Shopping and the City
instinktiv, wenn sie sich in der Nähe einer Prada-Boutique befinden. Wir werden davon magnetisch angezogen. Doch die Stärke meines Engagements für meinen Job überwog sogar Prada. Und die Tatsache, dass ich völlig pleite war, half natürlich auch.
A ls mein mit Dior Nr. 104 manikürter Finger die Taste drückte, sagte ich fröhlich »Hello Moto«. (Gewöhnlich würde ich das natürlich zu meinem Handy sagen, aber um nicht mit einer lieben Tradition zu brechen, sagte ich es nun stattdessen zu meinem Sidekick.) Ein Leitspruch für den Tag erschien auf dem Bildschirm:
»Ich stehe an der Schwelle des Erfolgs.«
Dann steckte ich das Ersatz-Handy in die pinkschwarze
Chanel-Pochette, die ich um meine Hüfte trug. Dann griff ich, wie jeden Tag der vergangenen Woche, nach der Jeffrey-Einkaufstüte, in der sich ein mausetotes Paar Lanvins befand, und schlug die Tür hinter mir zu.
Es war schon eine Weile her, dass ich tatsächlich einen Eintrag in mein Tagebuch gemacht hatte, aber es war nicht so, dass ich nichts zu sagen gehabt hätte. Das hatte ich, aber das Leben in der Arbeit war ein absolutes, 18 Stunden durchgehendes Nonstop-Irrenhaus gewesen, so dass mir kaum Zeit zum Denken geblieben war. Im Ernst, es war jetzt eine Woche her, seit Evie und ich in die pied à terre ihrer Eltern eingezogen waren – oder, wie wir es nannten, die Villa Fantastique. (Ich meine, ganz ehrlich, wie man eine 450-Quadratmeter-Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus im Herzen von Tribeca als eine pied à terre bezeichnen kann, geht über meinen Verstand.) Und was das Beste war, wir hatten einen separaten Eingang im oberen Stock, welchen Evie den Nordflügel nannte. Wie das uns immer wohlgesonnene Schicksal es wollte, waren Evies Eltern gewöhnlich nicht daheim. Evies Mom war jeden Tag nach Brooklyn gefahren, um der kranken Tante Etta Gesellschaft zu leisten, und Evies Dad war entweder in einem seiner vielen Restaurants oder in seinem Büro einige Blocks entfernt, wo er, wie »Page Six«, die Klatschkolumne der New York Post, behauptete, seine Pläne schmiedete, um sein Imperium später im Jahr nach London auszuweiten. Jedenfalls, meine Eltern glaubten, dass Evies Eltern die ganze Zeit über daheim
waren, und es war meine erklärte Absicht, sie in diesem Glauben zu lassen.
Nun, bis jetzt war das Leben in New York ein Traum! Ich hatte in den vergangenen vierzehn Tagen, zweiundzwanzig Stunden und siebenunddreißig Minuten, seit ich ihn dabei ertappt hatte, dass er Brooke küsste, nicht einmal einen einzigen Gedanken an Paolo verschwendet. Ich war mit allen möglichen anderen Dingen beschäftigt. Mein jüngster guter Vorsatz lautete, von nun an all meine Energie auf meine neue Beziehung (die genau genommen meine alte Beziehung ist) zu verwenden: und zwar mit »der Straßenszene«.
Ich war fest entschlossen, Spring und Mick und auch Brooke, wenn wir schon mal dabei sind, zu beweisen, was ich leisten konnte, wenn sie mir nur die Chance dazu gaben. Also begab ich mich mit der Digitalkamera in der Hand hinaus auf die Straße und machte mich wie eine zielgesteuerte Lenkwaffe auf die Suche nach den neuesten Trends.
Ich startete meine Vespa, schnallte Toy und sein Schoßtier, Booboo, fest und sauste die Franklin Street entlang. Es war Morgen in Tribeca, einem der letzten ursprünglich erhaltenen Viertel in New York. Einige Straßen sind sogar noch mit Kopfsteinpflaster gelegt.
Es war ein perfekter New Yorker Sommertag. Der gleißende Schein der Morgensonne funkelte strahlender als ein lupenreiner Brillant über den verspiegelten Türmen, die an dem wolkenlosen blauen Himmel kratzten. Ich bahnte mir einen Weg durch die geschäftige Fußgängermenge, die wie ein mächtiger Fluss die
Bürgersteige entlang und über die Straßen strömte. Ich fuhr durch Soho, wo ich die trendige Galerien-Schickeria, die trendigen Schoßtiere, die trendigen Taxifahrer und Kuriere, Business-Typen, Biker und Skater knipste. Dann rauschte ich hinüber ins East Village, wo man immer Schwärme von avantgardistisch gestylten Leuten finden konnte. Ich sauste zur Begleitmusik eines beharrlichen Konzerts von Hupen, Auto-Alarmanlagen (die meisten von moi ausgelöst) und Sirenen von Rettungsfahrzeugen zwischen Heerscharen von Bussen, Autos und Taxis hindurch. Ich bretterte durch das West Village, Chelsea und über den Union Square, Letzteres für den Öko-Look. Dann durchstreifte ich die Upper West Side nach ein bisschen locker-legerem Familien-Chic und brauste durch
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