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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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und ich drückte seine Hand und war traurig um seinetwillen, aber zugleich auch glücklich, neben ihm zu sitzen, glücklich, dass er da war. In diesem Moment erinnerte ich mich daran, wie ich im Krankenhaus seine Hand gehalten hatte, vor vielen Jahren, und ich spürte, wie es mir die Kehle zuschnürte. Und ich spürte auch die weiche Hand meiner Frau und strich mit meinem Daumen über ihre Adern und Fingernägel und fühlte, wie mein Herz in meinem Innern ein großer Quell der Liebe war, und ich wusste, dass dieser Quell nicht nur überströmte, sondern nie versiegen würde. Vor uns stand unser Freund, seine Stimme mischte sich mit unseren und ich zwinkerte ihm zu und er zwinkerte zurück.
    Like a river flows, surely to the sea
    Darling so it goes, some things are meant to be
    Take my hand, take my whole life too,
    for I can’t help, falling in love with you …
    Das Lied ging zu Ende, doch ich ließ die Hände dieser beiden Menschen, die ich liebte, nicht los, und ich konnte sehen, dass in der ganzen Scheune andere dasselbe taten, sich an ihren Freunden und Familien festhielten und auch an den Fremden, Zugereisten, die gekommen waren, um diese Hochzeit in einer Scheune mitzuerleben. Lee tratvom Mikrofon zurück, nickte Kip kurz zu, küsste Felicia noch einmal und setzte sich dann. Chloe gab ihm einen sanften Kuss auf die Schläfe und die beiden sahen ganz verliebt aus.
    Kip wandte sich seiner neuvermählten Frau zu und küsste sie und wir standen alle auf und applaudierten. Schnell wurden Reistüten verteilt, und während die Jungvermählten den Gang hinunter und zur Scheune hinausschritten, bewarfen wir sie alle mit unserem weißen Konfetti, so dass der Reis am Schleier, den Haaren und dem wohlgebräunten Dekolleté der Braut hängenblieb. Dann gingen wir hinaus an die frische Luft, wo sich eine Schlange zum Gratulieren gebildet hatte. Ich bemerkte, dass Chloe und Lee abgetaucht waren und sich in eine Ecke draußen an der Scheune zurückgezogen hatten, nahe dem Fundament eines alten Steinsilos. Dort standen sie, rauchten Zigaretten und sahen sehr elegant aus, fast gegen ihren Willen, als könnten sie nicht anders. Beth und ich gratulierten Kip und Felicia, die an diesem ihrem großen Tag nicht hätte liebenswürdiger sein können.
    Das Festmahl wurde auf riesigen langen Tischen serviert, die man in einem nahegelegenen Feld aufgestellt hatte. Wir tranken Wein und unterhielten uns, aßen Fasan und Gnocchi und Gemüse und frisches, warmes Brot. Es gab Tischreden, man klopfte mit silbernem Besteck gegen Gläser; mehrere Male standen Braut und Bräutigam auf und küssten sich ausgiebig, was zu noch mehr Applaus und Zwischenrufen führte. Alle waren glücklich. Sogar Lee schien zufrieden zu sein und Ronny klatschte ihn immer wieder ab und sang: » Dar-ling so it goes, some things are meant to be-ee-ee!!! «
    Die Dämmerung war gekommen. Wir lehnten unsvollkommen übersättigt in unseren Klappstühlen zurück, tranken mehr Wein, als wir eigentlich wollten, und schauten den Kellnern zu, wie sie die schmutzigen Teller wegtrugen und Tassen und Untertassen für den Kaffee brachten. Ihre Arme schossen blitzartig an unseren Schultern vorbei, während sie frische Teller mit Kuchen, saubere Löffel, kleine Sahnekännchen und Zuckerdosen auf die Tische stellten. Ronnys Gesicht war mit der Zuckerglasur des Kuchens verschmiert. Beth entfernte sie mit einem Fingernagel und leckte dann neckisch ihren Finger ab. Lee zog eine Packung Zigaretten aus der Tasche und schüttelte ein paar davon heraus. Er nahm drei Zigaretten in den Mund, zündete sie an und reichte dann eine an Chloe und eine an Beth. Meine Frau nahm die Zigarette lächelnd entgegen und inhalierte tief. Sie behielt den Rauch sehr lange in der Lunge und atmete dann aus, so dass ein Strahl grauen Dunstes zwischen ihren Lippen hervorquoll. Ich lehnte mich zurück und betrachtete sie prüfend.
    »Du rauchst doch gar nicht«, sagte ich und meine Stirn legte sich in Falten, mehr als es mir lieb war.
    Sie zuckte mit den Schultern und lächelte Chloe an. »Das hier ist ein guter Abend, um zu rauchen.« Sie stießen mit ihren Weingläsern an und lachten. Ronny und ich ließen uns auch Zigaretten geben und so rauchten wir alle und schauten den Sternen dabei zu, wie sie die immer dunkler werdende blauwollene Decke der Nacht durchbohrten.
    Dann war über den Bäumen und Feldern ein seltsames, brausendes Geräusch zu hören, zunächst kaum wahrnehmbar, dann aber immer eindringlicher.

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