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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Sträßchen hinauf zurück nach Santa Fe. Vor dem Haus standen dieselben Fahrzeuge, die sie schon bei der Ankunft bemerkt hatte. Bis auf das Auto des Marshals. Ihr Puls schnellte in die Höhe. Sie glaubte, das süßliche Aftershave zu riechen. Ängstlich blickte sie sich nach allen Seiten um, die Muskeln gespannt wie die Feder des Springteufels, bereit, jedem ins Gesicht zu springen, der roch wie der Marshal. Sie saß in der Falle. Diesmal gab es kein Entrinnen, falls er im Zug war, und daran wagte sie nicht zu zweifeln. Die Ausstrahlung dieses Mannes und sein Humor waren ihr nicht geheuer. Schutzengel, lächerlich. Sie wollte lieber nicht wissen, weshalb er ihr wirklich folgte wie ein Schatten, den man nicht abschütteln konnte. Sie versuchte, sich so gut es ging unsichtbar zu machen unter den Reisenden, die immer zahlreicher in den Wagen strömten. Es war nichts weiter als eine Art Trotzreaktion. Sie wusste, dass er sie früher oder später entdecken würde. Warum davonlaufen? Ebenso gut konnte sie hier auf ihn warten, zwischen Teenagern, die nur den Bildschirm ihres Handys sahen und Greisen, die nichts anderes zu tun hatten, als jeden Strauch zu fotografieren. Trotzdem bewegte sie sich langsam in den hinteren Teil des Zuges zu den Schlafwagen. Dort gab es leere Kojen, in die sie sich notfalls verkriechen konnte, glaubte sie in einem Anflug von Optimismus.
    Der Zug rollte quälend langsam auf Albuquerque zu. Auf der ganzen Strecke hatte sie vielleicht zweimal aus dem Fenster geblickt. Zu sehen gab es ohnehin nicht viel außer Einöde und Hinterhöfen auf dem halben Weg vom Abstellplatz zum Autofriedhof. Der Zug bremste ganz ab. Mitten auf dem Feld stand er still. Sie schlich vorsichtig zur nächsten Tür und presste das Gesicht ans Fenster. Sie vermochte nicht ganz nach vorn zu sehen, doch weit genug, dass ihr das Blut in den Adern gefror. Einen Hubschrauber wie diesen hatte sie am Morgen schon einmal gesehen. Er stand mit langsam drehendem Rotor neben dem Gleis. Beamte in blauen Westen mit dem weißen FBI-Schriftzug verteilten sich auf die vordersten Wagen. Wie gelähmt hörte sie auf die Lautsprecherdurchsage:
    »Meine Damen und Herren, dies ist eine Routinekontrolle. Bitte bewahren Sie Ruhe. Bleiben Sie sitzen und halten Sie Ihre Ausweise bereit. Ich wiederhole ...«
    Instinktiv drückte Jen die Türklinke, rüttelte mit zunehmender Wut und Verzweiflung daran, doch das verdammte Schloss ließ sich nicht öffnen. Sie stieß einen lauten Fluch aus, wirbelte herum und lief dem Marshal geradewegs in die Arme.
    »Die geben nicht so schnell auf«, grinste er.
    »Scheiße, verdammte«, war alles, was ihr dazu einfiel.
    »Ich schätze, sie werden in fünf Minuten da sein. Sie sollten sich schnell entscheiden.«
    Sie versuchte, ihn mit Blicken zu töten, bevor sie sich anders entschied. Entmutigt wie ein geschlagener Hund, trottete sie hinter ihm her. Im hintersten Bereich des Zugs öffnete er die Tür zu einem Abteil.
    »Am besten gehen Sie in die Dusche und versuchen, keinen Lärm zu machen. Schaffen Sie das?«
    »Duschen auch nicht?«, gab sie giftig zurück.
    Sie stank so grau wie ihre Socken, und die enge Kabine, zugleich Bad und WC, machte es auch nicht besser. Seine Schätzung erwies sich als zu optimistisch. Kurz, nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatte, hörte sie Stimmen im Korridor.
    »Was zum Teufel ist denn los?«, fragte der Marshal.
    »Ausweis bitte«, antwortete eine blecherne Stimme.
    Eine kurze Pause entstand, dann sprach der Marshal weiter:
    »Lieutenant Martinez, LAPD. Habe einen Kunden überführt. Darf man erfahren, wen ihr sucht?«
    »Nein. Sind Sie allein in diesem Abteil?«
    »Sehen Sie noch jemanden?«
    Wieder gab es eine kurze Pause, dann murmelte die Blechstimme etwas Unverständliches und die Tür fiel zu.
    »Arschloch«, brummte der Marshal nach einer Weile.
    Sie wartete auf weitere Geräusche. Da es ruhig blieb, schob sie die WC-Tür auf. Er saß am Fenster und spielte mit seinem Telefon.
    »Beinahe hätten Sie mich ans Messer geliefert«, warf sie ihm vor.
    Es war ihre Art, ihm zu danken, dass er es nicht getan hatte.
    »Ist ja nichts passiert. Wenn Sie tun, was ich sage, sind Sie sicher, wie Sie sehen.«
    Schwere Schritte näherten sich draußen auf dem Gang. Sie verschanzte sich ängstlich wieder im WC. Erst als sich der Zug ächzend in Bewegung setzte, wagte sie sich hinaus.
    »Gut konnten Sie sich entschließen, herauszukommen. Ich muss nämlich mal.«
    Er zog sich ins

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