Showdown
bringen, ist groß. Dass sich solche Menschen, denen jede Hoffnung fehlt, nur zu gerne auf die verheißungsvollen Versprechungen politischer Rattenfänger einlassen, war zu allen Zeiten so.
Im Augenblick scheint es, als würden die Griechen ganz besonders auf die linken Rattenfänger hereinfallen. Ich schreibe ganz bewusst »scheint«, denn mal wieder gibt es einen großen Unterschied zwischen Schein und Sein.
Wenn man die griechische und auch die internationale Presse verfolgt, ist im Zusammenhang mit Krawallen, Ausschreitungen und sogar Attentaten immer von der griechischen »extremen Linken« die Rede. Mal die unparteiischen Anarchisten, mal die Partei Syriza unter ihrem Chef Alexis Tsipras. Die Syriza wird immer wieder zum Schreckgespenst erklärt, vor dem es zu warnen gilt. Wir haben mit einem Abgeordneten und mit Parteimitgliedern gesprochen. Sie sagen von sich selbst: »Ja! Wir sind die extremen Linken.« Aber im Gespräch offenbart sich ganz anderes. Ihre Positionen würden in Deutschland mal eben als gut sozialdemokratisch durchgehen. Offenkundig gibt es einen großen Unterschied zwischen dem, was man in Griechenland unter »extrem links« versteht, und dem, was in Deutschland unter demselben Begriff gesehen wird. Wir stellen uns darunter sofort langhaarige Bombenleger und kommunistische Stalinisten vor. Die gibt es in Griechenland ebenfalls, aber sie spielen eine überschaubare Rolle.
In den offiziellen Verlautbarungen gehen alle Straßengewalt, alle nächtlichen Brandsätze und zuletzt die Schüsse auf ein leerstehendes Büro des Präsidenten Samaras von links aus. Obwohl dazu oft jeglicher Beweis fehlt, keine Täter verhaftet wurden, wird sofort über die extremen Linken spekuliert. In der Tat erzählten uns eher linke Studenten von Ausschreitungen, die an ihrer Universität stattgefunden hätten. Die Rädelsführer hatten sie jedoch noch nie zuvor an der Uni gesehen.
Ich fühle mich immer wieder an den »Gladio-Skandal« erinnert und daran, was damals alles unternommen wurde, um die Gefahr einer erstarkenden Linken in Italien zu verhindern. Dieser Gladio-Skandal ist inzwischen bestens erforscht und belegt, wurde aber von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Daher schiebe ich hier eine kurze Zusammenfassung jener Ereignisse ein, da sie möglicherweise eng mit den heutigen Entwicklungen zusammenhängen. Von Beginn der 1950 er Jahre bis mindestens 1990 gab es vor allem in einigen europäischen NATO -Ländern paramilitärische Geheimkommandos unter Führung der NATO , des britischen Geheimdienstes MI 6 sowie der amerikanischen CIA . In dieser Zeit des Kalten Kriegs hatte man Angst, dass es jederzeit zu einem Einmarsch der Roten Armee in Westeuropa kommen könnte. Für diesen Fall legten geheime Undercover-Einheiten, die aus Militärangehörigen, Geheimdienstmitarbeitern, aber auch Privatpersonen aus dem rechtsextremen Umfeld rekrutiert wurden, im jeweiligen Land zahlreiche Waffen- und Munitionsdepots in Wäldern an oder vergruben sie im Gelände. Im Falle eines Einmarsches sollten diese Einheiten dann Guerillaaktionen gegen den Feind ausführen.
Die Angst vor dem Kommunismus war zu dieser Zeit sehr groß und führte in den USA zu einer landesweiten Paranoia. Unter Senator Joseph McCarthy kam es zu regelrechten Hexenjagden auf jeden, den man des Kommunismus verdächtigte, was zu Berufsverboten für Künstler und vielen weiteren Auswüchsen führte. Es war die erklärte Doktrin der USA den Kommunismus, wo immer möglich, einzudämmen und zurückzudrängen. Doch zurück nach Italien. Als sich ab den 1960 er Jahren in der italienischen Bevölkerung eine Sympathie für die kommunistischen Parteien ausbildete, sah man die Gefahr nicht mehr nur in einem Einmarsch der sowjetischen Armee, sondern auch in einem Erstarken des Kommunismus im eigenen Land, an dessen Ende möglicherweise ein politischer Umschwung stattfinden könnte. Und dies galt es mit aller Entschiedenheit zu verhindern. Ob der Kommunismus über die Grenze komme oder im Land selbst entstehe, sei nicht von Belang. Und allem Anschein nach wurde das Mandat der geheimen Guerillaeinheiten erweitert. Es folgten zahlreiche Entführungen und Terroranschläge zwischen 1969 und 1985 , die der Bevölkerung als Anschläge kommunistischer Extremisten verkauft wurden. So schürte man die Angst und förderte die Ablehnung des Kommunismus. Die ausführlichste wissenschaftliche Untersuchung zu all diesen Zusammenhängen hat im Jahr 2005 der Historiker Daniele
Weitere Kostenlose Bücher