Shopping and the City
kommen wir zu spät!« »Ich kann Booboo nicht finden, und Toy ist ohne ihn zu neurotisch«, sagte ich und schlüpfte in die Villa zurück, während Evie draußen mit Toy in der Hand wartete. »Und Kreativität ist nun mal nicht pünktlich«, borgte ich mir einen von Evies Grundsätzen.
»Imogene, bitte, es wird dort zugehen wie in einem Zoo. Wir müssen jetzt los!«
»Okay, okay.« Ich schlug ohne Booboo die Tür zu. »Es ist schon in Ordnung, Toy-Boy, wir werden deinen Booboo nachher suchen.«
I ch stellte einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf, indem ich es von der Villa Fantastique zur 42nd Street in unter fünfzehn Minuten schaffte, so fest entschlossen war ich, meiner Zukunft eine letzte Chance zu geben. Aus der Ferne konnte ich jenseits der wimmelnden Menge im Bryant Park gerade eben die weißen Zipfel der Modewochenzelte ausmachen. Es sah so aus, als wäre mitten in Manhattan ein Zirkus gelandet. Ich gab Gas und lenkte die Vespa um ein ganzes Heer von Limousinen, Luxuskarossen, Hummers, Bentleys und maßgefertigten SUVs herum, die in einem Umkreis von zwei Häuserblocks in zweiter und dritter Reihe parkten, um die erste Garde der Potentaten abzuliefern, deren Hierarchie bei den Alpha-Wolf-Zeitschriften-Chefredakteurinnen, den Einkäufern der großen Kaufhäuser und den Moguln begann und zu einer gut gehäuften Portion von Prominenten und einer Galaxie von Popstars, Rapstars, Rockstars, Schauspielern, Schauspielerinnen und It-Girls hinaufreichte. Einige der reichsten Super-Schickeria-Prinzessinnen der Welt würden dort sein, viele mit ihren Super-Schickeria-Prinzesschen im Schlepptau. Alle der Obengenannten hätten bedenkenlos ihren Sommerurlaub abgebrochen, um dieser Veranstaltung beizuwohnen, die versprach, der grandiose Höhepunkt der Saison zu werden: die Jock-Lord-Comeback-Modenschau.
Um achtzehn Uhr betrug die Temperatur unerträglich heiße 35 Grad, und der Bryant Park war wie eine Sauna.
»Denk dran, was Cinnamon gesagt hat«, ermahnte ich Evie. »Was immer du tust, drück nicht den roten Knopf. Der schaltet die Musik an.«
»Geht klar«, sagte sie, während wir beide auf den großen, nicht zu übersehenden Knopf an Cinnamons Karaoke-Mikrofon starrten.
»Wie sehe ich aus?«, fragte Evie, die ebenso wie ich verkleidet war.Ich mit einer übergroßen Schirmmütze und Evie als meine ergebene Aufnahmeleiterin, inklusive Klemmbrett und Motorola-Kopfhörer. Es war eine Aufmachung nach dem Motto »wir sind trendig, aber nicht zu trendig, um ja nicht die Zuschauer zu vergraulen«, das sie in letzter Minute zusammengestellt hatte, mit genügend Make-up, so dass sie gerade noch wie zwanzig, allerdings nicht wie eigentlich beabsichtigt fünfundzwanzig, durchgehen konnte, und einer strebsam aussehenden, doch modischen Vintage-DKNY-Brille und natürlich einer blonden Perücke aus der Raquel-Welch-Kollektion ihrer Mom.
»Brillant.«
Der Plan sah vor, dass wir uns unter die Presse mischten, die sich zweifelsohne vor dem Eingang drängen würde, und dort eine Gelegenheit abwarteten, unbemerkt ins Zelt zu schlüpfen.
»Du denkst wirklich, dass das klappen wird?« Ich bereute den Satz schon, bevor ich ihn noch ganz ausgesprochen hatte. Ich meine, in den alten Zeiten (was vor zwei Monaten war, scheint eine Ewigkeit her) wäre mir dieser Gedanke niemals in den Sinn gekommen. Ich erinnerte mich an all die Sachen, die wir in der Vergangenheit gemacht hatten und die, um der Wahrheit die Ehre zu geben, an den Maßstäben der meisten Menschen gemessen nicht ganz normal gewesen waren. Und jetzt waren wir schon wieder dabei.
»Okay«, seufzte ich. »Haben wir alles?«
»Ich denke schon.« Evies Augen glänzten vor Aufregung. Ich hielt das Karaoke-Mikrofon mit dem großen roten Knopf hoch.
»Mikrofon.«
»Haben wir«, sagte sie eifrig.
»Fernsehmoderatorinnen-Frisur.«
»Haben wir.«
»Digitalkamera.«
»Haben wir.«
»Flash-Speicher.«
»Haben wir.«
»Einen süßen Schoßhund.«
»Haben wir.«
»Ich glaube, das ist …«
»Oh, warte!«, rief Evie aus und tauchte in ihre Tasche ab. »Das Wichtigste hätten wir beinahe vergessen. Unsere Presseausweise!«
»Die wären nützlich«, lachte ich. Wir hatten den Nachmittag damit zugebracht, auf meinem Computer gefälschte Ausweise zu fabrizieren. Hoffentlich würde niemand sie zu genau in Augenschein nehmen, denn wir hatten Evies alten Barbie-Reisepass als Vorlage benutzt. Wir musterten einander ein letztes Mal, dann stürzten wir uns in das Getümmel
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