Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
Vom Netzwerk:
meinem Alter zu sein schienen. Die Blonde balancierte ein Baby auf dem Knie und versuchte mit der freien Hand einen Brownie zu essen. Beide Frauen trugen winzige Diamanten am linken Ringfinger, und ich erinnerte mich, dass Ethan erwähnt hatte, britische Frauen bevorzugten weniger auffallende Verlobungsringe als Amerikanerinnen. Vielleicht war es beispielhaft für das, was Ethan an London gefiel. Das Understatement der Briten war das Gegenteil dessen, was ich in seinen Augen war – eine arrogante Angeberin, mehr oder weniger.
    Aus dem Augenwinkel beobachtete ich die Frauen. Die Blonde hatte ein kraftloses Kinn, aber gute Strähnchen. Die Brünette trug ein grauenhaftes Velour-Sweatshirt, aber ihre Prada-Tasche war Neid erregend. Einen Moment lang hatte ich plötzlich Angst, ich wäre wieder oberflächlich, aber ich beruhigte mich und sagte mir, es sei okay, die Leute scharf zu beobachten – ich durfte nur aus dem, was ich sah, keine Rückschlüsse auf die Frauen als Personen ziehen. Ich dachte daran, wie oft ich Leute nach ihren Schuhen beurteilt hatte, und ich nahm mir vor, das nie wieder zu tun. Es war schließlich kein Verbrechen, in einer Saison, in derspitze Schuhe angesagt waren, eckige zu tragen. Zum Beweis dafür widerstand ich dem Bedürfnis, einen Blick auf ihre Füße zu werfen. Ich spürte, wie ich schon jetzt zu einer solideren Person wurde, und das hob meine Stimmung.
    Ich trank meinen Kaffee, blätterte in einem
Hello
-Heft und lauschte dem Gespräch der Frauen, und ich fand, dass ihre Unterhaltung durch ihren britischen Akzent viel interessanter klang. Gegenstand waren ihre Eheprobleme – beide hatten Schwierigkeiten mit ihren Männern. Die Blonde sagte, durch das Baby sei alles noch schlimmer geworden, die Brünette klagte, seit sie und ihr Mann ein Kind wollten, sei der Sex zur Pflichtübung geworden. Alle paar Sekunden blätterte ich die Seiten meiner Zeitschrift um; sie waren voll von Hollywood-Stars und Leuten, die ich noch nie gesehen hatte – vermutlich britische Fernsehschauspieler. Und immer wieder Fotos von Posh und Becks.
    Seufzend rückte die Blonde ihr zappelndes Baby zurecht. «Zumindest habt ihr noch Sex», sagte sie, und sie bückte sich, zog einen Schnuller aus der Seitentasche ihres Kinderwagens und schob ihn dem Baby in den Mund. Das Baby nuckelte energisch ein paar Sekunden daran und ließ ihn dann auf den Boden fallen. Der Blonden war dieser Drei-Sekunden-Takt anscheinend nichts Neues; sie hob den Schnuller auf, wischte ihn am Ärmel ab und steckte ihn dem Baby wieder in den Mund.
    «Wann war das letzte Mal?», fragte die Brünette, und ihre Direktheit verriet mir, dass die beiden keine neuen oder losen Bekannten waren.
    «Kann ich nicht mal sagen», antwortete die Blonde. «Ist ’ne Ewigkeit her.»
    Die Brünette schnalzte mitfühlend. Sie wickelte ihrenTeebeutel um das Plastikrührstäbchen und drückte ihn mit Daumen und Zeigefinger aus.
    Ich klappte die Illustrierte zu und stellte Blickkontakt mit der Blonden her. Sie lächelte mich an und gab mir Gelegenheit, ein Gespräch anzufangen.
    «Sie ist wirklich süß», sagte ich; ich sah das Baby an und begriff voller Panik, dass es auch ein Junge sein konnte. Es war nicht zu erkennen. Gelbes Outfit, kahler Kopf, geschlechtsneutrales Zubehör.
    «Danke», sagte die Blonde.
    Gut. Richtig geraten. «Wie heißt sie?»
    «Natalie.»
    «Hi, Natalie», sagte ich mit Singsangstimme. Natalie ignorierte mich und versuchte weiter, nach dem Brownie ihrer Mutter zu greifen. «Wie alt ist sie?»
    «Zweiundzwanzig Wochen.» Die Blonde lächelte und schaukelte das Kind auf ihrem Knie.
    «Das sind   … wie viel? Fünf Monate?»
    Sie lachte. «Ja. Stimmt. Sorry. Bevor ich Natalie bekam, hab ich mich auch immer gefragt, warum Mütter das Alter ihrer Babys in Wochen angeben. Ich vermute, das übernimmt man einfach aus der Schwangerschaft.»
    Ich nickte und sah, dass die Brünette mich neugierig musterte, als wolle sie sagen:
Was ist los mit dir, American Girl, dass du mitten in der Woche allein hier rumsitzt?
    «Ja, ich weiß, was Sie meinen. Ich bin in der achtzehnten Woche   –»
    «Schwanger?», quiekten beide Frauen gleichzeitig, als hätte ich ihnen erzählt, dass ich Prinz Williams Freundin sei. Es war ein schönes Gefühl, dass meine Neuigkeiten endlich auch mal ein bisschen Begeisterung hervorriefen.
    «Ja.» Ich schlug meine Jacke zur Seite und fuhr mir mit der ringlosen Hand über den Bauch. «Tatsächlich hat es heute Morgen zum

Weitere Kostenlose Bücher