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Shooting Stars (German Edition)

Shooting Stars (German Edition)

Titel: Shooting Stars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mandler
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ich werde auch töten sagen, wenn ich töten meine.
    Nicht alle, ich glaube, wir haben nicht alle getötet. Weil es besser ist, am Ende keine Zeugen mehr zu haben, haben wir vielleicht doch alle getötet. Und weil es besser ist, am Ende doch Zeugen zu haben, die erzählen können, die den Terror weitertragen, haben wir vielleicht doch ein paar verschont.
    In dieser Hinsicht sind sie sich gleich, denke ich. Die Stars teilen ihr Schicksal mit den Bauern. Mit dem
collateral dust
, wie sie John-Boy genannt hat, ein vielleicht 25-jähriger Amerikaner mit einer Warze oder Hautverfärbung an der linken Backe, die ihn tatsächlich John-Boy aus den Waltons ähneln ließ. Oder einfach Richard Thomas aus
Im Westen nichts Neues
. Ich musste immer, wenn ich an John-Boys
collateral dust
denken musste, an diesen Film denken. Und nicht an die Waltons. Auch wenn die anderen sich einen Spaß daraus machten, am Abend, wenn es ans Schlafen ging,
good night, John-Boy
in seine Richtung zu rufen.
    Dennoch ist es etwas anderes. Dort, in Afghanistan, ging es darum, den Terror, den die Taliban, den diejenigen, die wir der Einfachheit halber Taliban oder Hadschis nannten, in die Truppen der Amerikaner hineingetragen hatten, diesen Terror sollten wir zurück in ihre Reihen tragen. Oder ihnen zumindest klarmachen, dass wir ihn nicht tatenlos hinnahmen. Auch wenn uns Gesetze die Hände banden, wollten wir ihnen zeigen, dass wir uns die Hände nicht binden lassen würden. Wir nicht. Denn wir waren nicht an die Konventionen gebunden. Als scheinbar unabhängig operierende Truppe konnten wir uns einen Dreck darum scheren, was erlaubt war und was nicht. Kriegsverbrechen können nur kriegsteilnehmende Einheiten begehen. Und wenn man, wie wir, außerhalb steht, wenn man als freie Söldnertruppe zwischen den Fronten operiert, sieht niemand so genau hin. Nein, das stimmt nicht. Sie sehen genau hin. Aber weil man offiziell kein Teil der Streitmacht ist, können sie es sich leisten, ein paar Stunden lang so zu tun, als ob sie wegsehen würden.
    Terror, denke ich. Und ich weiß, dass ein großer Unterschied besteht zwischen dem Terror, den die Taliban in unsere Reihen und den wir zurück in ihre Reihen getragen haben, und dem Terror, den wir in die Gesellschaft hineintragen, weil auch sie den Terror in uns hineinträgt. Aber es geht auch hier und heute darum, ihnen klarzumachen, dass wir ihn nicht länger hinnehmen werden.
    Wir attackieren die Körper der Stars, um allen klar zu machen, dass ihr Handeln Folgen hat. Ganz persönliche Folgen. Wir werden die Angst in sie hineintragen. Und über diese Angst, über unseren Terror werden wir das Ziel erreichen, das wir uns, nein, das ich mir gesetzt habe.
    Ich kann nicht
wir
sagen.
    Es gibt kein W
ir
mehr.
    Ich bin alleine und handle vollkommen auf mich gestellt.

ACHT

1
    Nur mehr drei Tage.
    Ich habe gewartet.
    Und es ist viel passiert. Auch wenn ich selbst nichts mehr passieren lassen konnte, haben die anderen gehandelt. In Italien, in Frankreich. Sogar in der Schweiz. In Schweden, den Niederlanden, in Österreich. Es hat viele Orte gegeben und viele Zeiten, zu denen Menschen zugeschlagen haben. Viele Momente, in denen geschossen, gestochen und getreten worden ist.
    Die Liste ist lang und länger geworden. Und sie wehren sich immer intensiver. Sie haben verkündet, dass sie jeden, den sie auf offener Straße mit einer Waffe sehen, ohne Warnung erschießen werden. Sie haben eine Menge Menschen verhaftet. Hunderte. Wenn nicht tausende. Aus welchen Gründen auch immer.
    Sie schlagen um sich wie in blinder Wut. Aber vielleicht ist sie gar nicht blind, ihre Wut. Vielleicht treffen sie zielsicher da, wo sie treffen wollen. Zumindest manchmal treffen sie sicher da, wo sie treffen wollen.
    Aber wenn nicht, wenn sie das alles nur tun, um Macht auszuüben, um zu zeigen, dass sie fähig sind, die Initiative in diesem Kampf zu übernehmen, dass sie immer noch alles unter Kontrolle haben, wird es nicht reichen. Denn Gewalt alleine hat noch nie gereicht. Nein. Nie stimmt nicht. Aber wenn sich die Menschen erheben, ist willkürliche Gewalt das schlechteste Mittel, das man gegen sie einsetzen kann.
    Ich hätte gerne geschossen. In den letzten Tagen brannte ich darauf, wieder mitmachen zu können. Aber ich kenne meine Taktik und ich werde sie befolgen. Weil ich weiß, dass jeder Umweg schnell in einen Abgrund führen kann, halte ich mich an meinen eigenen Plan. Es war schon schwer genug, hierher zu kommen. Nach München zu

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