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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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alles in der Welt konnte man überleben ohne WLAN? Ihr Smartphone diente zwar auch als passabler Router, aber sie besaß nur eine anonyme Prepaid-Karte mit bescheidenen siebenundzwanzig Dollar Guthaben. Enttäuscht klappte sie das Notebook wieder zu. Der gute Frank lebte in einer digitalen Wüste oder einfach in der Vergangenheit.
    »Ich müsste dringend ans Netz, ans Internet, meine ich.«
    »Ich weiß, was du meinst.« Er betrachtete den Computer erwartungsvoll, als könnte er das knifflige Problem lösen. »Sieht nicht gut aus, wie?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Es gibt ein Internetcafé zwei Blocks weiter ...«
    »Geht leider nicht. Ich muss mit meiner eigenen Kiste ans Netz.«
    »Ja dann ...«
    »Ritas B&B?«
    Er fand den Vorschlag urkomisch. »Rita und ihr Computer vertragen sich nicht«, lachte er. »Die bekämpfen sich, seit ich sie kenne. Nein, ich glaube, das wäre auch keine Lösung. Aber ich habe eine andere Idee, warte.«
    Er ging in den Flur. Sie hörte, wie er telefonierte. Seine Wohnung erinnerte sie an die Kulisse einer alten TV-Serie, wo das einzige Telefon im Flur an der Wand hing zwischen Garderobe und Enkelgalerie. In seinem Fall zierte allerdings nur ein einziges Bild die kahle Wand: seine Sheriff-Urkunde. Er führte ein langes Gespräch. Bei der Rückkehr waren die Sorgenfalten auf seiner Stirn verschwunden. Er legte einen Notizzettel vor sie hin und sagte hörbar erleichtert:
    »Das hätten wir.«
    Er hatte ihren Namen auf den Zettel gekritzelt. Darunter stand eine Anschrift an der Bay Street.
    »Wer ist Rebecca?«
    »Rebecca Vargas ist eine gute Bekannte«, antwortete er ausweichend. »Sie ist dauernd überall online, kauft stets die neusten elektronischen Gadgets und besitzt eine Villa an der Lagune, in der du ungestört arbeiten kannst. Wie hört sich das an?«
    Sie musterte ihn misstrauisch. Wollte er sie auf den Arm nehmen oder einfach loswerden?
    »Rebecca ist sehr nett«, versicherte er. »Sie freut sich auf dich.«
    Sie brauchte das Netz, aber gleich zu einer Unbekannten ziehen? Sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl dabei.
    »Ich kenne sie nicht«, murmelte sie.
    Frank schmunzelte. »Ich weiß, du bist vorsichtig, aber du kannst ihr vertrauen. Ich kenne Rebecca schon lange.«
    »Wer ist sie?«
    »Sie ist entfernt verwandt mit Rita und etwas jünger als ich. Du wirst schon sehen«, grinste er.
    »Ich kann doch nicht einfach ...«
    »Bei ihr wohnen? Aber sicher kannst du. Sie wohnt allein, ist meist nicht zu Hause und hat beliebig viel Platz. Zudem erwähnte sie etwas von einem neuen System. Du könntest ihr beim Einrichten helfen.«
    Das hörte sich schon vernünftiger an. Diese Rebecca begann sie zu interessieren.
    »Wovon lebt sie?«
    »Sie arbeitet als Bankberaterin, glaube ich.«
    Daher die Kohle , dachte Jen. Die Geschichte klang plausibel. Frank vertraute Rebecca, und sie musste dringend ans Netz.
    »Also gut – Systeme einrichten kann ich.«
    »Dachte ich mir«, lachte er. »In einer Stunde wäre sie zu Hause. Ich fahre dich hin. Sie wohnt nur eine Meile weiter östlich.«
    Das Haus am Ende der Bay Street lag etwas verborgen hinter einer ausladenden Tanne unmittelbar an der Lagune. Mit seinem roten Ziegeldach, dem breiten Kamin, der makellos pastellblauen Fassade und den Sprossenfenstern schlummerte es so behäbig und vornehm in der Nachmittagssonne wie die ganze Gegend. Das Garagentor stand offen. Ein weißes Cabrio stand neben einem Geländewagen. So etwas war zu erwarten, nach dem Wenigen, was sie von Frank erfahren hatte. Das Gerät an der Wand, halb versteckt im Hintergrund, weckte hingegen sofort ihre Neugier. Sie konnte nicht anders: Statt Frank zur Haustür zu folgen, besah sie sich die Entdeckung aus der Nähe. Das aufregende Rot war noch gut zu erkennen unter der dicken Staubschicht. Sie streichelte lächelnd den Kopf der Maschine. Die kantige Verschalung des Scheinwerfers war nicht zu verwechseln.
    »Eine BMW R 100«, flüsterte sie, in Gedanken versunken.
    Mit einem solchen Motorrad hatten T-Rex und sie die ersten Spritzfahrten unternommen. Nachts, wenn das Heim schlief, stahl sie den Schlüssel aus dem Büro des Leiters, und T-Rex zeigte ihr, was man mit einem solchen Bike anstellen konnte.
    »R 100 RS classic«, sagte eine warme Frauenstimme hinter ihr. »Baujahr 1990.«
    Frank hatte maßlos untertrieben. Rebecca war viel jünger als er, kaum älter als sie. Auf jeden Fall sah sie so aus. Jen wich erschrocken zurück, ohne die Augen von der Frau zu

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