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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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versteht man unter Psychopharmakologie?«, wollte Chuck wissen.
    »Gerade ist ein neues Medikament zugelassen worden – es heißt Lithium –, das psychotische Patienten ruhig stellt, sie sozusagen bändigt. Damit sollen Fußfesseln der Vergangenheit angehören. Ketten, Handschellen – alles angeblich bald überflüssig. Sogar Gitter, behaupten die Optimisten jedenfalls. Die Vertreter der alten Schule sind natürlich überzeugt, dass sich die Psychochirurgie durch nichts ersetzen lässt, aber die neue Schule ist stärker, glaube ich, und sie hat mehr Geld im Rücken.«
    »Woher kommt das Geld?«
    »Von pharmazeutischen Unternehmen natürlich. Kaufen Sie Aktien, meine Herren, dann können Sie sich irgendwann eine Insel leisten. Neue Schule, alte Schule – mein Gott, manchmal schwadroniere ich wirklich herum.«
    »Zu welcher Schule gehören Sie denn?«, fragte Teddy freundlich.
    »Ob Sie’s glauben oder nicht, Marshal, aber ich vertraue auf Gesprächstherapie, auf grundlegende zwischenmenschliche Kommunikation. Ich vertrete den ausgesprochen radikalen Ansatz, dass man vielleicht an einen Patienten herankommt, wenn man ihn mit Respekt behandelt und sich anhört, was er zu sagen hat.«
    Wieder das Geheul. Dieselbe Frauenstimme, meinte Teddy zu hören. Sie schob sich zwischen die Gestalten auf der Treppe und schien Cawley abzulenken.
    »Und die Patienten hier?«, warf Teddy ein.
    Cawley lächelte. »Nun, ja, viele Patienten hier müssen medikamentös behandelt werden, manche müssen sogar fixiert werden. Keine Frage. Aber damit begibt man sich auf Glatteis. Wenn das Gift einmal in den Brunnen gelangt ist, wie bekommt man es dann wieder heraus?«
    »Gar nicht«, sagte Teddy.
    Cawley nickte. »Genau. Was der letzte Ausweg sein sollte, wird allmählich zur Standardreaktion. Ja, ich weiß, ich bringe die Bilder durcheinander. Die Augen zumachen«, sagte er zu Chuck. »Stimmt. Beim nächsten Mal versuche ich’s damit.«
    »Hab gehört, es soll Wunder wirken«, entgegnete Chuck. Sie stiegen die letzte Treppe hinauf.
    In Rachels Zimmer ließ sich Cawley schwer auf die Bettkante sinken. Chuck lehnte sich gegen die Tür und sagte: »Hey, wie viele Surrealisten braucht man, um eine Glühbirne einzudrehen?«
    Cawley sah ihn an. »Ich gebe auf. Wie viele?«
    »Fisch«, sagte Chuck und stieß ein helles Lachen aus.
    »Sie werden auch noch irgendwann erwachsen, Marshal«, sagte Cawley. »Oder?«
     
    »Da hab ich so meine Zweifel.«
    Teddy hielt sich das Blatt Papier vor die Brust und tippte dagegen, damit die anderen ihm zuhörten. »Sehen wir es uns noch mal an.«
     
    DAS GESETZ DER 4
     
    ICH BIN 47
    SIE WAREN 80
     
    + IHR SEID 3
     
    WIR SIND 4
    ABER
    WER IST 67?
     
    Nach einer Weile sagte Cawley: »Ich bin zu müde, Marshal. Ich verstehe nur Bahnhof. Tut mir Leid.«
    Teddy sah Chuck an. Chuck schüttelte den Kopf.
    »Das Pluszeichen hat mich auf die richtige Spur gebracht«, erklärte Teddy. »Das hat mir keine Ruhe gelassen. Hier, der Strich unter ›Sie waren 80‹. Er bedeutet, dass wir die beiden Zeilen addieren sollen. Was ergibt das?«
    »Einhundertsiebenundzwanzig.«
    »Eins, zwei und sieben«, sagte Teddy. »Genau. Jetzt nehmen wir die 3 dazu. Aber dazwischen ist eine Leerzeile. Rachel möchte, dass wir die Zahlen einzeln lesen. Also haben wir eins plus zwei plus sieben plus drei. Was ergibt das?«
    »Dreizehn.« Cawley richtete sich ein wenig auf.
    Teddy nickte. »Hat die Zahl dreizehn eine besondere Bedeutung für Rachel Solando? Wurde sie an einem Dreizehnten geboren? Hat an einem geheiratet? Ihre Kinder am Dreizehnten umgebracht?«
    »Das muss ich nachsehen«, sagte Cawley. »Aber die dreizehn ist für viele Schizophrene von Bedeutung.«
    »Warum?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Aus demselben Grund wie bei gesunden Menschen. Man glaubt, sie bringt Unheil. Die meisten Schizophrenen leben in einem permanenten Zustand der Angst. Ein auffälliges Symptom dieser Krankheit. Viele Schizophrene sind auch äußerst abergläubisch. Womit wir wieder bei der dreizehn wären.«
    »Dann ergibt es einen Sinn«, sagte Teddy. »Sehen wir uns die nächste Zahl an. Vier. Zählt man eins und drei zusammen, ergibt es vier. Aber eins und drei nebeneinander?«
    »Dreizehn.« Chuck löste sich von der Wand und blickte mit seitlich geneigtem Kopf auf das Blatt.
    »Und die letzte Zahl«, sagte Cawley. »Siebenundsechzig. Sechs und sieben ergibt dreizehn.«
    Teddy nickte. »Das ist nicht das Gesetz der vier, sondern das Gesetz der

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