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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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tippte mit dem Stift auf seinen Notizblock. »Wer soll das schon wieder sein?«
    »Wie sie heißt, weiß ich nicht«, erwiderte Teddy, »aber sie hat früher mit Ihnen gearbeitet.«
    »Aha. Und was genau hat sie Ihnen erzählt?«
    »Dass es vier Tage dauert, bis die Neuroleptika im Blut eine Konzentration erreichen, die sich bemerkbar macht. Sie hat den trockenen Mund, die Kopfschmerzen und das Zittern vorausgesagt.«
    »Kluge Frau.«
    »Hm.«
    »Das kommt aber nicht von Neuroleptika.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Wovon denn dann?«
    »Vom Entzug«, sagte Cawley.
    »Was für ein Entzug?«
    Cawley grinste wieder, schaute gedankenverloren, schlug den letzten Eintrag in Teddys Notizbuch auf und schob es ihm über den Tisch zu.
    »Das ist doch Ihre Handschrift, oder?«
    Teddy warf einen Blick darauf. »Ja.«
    »Die letzte Geheimbotschaft?«
    »Ja, das ist ein Code.«
    »Aber Sie haben ihn noch nicht entschlüsselt.«
    »Ich hatte keine Zeit. War ein bisschen hektisch, falls Ihnen das entgangen sein sollte.«
    »Klar, natürlich.« Cawley tippte auf das Blatt. »Haben Sie Lust, ihn jetzt zu knacken?«
    Teddy betrachtete die acht Zahlen und Buchstaben:
     
    20(T) – 5(E) – 4(D) – 19(S) – 2(B) – 18(R) – 21(U) – 9(I)
     
    Ein Draht stach ihm von hinten ins Auge.
    »Ich bin im Moment nicht besonders gut drauf.«
    »Aber es ist nicht schwer«, sagte Cawley. »Nur acht Buchstaben.«
    »Ich möchte warten, bis mein Kopf nicht mehr dröhnt.«
    »Gut.«
    »Was für ein Entzug?«, fragte Teddy. »Was haben Sie mir gegeben?«
    Cawley ließ die Fingerknöchel knacken und lehnte sich mit einem erschaudernden Gähnen auf dem Stuhl zurück. »Chlorpormazin. Hat so seine Nebenwirkungen. Leider ziemlich viele. Es gefällt mir nicht so richtig. Vor den neuesten Zwischenfällen hatte ich vor, Sie auf Imipramin umzustellen, aber das ist jetzt wohl nicht mehr möglich.« Cawley beugte sich vor. »Normalerweise bin ich kein großer Anhänger der Pharmakologie, aber in Ihrem Fall sehe ich keine andere Möglichkeit.«
    »Imipramin?«
    »Manche nennen es auch Tofranil.«
    Teddy lächelte. »Und Chlorpro…«
    »…mazin.« Cawley nickte. »Chlorpromazin. Das haben Sie momentan im Blut. Es verursacht die Entzugserscheinungen. Wir haben es Ihnen die letzten zwei Jahre verabreicht.«
    »Die letzten was?«, fragte Teddy.
    »Zwei Jahre.«
    Teddy musste schmunzeln. »Hören Sie, ich weiß, dass Sie wirklich großen Einfluss haben. Sie müssen nicht derartig übertreiben.«
    »Ich übertreibe überhaupt nichts.«
    »Sie haben mich zwei Jahre mit Drogen behandelt?«
    »Ich bevorzuge den Ausdruck ›Medikamente‹.«
    »Und da hatten Sie einen auf der Dienststelle in Boston, der für Sie gearbeitet hat, oder wie? Der mir jeden Morgen was in den Kaffee getan hat? Oder warten Sie, vielleicht haben Sie einen in dem Zeitungsladen sitzen, wo ich jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit meinen Kaffee hole. Das wäre einfacher. Sie haben also seit zwei Jahren einen in Boston, der mir Drogen unterschiebt.«
    »Nicht in Boston«, sagte Cawley ruhig. »Hier.«
    »Hier?«
    Er nickte. »Hier. Sie sind seit zwei Jahren hier. Als Patient dieser Einrichtung.«
    Nun hörte Teddy die Flut kommen. Wütend warf sie sich gegen die Steilklippen. Er faltete die Hände, um das Zittern zu unterdrücken, und versuchte, das Pochen hinter den Augen zu ignorieren, das immer heißer und drängender wurde.
    »Ich bin ein Marshal der Bundesregierung«, sagte Teddy.
    »Sie waren mal ein Marshal der Bundesregierung«, korrigierte Cawley.
    »Ich bin einer«, entgegnete Teddy. »Ich bin Marshal der Vereinigten Staaten. Am Montagmorgen, den 22. September 1954, hab ich mich in Boston auf den Weg gemacht.«
    »Wirklich?«, sagte Cawley. »Dann erzählen Sie mir mal, wie Sie zur Fähre gekommen sind. Sind Sie mit dem Auto gefahren? Wo haben Sie geparkt?«
    »Ich hab die U-Bahn genommen.«
    »Die U-Bahn fährt nicht bis zum Anleger.«
    »Bin in einen Bus umgestiegen.«
    »Warum sind Sie nicht selbst gefahren?«
    »Das Auto ist in der Werkstatt.«
    »Aha. Und am Tag davor, am Sonntag? Können Sie sich noch an den Sonntag erinnern? Können Sie mir erzählen, was Sie da gemacht haben? Können Sie mir irgendwas über den Tag erzählen, bevor Sie auf der Toilette der Fähre aufgewacht sind?«
    Das konnte Teddy. Nun, er hätte es gekonnt, aber der verfluchte Draht in seinem Kopf bohrte sich von hinten durch seine Augen in die Nebenhöhlen.
    Also gut. Erinnere dich. Sag ihm, was du Sonntag

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