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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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geschnappt.«
    »Sie hat ihn gestohlen. Genützt hat ihr der Diebstahl allerdings herzlich wenig. Sie konnte die Verschlüsselung nicht knacken.«
    »Das gelingt nur wenigen«, schmunzelte Jen.
    Auch Pats Mund formte sich zu einem verträumten Lächeln. »Bobby von der IT gab mir das Programm. Ich glaube, er war ein wenig verliebt in mich, der arme Kerl.«
    »Wieso arm?«
    »Ich stehe nicht auf Männer.«
    »Ach so – kann ich verstehen.«
    Pat warf ihr einen forschenden Blick zu, worauf sie eilig die nächste Frage stellte. »Glauben Sie, Don wollte die korrupten Machenschaften in seinem Konzern unter den Teppich kehren? War das der Grund für Ihren ...«
    »Abgang? Sie haben es erfasst. Der Don hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, meine Nase aus der Angelegenheit herauszuhalten. Ich war immerhin die stellvertretende Geschäftsleiterin, der er einen Maulkorb verpasste. Das muss man sich mal vorstellen.«
    Diese Geschichte war vier Jahre alt. Pats Bericht enthielt schwerwiegende Vorwürfe gegenüber vier oder fünf Angehörigen der damaligen Führungsriege. Was war aus diesen Leuten geworden? Wer von ihnen saß heute noch an den Schalthebeln in Don Goodmans Imperium?
    »Alle«, antwortete Pat nüchtern auf ihre Frage.
    »Das ist – unglaublich.«
    Ein spöttisches Lächeln zuckte um Pats Mund. »Sie haben keine große Ahnung von der Arbeit in einem Medienkoloss wie ›TNC‹, nicht wahr?«
    »Erklären Sie es mir.«
    »Marktanteil ist das Zauberwort. Wissen Sie, welchen Marktanteil, gemessen an den Werbeeinnahmen, der Konzern damals hatte, Tageszeitungen, Tabloids, Nachrichtensender?«
    Jen kannte nur ein paar Zahlen von Internet-Giganten.
    »Nahezu dreißig Prozent.«
    »Unmöglich! Google kommt ja nicht mal auf die Hälfte davon.«
    »Offiziell lag der Marktanteil von ›TNC‹ gerade mal bei sechs Prozent.«
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    Pat musterte sie skeptisch. »Sind Sie sicher, das unübersichtliche Gewirr von Dons Firmen und Beteiligungen verstehen zu wollen?«
    »Vielleicht hilft es, die Rolle von Tate und dem Reporter zu verstehen.«
    »Das bezweifle ich, aber Sie geben wohl nie auf. Schade hat mein damaliger Laptop den Geist aufgegeben. Dort würden Sie alle Informationen über die offizielle und inoffizielle ›Trusted News Corp.‹ finden.«
    »Wo ist dieser Computer?«, rief Jen aufgeregt.
    »Er müsste in einer der Archivboxen sein, die seit vier Jahren im Schuppen verstauben. Ich hätte ihn längst entsorgen müssen.«
    Nur das nicht , dachte sie. Pat Farmers Computer war keineswegs tot, stellte sie fest, sobald sie das Netzkabel einsteckte und ihn einschaltete. Die bekannte Startmelodie und Geräusche der Festplatte deuteten auf einen normalen Startprozess hin, nur der Bildschirm blieb schwarz. Sie klaubte das Ethernetkabel aus der Computertasche und verband ihren Laptop mit Pats Zombie. Gespannt wartete sie auf das Symbol für den neuen Knoten in ihrem lokalen Netz. Pats Computer war nicht mehr der Jüngste. Er ließ sich Zeit mit dem Boot-Vorgang, aber schließlich erschien das ersehnte Zeichen auf ihrem Bildschirm. Sie suchte Pat und fand sie im Atelier.
    »Ich brauche Ihre Benutzerkennung und das Passwort.«
    »Wozu?«
    »Um auf die Daten in Ihrem Computer zuzugreifen.«
    »Heißt das, der Schrott läuft wieder?«
    »Immer noch«, korrigierte sie. »Man sieht's nur nicht. Das Grafikboard ist wahrscheinlich ausgestiegen.«
    »Was Sie nicht sagen«, murmelte Pat, den Kopf schüttelnd. Sie schrieb etwas auf einen Zettel. »Versuchen Sie es damit. Eines dieser Passwörter müsste funktionieren.«
    Jen hatte Glück. Pats Harddisk erschien als weiteres externes Laufwerk auf ihrem Laptop. Tausende intimer Einzelheiten aus dem Machtzentrum von Don Goodmans Medienkonzern lagen offen vor ihr. Budgets, Umsatzzahlen, Monatsberichte in interner und externer Ausfertigung, Korrespondenz, Projektpläne, Strategiepapiere, Rechenschaftsberichte, Verträge, E-Mails, eine bodenlose Schatztruhe, die Pats Leben bei ›TNC‹ widerspiegelte wie ›Titan‹ ihr eigenes Hackerleben. Jen hatte viel von Emma gelernt, wenn es darum ging, riesigen Datenmengen die Information zu entlocken, die sie suchte. Sie wollte sich zuerst einen Überblick über den Konzern verschaffen. Dazu genügten einige wenige Programmzeilen in einem Script, das die internen Berichte nach Firmennamen absuchte und nach Kategorien und Häufigkeit der Referenzen ordnete.
    Das Resultat verblüffte sie so sehr, dass sie an ihrem Code

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