielleicht ist nichts geblieben. Vielleicht wird es eine zu lange Reise. Aber wir machen sie. Und danach muß ich vergessen, ebenso wie du. Dies ist das Wort der She'pan, denn nichts menschliches kann auf solch einer Reise bei uns bleiben. Die She'pan sagt, daß du dem Volk ein großes Geschenk

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