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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war.
    »An neue Attentate denken sie?« fragte Walja, die sofort die Lage überblickte. »Igor, was sagst du dazu?«
    »Möglich ist alles«, wich Jugorow aus.
    »Natürlich ist alles möglich!« bellte Schemjakin ärgerlich. »Aber schwer wird's ihnen jetzt gemacht. Patrouillen werden jede Nacht die wichtigsten Gebäude überwachen. Mit Hunden werden sie losgehen. Nicht eine Maus kann mehr über die Wege laufen. Aus Tobolsk werden zehn Hunde zu uns kommen. Große, kräftige, fabelhaft dressierte Tiere. Schäferhunde, von deutschen Zuchttieren.«
    »Auch das noch!« sagte Jugorow zweideutig. »Müssen es deutsche sein? Hat Rußland keine eigenen Hunde?«
    »Die besten sind sie auf der Welt, das ist nun mal so.« Schemjakin ging ins Bad, wusch sich die Hände und das Gesicht und kam zurück. Olga Walerinowna trug das Essen auf. Zuerst den Kartoffelauflauf, dann die flachen, goldbraunen, herrlich duftenden Hähnchen, schließlich zum Nachtisch eine Charlottka, eine Cremespeise mit Löffelbiskuits. Wohl bekomm's, Genossen.
    »Habt ihr gehört, in Lebedewka soll ein Mann verschwunden sein. Masuk, ein Schmied. War plötzlich weg.«
    »Der Mann von Svetlana Victorowna, der Geisel?«
    »Muß wohl, wenn's nur einen Masuk in Lebedewka gibt. Vor einem Rätsel steh'n sie alle. Jetzt suchen sie die Sümpfe ab, ob er dort ertrunken ist.«
    In Walja krampfte sich der Magen zusammen. Vom Tisch stand sie auf, bleich und mit verzerrtem Gesicht, und rannte hinaus. Sofort erhob sich auch Jugorow, rief: »Ich sehe nach, was sie hat!« und lief ihr nach. In ihrem Zimmer fand er sie, über das Bett geworfen, die Finger in die Bettdecke verkrallt.
    »Walja …«, sagte er beruhigend, »Walja …«, und streichelte ihren Nacken.
    »Wenn … wenn sie ihn finden!« stammelte Walja. »Wenn sie sehen, daß er erschossen wurde …«
    »Sie können ihn nicht finden.«
    »Mit langen Stangen werden sie die Sümpfe abtasten.«
    »Nicht dort, wo Masuk liegt. Den Weg dorthin kennen nur die Trofimows.«
    »Man wird sie fragen.«
    »Und Soja wird antworten: Ihr kennt die Sümpfe so gut wie ich. Was kann ich euch da noch helfen. Walja, sie finden Masuk nie!«
    »Ich habe Angst, Igor«, stammelte sie. »Angst – Angst –«
    »Wichtig ist nur, daß wir die Nerven behalten. In einigen Tagen spricht niemand mehr davon. Nur das Rätsel bleibt, und mit dem können wir leben.«
    »Wer ist so stark wie du!« sagte sie und richtete sich auf. Er rieb ihr über das Gesicht und tupfte ihre Augen aus. »Du mußt mir beibringen, wie man kaltblütig wird.«
    »Wir werden weggehen, Walja. Weit weg, wo niemand uns vermutet und sucht, Südamerika, Australien, eine Südsee-Insel … irgendwo …«
    »Wann, Igor, wann?«
    »Im nächsten Jahr. Nach der Eisschmelze vielleicht. Auch einen anderen Namen werden wir haben.«
    »Wie heißen wir dann?«
    »Gefällt dir Rudolf Hallburg?«
    »Das ist deutsch! Nein!«
    »Dann James Conrad … das ist amerikanisch.«
    »Auch nicht amerikanisch!«
    »Wie wär's mit Charles Bélicourt … französisch …«
    »Gibt es in Rußland nicht genug Namen, Igor?«
    »Dort, wo wir leben, ist ein russischer Name keine Empfehlung. Nicht nur neugierig macht er, verdächtig ist er sofort.«
    »Was hat die Welt nur gegen uns? Müssen wir dort leben, wo man keine Russen mag?«
    »Wir müssen es. Wir wollen doch in Freiheit leben, die Welt offen vor uns … Walja, wenn wir hier weggehen vom Tobol, dann mußt du vergessen, daß du eine Russin bist.«
    »Wie kann man das?« Sie sah ihn mit weiten, suchenden Augen an. »Wie kann ein Russe vergessen, daß er ein Russe ist?! Können das andere denn?«
    »In Westeuropa – ja. Die Deutschen an der Spitze. Amerikaner werden sie, Australier, Neuseeländer, Kanadier. Und in ein paar Jahren vergessen sie gar ihre deutsche Abstammung so sehr, daß sie Mühe haben, deutsch zu reden.«
    »Ein merkwürdiges Volk, die Deutschen!« sagte Walja und fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch die Haare. »Ein unheimliches Volk … nie möchte ich da leben …«
    Jugorow antwortete darauf nicht. Außerdem klopfte es an der Tür, und Olga Walerinowna fragte besorgt: »Was ist mit dir, Waljaschka?«
    »Ein wenig Übelkeit!« rief Jugorow zurück. »Keine Sorge … wir kommen an den Tisch zurück.«
    »Ich kann nichts essen. Nicht einen Bissen. Ich kann jetzt kein Essen sehen!« Walja stand auf, ging zum Spiegel und sah sich an. »Wie häßlich bin ich über Nacht geworden«, sagte sie leise.
    »Das schönste Mädchen bist

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