Shotgun Lovesongs
Melkgeschirr an ihren Zitzen angebracht, als sie kaum einen halben Meter von meinem Gesicht entfernt einen riesigen Haufen Scheiße aus ihrem Hintern klatschen ließ. Und doch hatte mir das überhaupt nichts ausgemacht. Das hier machte mir was aus. Man hätte meinen können, ich wäre froh, von meinen Kühen und Feldern wegzukommen, ein paar Stunden mit einem alten Freund zu verbringen, ein paar kühle Biere zu trinken, aber in Wirklichkeit wollte ich einfach nur meine Stiefel ausziehen, mich in meinem Sessel zurücklehnen, meine Augen schließen und mir das blaue Fernsehlicht übers Gesicht flackern lassen, bis es mich so weit betäubt hatte, dass ich einschlief.
»Das ist mir egal«, sagte Lee. »Aber ich sag’s dir – heute Abend werde ich dieses Glas da klauen.«
»Ich wette, da sind an die tausend Eier drin«, sagte ich. »Denkst du denn, du kannst das überhaupt tragen? Du siehst etwas abgemagert aus.«
Die Eier schwebten weiter in der brackigen Lake vor sich hin.
Er zeigte mit dem Finger auf das Glas. »Und du wirst mir dabei helfen.«
Was er eigentlich damit sagen wollte, war: Wir werden das jetzt zusammen tun.
»Scheiße, Mann. Ich muss dir bei gar nichts helfen. Da braucht’s schon wesentlich mehr als nur ein paar Bier, damit ich in der Stimmung für so eine dämliche Aktion bin. Und«, fuhr ich fort und bohrte ihm meinen Zeigefinger in das magere Fleisch seines Oberarms, »ich denke, ich hätte durchaus das Recht, dich jetzt mit Karacho aus der Bar zu prügeln, du Arsch, wenn man bedenkt, was für eine Art Freund du gewesen bist.« Ich hatte nicht vorgehabt, Lee anzublaffen, aber um ehrlich zu sein, war es mir mittlerweile auch ziemlich egal. Was konnte er mir schon antun, was er nicht schon längst getan hatte?
»Na ja, dann trink einfach weiter.«
»Das mache ich.«
Kawumm! Billardkugeln spritzten auseinander. Und im Fernsehen: ein Tempogegenstoß mit Slam Dunk. Und gleichzeitig keuchte draußen ein 79er Chevrolet Impala vorbei, ohne auch nur die Andeutung eines Auspufftopfes – auch wenn der heisere Krach des altersschwachen Wagens von der regennassen Fahrbahn ein wenig gedämpft wurde. Lee kippte sein Glas hinunter. Er schaute von mir weg und wischte sich den Bierschaum von den Lippen.
»Ich muss mich bei dir entschuldigen.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Ich hätte nicht tun sollen, was ich da getan habe, und es tut mir furchtbar leid.«
»Hör zu, ich möchte einfach nicht darüber reden, okay? Ich will das nicht weiter vertiefen. Wie du mit meiner Frau geschlafen hast.«
»Ihr wart da doch noch gar nicht verheiratet – ich meine – Scheiße, Hank! Verdammt noch mal. Das ist zehn Jahre her! Was hätte ich dir denn sagen sollen?«
»Dass du dich wie ein Arschloch verhalten hast? Das wär ja mal ein Anfang gewesen. Dass ich dir auf keinen Fall trauen kann? Soll ich weitermachen?«
Wir nahmen beide einen tiefen Schluck von unserem Bier.
»He, willst du dich vielleicht prügeln? Ist es das?«, fragte er. »Scheiße, du kannst mich echt zu Brei hauen, wenn das heißt, dass wir dann wieder Freunde sein können. Das macht mir gar nichts aus.«
»Tja, das wäre dann wohl keine richtige Prügelei, oder?«
»Nein. Wohl eher nicht. Also, was sollen wir tun?«
Ich wusste selbst nicht, was wir tun sollten. Irgendwo tief in mir drin hatte ich schon vor Monaten entschieden, dass es überhaupt nichts gab, was wir hätten tun können. Dass wir fertig waren miteinander. Jedes Mal, wenn ich nur annähernd über so etwas wie Vergebung nachdachte, ging mir ein Bild von ihm und Beth durch den Kopf, wie sie zusammen im Bett lagen, und das machte mich absolut wahnsinnig. Ich wurde dann jedes Mal so wütend, dass ich mir nicht mehr anders zu helfen wusste, als zu der Bowlingbahn in Whitehall zu fahren, um dort eine acht Kilo schwere Kugel so fest ich konnte in zehn Kegel hineinzuschmettern,nur um das Gefühl zu bekommen, ich hätte gerade irgendetwas in kleine Stücke gehauen. Ich fuhr auf dem Weg dorthin und wieder zurück immer so schnell ich konnte, über hundert Meilen pro Stunde, und wenn ich dann an eine Kreuzung kam, trat ich hart auf die Bremse, nur um zu spüren, wie sich der Sitzgurt tief in meinen Leib grub, und zu hören, wie die Reifen protestierend kreischten. Nur um etwas anderes zu fühlen als Eifersucht und Wut.
Ich fuhr mir mit einer Hand durchs Haar. Trank mein Bier aus und bestellte noch eine Kanne. »Ich weiß auch nicht, Lee. Ich habe keine Ahnung.«
»Na ja, ich habe
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