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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mandler
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und das Interview beendet.
    Trotzdem, denke ich. Auch wenn die kritische Masse noch nicht erreicht ist, könnten wir Recht haben. Ich und die Gruppe in Schweden. Ich, die Gruppe in Schweden und die anderen, die meine Idee bereits angesteckt hat. Die auch glauben, dass. Nein. Ich weiß nichts. Weder über die Schweden noch über die anderen. Ich bin zum Warten verurteilt. Und fühle, dass es mir aus der Hand gleitet. Es bedarf nur einer falschen Wendung. Es müssen sich nur zwei oder drei von ihnen zusammentun und schon können sie meine Idee überstrahlen. Können sie das, was gerade beginnt, in eine ganz andere Richtung lenken, als ich es beabsichtige.
    Aber mir reichen auch die Tatsachen. Im Grunde genügt es mir, dass die Menschen damit begonnen haben, sich zu wehren. Gegen diese übergroßen Bilder und damit gegen all das, was uns klein hält. Und jeder, ich bin mir sicher, dass jeder gegen seine persönlichen Bilder kämpft. Ganz egal wen ich fragen würde, es gibt immer mindestens einen Star, den die Menschen gerne sterben sehen würden. Vielleicht nur in ihrer Phantasie, denke ich. Aber einen gibt es immer. Und als Außenstehender weiß man nie, welcher das ist. Weil es Prominenz in verschiedensten Richtungen gibt, weil einer einen Fußballer, ein anderer Dieter, Heidi, Till, Brad, Angelina, Anna, Hildi oder eigentlich egal. Jeder hat das Potenzial in sich, mindestens einen Star abgrundtief zu hassen. Und wenn dieses Potenzial freigelegt wird, wenn wir beginnen, uns gegen sie zu wehren, können wir die Welt wieder vom Kopf auf die Beine stellen. Mit wenig Blut können wir sehr viel erreichen. Denke ich. Und lehne mich zurück. Mein Herz schlägt schnell. Und ich weiß nicht, ob es schnell schlägt, weil ich mich selbst mit meiner Idee in Begeisterung gedacht habe oder weil sich Angst davor in mir breitmacht, die Kontrolle zu verlieren.
    Wir verteidigen uns nicht. Es bricht aus uns heraus. Weil ich den anderen gezeigt habe, und weil mit mir die Schweden und die anderen wieder anderen gezeigt haben, dass sie nicht alleine sind, bricht ein Damm. Wird er hervorbrechen, der Hass. Und die Aggression, die sich in uns aufgestaut hat. Tag für Tag staut sich diese Aggression in uns auf und wir sind sie schon so gewohnt, dass wir kaum noch Notiz von ihr nehmen.
    Aber dann, irgendwann ist sie plötzlich da. Sie wird auch bei ihnen ebenso plötzlich da sein wie sie bei mir plötzlich da gewesen ist. An jenem Nachmittag. In meinem Wohnzimmer. Plötzlich wird der Gedanke überspringen. Von einem Moment auf den anderen werden auch sie verstehen, dass sie handeln müssen. Und immer mehr werden die Initiative ergreifen und aus jeder einzelnen Handlung, aus jedem einzelnen kleinen Feuer wird am Ende ein großer Brand werden. Es wird ein kollektives Feuer sein, das uns antreibt. Ein kollektiver Durst, ein Rausch, der die Kraft hat, uns von allem zu befreien, was uns aushöhlt wie Wasser einen Stein, das uns die Kraft nimmt wie eine Droge, die sie uns heimlich ins Trinkwasser mischen.
    Aber es kann nicht der Hunger sein, wie damals in Frankreich. Es ist kein körperliches Elend, wie in Russland. Es sind überhaupt keine körperlichen Nöte, aus denen heraus wir uns eine neue Welt geben werden. Aber ich weiß, dass es trotzdem geschehen wird. Bin überzeugt, dass es sich vollziehen muss. Weil ich an die Wut und an den Zorn glaube, bin ich mir sicher. Weil ich sehe, weil ich hundert- oder tausendmal, während ich die Menschen beobachtet habe, diesen Zorn und diese Wut tief in ihrem Inneren gesehen habe. Verdeckt durch eine nach außen getragene Zufriedenheit. Überschminkt, übertüncht und übertönt habe ich diesen Zorn millionenfach gesehen. Und weil ich gesehen habe, wie dieser Zorn diese Menschen antreibt und wie die Wut diese Menschen vor sich hertreibt, und weil ich.
    Nein.
    Es bringt nichts, mich in Rage zu reden. Ich werde trotzdem warten müssen. Darauf, was die anderen tun. Und darauf, was gegen uns unternommen werden wird.
    Erst am Ende werde ich wissen, ob ich untergehe. Und wenn ich untergehe, wird es richtig sein, dass sie mich vernichten und dass mit mir meine Idee stirbt. Wenn ich verliere, dann war auch sie falsch, meine Idee. Dann ist sie dem Untergang geweiht und verdient diesen Untergang voll und ganz.

4
    Es gibt eine neue Liste. In Großbritannien. In Frankreich sind die Krawalle abgeebbt. Aber die haben auch gar nichts mit unserer Sache zu tun, denke ich. Und merke, dass ich nicht weiß, was ich damit meine.

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