Shutter Island
gemacht hast. Du bist von der Arbeit gekommen. Du bist zur Wohnung auf der Buttonwood gefahren. Nein, nein. Nicht auf der Buttonwood. Die Wohnung ist abgebrannt, weil Laeddis sie in Brand gesetzt hat. Nein, nein. Wo wohnst du noch mal? Herrgott. Er hatte das Haus vor Augen. Ja, genau. Die Wohnung in der … in der … Castlemont. Genau. Castlemont Avenue. Am Fluss.
Gut, okay. Ruhig bleiben. Du bist in die Wohnung auf der Castlemont gefahren, hast was gegessen, Milch getrunken und bist ins Bett gegangen. Richtig? Richtig.
»Was ist hiermit?«, fragte Cawley. »Konnten Sie schon einen Blick auf das hier werfen?«
Er schob Laeddis’ Aufnahmeformular über den Tisch.
»Nein.«
»Nein?« Cawley pfiff vor sich hin. »Deswegen sind Sie doch hergekommen. Wenn Sie den Zettel Senator Hurly zeigen würden – der Beweis für den 67. Patienten, den es, wie wir behaupten, nicht gibt –, würde uns das Dach vom Kopf fliegen.«
»Stimmt.«
»Verdammt, ja, das stimmt. Und trotzdem hatten Sie in den vergangenen vierundzwanzig Stunden keine Minute Zeit, einen kurzen Blick drauf zu werfen?«
»Noch mal: Es war alles ein bisschen –«
»Hektisch, ja. Verstehe ich. Nun, dann sehen Sie es sich jetzt an.«
Teddy las den betreffenden Namen, das Alter, das Datum der Aufnahme von Laeddis. Unter »Kommentar« stand:
Hoch intelligenter Patient mit starken Wahnvorstellungen . Hohes Gewaltpotenzial . Äußerst leicht erregbar . Zeigt keine Reue für seine Tat , sondern verdrängt sie . In seiner Erinnerung hat es die Tat nie gegeben . Hat sich eine höchst komplizierte , penibel durchdachte Vorstellungswelt erschaffen , die ihn derzeit daran hindert , sich seiner Tat zu stellen .
Darunter eine Unterschrift: Dr. L. Sheehan.
»Hört sich ganz richtig an«, sagte Teddy.
»Ganz richtig?«
Teddy nickte.
»In Bezug auf wen?«
»Auf Laeddis.«
Cawley erhob sich. Er ging zur Wand und zog ein Laken herunter.
In fünfzehn Zentimeter großen Druckbuchstaben standen dort vier Namen:
EDWARD DANIELS – ANDREW LAEDDIS RACHEL SOLANDO – DOLORES CHANAL
Teddy wartete, aber Cawley wartete offenbar auch, und so sprach eine geschlagene Minute lang keiner von beiden.
Schließlich sagte Teddy: »Ich nehme an, Sie wollen mir was sagen.«
»Sehen Sie sich die Namen an.«
»Ich sehe sie.«
»Ihr Name, der Name von Patient Nr. 67, der Name der Vermissten und der Ihrer Ehefrau.«
»Hm, ja. Ich bin ja nicht blind.«
»Da haben Sie das Gesetz der 4«, sagte Cawley.
»Wie denn das?« Teddy rieb sich die Schläfe, wollte den Draht fortmassieren.
»Na, Sie sind doch das Genie im Codebrechen. Sagen Sie’s mir.«
»Was soll ich Ihnen sagen?«
»Was haben die Namen Edward Daniels und Andrew Laeddis gemeinsam?«
Eine Weile betrachtete Teddy seinen Namen und den von Laeddis. »Sie haben beide dreizehn Buchstaben.«
»Ja, stimmt«, sagte Cawley. »Stimmt genau. Was noch?«
Teddy starrte sie an. »Nichts.«
»Och, ich bitte Sie.« Cawley zog den Laborkittel aus und legte ihn über die Stuhllehne.
Teddy versuchte sich zu konzentrieren, dieses Gesellschaftsspiel langweilte ihn schon jetzt.
»Lassen Sie sich Zeit.«
Teddy betrachtete die Buchstaben, bis ihre Ränder begannen, sich aufzulösen.
»Fällt Ihnen noch irgendwas auf?«
»Nein. Ich sehe nichts. Nur dreizehn Buchstaben.«
Mit dem Handrücken schlug Cawley gegen das Laken. »Ich bitte Sie!«
Teddy schüttelte den Kopf. Ihm war schlecht. Die Buchstaben hüpften.
»Konzentrieren Sie sich!«
»Ich konzentriere mich.«
»Was haben diese Buchstaben gemeinsam?«, fragte Cawley.
»Ich kann nicht … Es sind jeweils dreizehn. Dreizehn.«
»Was noch?«
Teddy starrte die Buchstaben an, bis sie ineinander übergingen. »Nichts.«
»Nichts?«
»Nein, nichts«, sagte Teddy. »Was soll ich denn sagen? Ich kann nichts sagen, das ich nicht weiß. Ich kann nicht –«
Cawley schrie: »Es sind dieselben Buchstaben!«
Teddy beugte sich vor, damit die Buchstaben nicht mehr tanzten. »Was?«
»Es sind dieselben Buchstaben.«
»Nein.«
»Die Namen sind Anagramme.«
»Nein«, sagte Teddy wieder.
»Nein?« Cawley runzelte die Stirn und fuhr mit der Hand über die Namen. »Das sind exakt dieselben Buchstaben. Sehen Sie her. Edward Daniels. Andrew Laeddis. Dieselben Buchstaben. Sie sind ein Meister im Dechiffrieren, im Krieg haben Sie sogar überlegt, ob Sie nicht Codebrecher werden sollten, stimmt’s? Jetzt sehen Sie her und sagen Sie mir, dass das nicht dieselben Buchstaben
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