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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das. Endgültig.
    »Zwei Geologen werden nachher zu dir kommen«, sagte Jugorow zu Korolew. »Krasnikow und Meteljew heißen sie.« Jugorow hatte Korolew aus dem Bett geholt. Noch recht verschlafen wirkte er, saß herum mit stieren Augen und verfluchte innerlich den Wodka, den er am Abend vorher mit Schagin getrunken hatte. Einen Anlaß, sich zu besaufen, gab es immer; dieses Mal hatten sie darauf getrunken, daß Jugorows Dynamitanschlag gelingen möge und die richtige Wirkung zeige. »Sie werden zu dir kommen, um dich zu fragen, wo man die Geiseln am sichersten verstecken kann.«
    »Wen, he?« fragte Korolew und schüttelte seinen Kopf wie ein nasser Hund, aber die Dumpfheit in seinem Hirn verjagte er damit nicht. »Wieso Geiseln?«
    »Heute nacht werden wir sie befreien.«
    War's das Wort ›befreien‹? Jedenfalls war Korolew plötzlich von einer unbelasteten Klarheit. »Ihr holt sie raus?« rief er. »Igor Michailowitsch, wenn das gelingt …«
    »Es muß gelingen. Vor allem Beljakow muß in Sicherheit sein. Dienstag kommt ein Sondergericht nach Nowo Gorodjina, um ihn als Mörder zum Tode zu verurteilen.«
    »Das möchten sie – aber so schnell geht das nicht. Berichten werde ich ihnen, wie's wirklich war. Daneben stand ich, ja, als Nasarow …«
    »Ihr werdet nicht sprechen können, Korolew. Man läßt euch gar nicht vors Gericht. Nur eine Aussage gibt es, und zwar die von Nasarow …« Ob's dazu kommen wird? dachte Jugorow, als er das sagte. Wird Nasarow, zerschlagen wie er ist, vor das Gericht treten? Die blutigen Striemen im Gesicht – die am Unterleib sieht man ja nicht –, wie will er die erklären? Wird der Prozeß verschoben, bis Nasarow seine Krankheit – man wird natürlich melden, er sei krank geworden – überwunden hat? War für ihn Jugorow jetzt nicht wichtiger geworden als Beljakow? »Uns bleibt nur eins«, fuhr Jugorow fort, »wir müssen Beljakow aus dem Lager holen. Das kann gelingen, aber wohin dann mit ihm? Natürlich wird man Lebedewka durchsuchen, kein Eckchen wird man auslassen. Wo ist Beljakow sicher?«
    »In der Kirche!« Korolew lächelte breit. »Wo man Dynamit versteckt, kann auch ein Mann verschwinden. Schagin wird das schon machen.«
    »Beljakow gewiß; aber die neun anderen?«
    »Das ist eine böse Frage. Ja, wohin mit ihnen? Zehn Menschen zaubert auch Schagin nicht weg. Wohin?«
    »Einen Vorschlag hab ich.« Jugorow ging in die Küchenecke, sah einen Topf mit kalter Milch stehen und nahm einen langen Schluck. Korolew beobachtete ihn mit verzerrtem Mund.
    »Milch trinkt er«, sagte er, als sei ihm speiübel. »Milch … ich darf nicht hinsehen …«
    »Wir bringen alle zehn zu Trofimow, ins Schwarze Haus.«
    »Ha!« Korolew zuckte hoch, als habe man ihn geschlagen. »Zu Trofimow? Igor Michailowitsch, dann hat es keinen Sinn, die Geiseln zu befreien. Nicht einer von ihnen wird das Schwarze Haus betreten. Und Trofimow müßtest du erst erschlagen, sonst kommt sowieso kein Fremder hinein.«
    »Zu Trofimow fahre ich gleich weiter. Das wird man regeln.«
    »Nie wird Svetlana Victorowna unter einem Dach mit Soja wohnen. Nie! Nie! Es sei denn, sie bringen sich gegenseitig um.«
    »Auch das wird man verhindern können.« Jugorow nahm zum großen Schaudern von Korolew noch einen Schluck von der kalten Milch. »Das Wichtigste erfordert von dir viel Geschick. Krasnikow und Meteljew sind keine Geologen …«
    »KGB …«, sagte Korolew mit gedämpfter Stimme. »Eingeschleust, um uns zu überwachen. Ich hab' mir so was schon gedacht.«
    »Das glaube ich nicht. Die feinsten elektronischen Geräte haben sie mitgebracht. Und Krasnikow hat sich mit Nasarow angelegt – das ist nicht die Art des KGB.«
    »Wer sonst?«
    »Ich weiß es nicht. Die ganzen Tage denke ich darüber nach: Für wen, außer dem KGB, sind wir interessant? Wer könnte uns verfolgen? Sicher ist nur: Krasnikow und Meteljew zeigen sich als Freunde, als die Befreier der zehn Geiseln, und jeder hier in Lebedewka wird sie an seine Brust ziehen, küssen und ihnen danken. Nicht einer, selbst ich nicht, wenn ich's nicht besser wüßte, würde ihnen mißtrauen. Und genau das ist ihr Ziel: Vertrauen, Freundschaft, offene Herzen … bis sie gefunden haben, wonach sie suchen.«
    Korolew starrte Jugorow warnend an. »Und das bist du, Igor Michailowitsch. Dich suchen sie.«
    Jugorow nickte, trat an das Fenster und blickte hinaus in den Morgen. Mit Karren, vor denen die kleinen struppigen Pferde gespannt waren, fuhren die Bauern zu ihren

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