Short Stories - Sammelband 5-faches Lesevergnuegen
und starre stoisch auf den grausigen Bildschirmschoner.
Die Stimmen der Herren werden lauter, und ich höre, wie sie über bestimmte anstehende Projekte reden. Im Normalfall würde ich jetzt als aufmerksame Sekretärin einen Kaffee servieren. Doch in diesem Fall werde ich das nicht tun, vielleicht verdursten die Männer ja, so wäre ein Problem schon mal erledigt!
Die Zwischentüre öffnet sich und ich hebe ruckartig den Kopf.
Staunen und Überraschung sehen mir wie ein Spiegelbild meiner selbst entgegen, jetzt ist die Katze aus dem Sack, oder passender, die Geliebte auf dem Bürostuhl.
„ Was machst du hier, Marlene?“ Er wirkt nicht annähernd so geschockt, wie ich es bin, eher verwundert. „Ich bin deine Sekretärin.“ Er kommt näher zu meinem Schreibtisch, sein Blick bleibt auf meinen Lippen hängen und wandert langsam zu meinem Dekolleté.
Na Klasse, sexuelle Belästigung durch den eigenen Lover am Arbeitsplatz.
„ Na, wenn das so ist, kannst du mir bitte die Daten von dem Projekt mit der Nummer 128946 raussuchen?“ Möglichst selbstsicher lehne ich mich zurück, knöpfe meine Bluse bis zum letzten Knopf zu und nicke ihm höflich zu. „Kommt sofort.“
Verwirrt über mein Benehmen zieht er seine rechte Augenbraue nach oben und lächelt mir frech zu, langsam lehnt er sich über den Schreibtisch und sagt etwas leiser: „Diese Tatsache eröffnet ganz neue Möglichkeiten.“ Ich kann in seinen Augen erkennen, was er meint, ich sehe ihm das Verlangen nach einem harten Fick regelrecht an.
Typisch Mann, was mir Kopfzerbrechen und Magenschmerzen bereitet, sieht er als Change auf tabulosen Sex. Die wichtigste Frage ist nur, kann ich damit leben, gefällt mir diese Situation? Wenn ich das eben richtig verstanden habe, behalte ich meinen Job. Aber will ich das überhaupt? Kann ich akzeptieren, dass er mir übergestellt ist und mir Anweisungen erteilt? Sieht man sich nicht aneinander satt, wenn man sich im Büro und Zuhause immer um sich hat?
„ Vergiss es, vergiss das alles! Das ist doch der reine Wahnsinn!“
Er sieht mich verständnislos an, zwei tiefe Falten graben sich in seine Stirn, jetzt sieht er nicht mehr aus wie ein frecher Kerl, sondern wie ein strenger Chef.
Fuck! Irgendwie wird es immer komplizierter.
„ Wir reden später darüber, ich hole dich um siebzehn Uhr hier ab, dann können wir zusammen auf dem Heimweg etwas essen.“
Ohne meine Erwiderung abzuwarten, dreht er sich um und verschwindet wieder im Büro meines Chefs, also seit heute in seinem Büro.
Ganz ehrlich, ich habe gerade nicht das geringste Interesse den heutigen Abend mit ihm zu verbringen. Bis vor wenigen Stunden war mein Privatleben perfekt und mein Arbeitsleben mittel beschissen. Jetzt, wo Simon mein neuer Chef ist, hat sich das zu einer ziemlich verstrickten Lage entwickelt und ich weiß nicht wirklich, wie ich mich jetzt verhalten soll. Genervt suche ich ihm die Unterlagen raus, drucke sie aus und tackere sie zu einem ordentlichen Bündel zusammen. Natürlich will ich ihn nicht verlieren, falls man in dem Stadium, in dem wir uns gerade befinden, überhaupt von verlieren sprechen kann. Ich brauche dringend eine Schonfrist, nach einem leichten Höflichkeitsklopfen trete ich ein und überreiche ihm die Unterlagen, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen.
Der Tag war anstrengend und von dem vielen Nachdenken habe ich auch noch Kopfschmerzen bekommen. Es ist jetzt gerade mal halb fünf, noch genug Zeit, um schnell zu verschwinden. An guten Tagen, an denen ich mein Arbeitspensum schnell erledigt habe, mache ich oft eine halbe Stunde früher Feierabend. Schließlich bleibe ich auch länger, wenn sich mal wieder etwas mehr Arbeit aufgetan hat. Seufzend schalte ich den PC aus, ordne meinen Schreibtisch und schalte den Anrufbeantworter an. Gerade als ich mich erheben will, kommt Adrian arrogant lächelnd in mein Büro spaziert. Genervt plumpse ich zurück auf meinen Hintern und halte seinem Blick stand. „Hey Chica, Lust auf ‘nen Drink?“ Chica? Hilfe! Ich bin kein fünfzehnjähriges pubertierendes Mädchen, das gerne Chica genannt wird. Diese Zeiten waren nie, und selbst wenn ich jemals solche Zeiten gehabt hätte, wären sie mittlerweile schon längst vorbei. „Adrian, werde erwachsen, ich bin keine Chica, und nein, ich werde nicht mit dir ausgehen, weder heute noch sonst wann.“ Sein Lächeln bleibt auf seinen Lippen, auch wenn ich erkennen kann, dass sich seine Augen wütend verdunkelt haben. „Sei nicht so
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