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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und wurde von diesem verbunden. Vorher hatte der Sanitäter schwören müssen, nichts verlauten zu lassen. Dann erst wurde ich gerufen, und der Genosse Major übergab mir das Kommando für heute und vielleicht auch morgen. Wer hätte es gewagt, den Major Näheres zu fragen? Sie alle kennen ihn … kannten ihn doch!«
    »Auswickeln!« sagte Walja hart und sah den verlegenen Sanitäter der Truppe an. »Sie wollen nichts sagen?«
    »Einen Schwur habe ich getan, Genossin Ärztin«, stotterte der Sanitäter.
    »Vor einem Lebenden! Jetzt ist er tot.«
    »Ich sage nur aus vor einem Vorgesetzten … vor den Offizieren aus Tobolsk.«
    »Das kann Ihnen eine Strafversetzung einbringen!« entgegnete Meteljew hart. Erst jetzt machte er sich Gedanken darüber, warum Nasarow so bewegungslos im Bett gelegen hatte, Verbände am ganzen Körper, das Gesicht voller Pflaster. »Welche Verletzungen hat der Major?«
    »Das sehen wir gleich«, unterbrach ihn Walja nüchtern. »Die Mumie wird ausgewickelt.«
    Nach einer Viertelstunde, als Nasarow nackt auf dem Bett lag, sahen sie alle, wie schrecklich er zugerichtet worden war. Selbst Jugorow, der neben Walja stand, war betroffen über die Wunden, die er mit der Peitsche geschlagen hatte. Der Unterkörper vor allem war übersät mit dicken, aufgequollenen Striemen, an vielen Stellen war die Haut geplatzt und das rohe Fleisch kam hervor, auch das Gesicht war zerhauen … Was auch immer geschehen war, Nasarow mußte fürchterlich gelitten haben. Selbst Meteljew sagte mit trockener Kehle:
    »Wie hat er das bloß überlebt?«
    »Eine Peitsche war's.« Krasnikow zeigte ungerührt auf die Verletzungen am Unterleib. »Sieh dir das an, Igor Michailowitsch! So etwas kann man nur mit einer Lederpeitsche machen.«
    »Möglich. Wie soll ich's beurteilen? Hab keine Erfahrung darin.« Jugorow sah Walja zu, wie sie den Toten untersuchte, und fragte sich, was man da noch feststellen konnte. »Ist er … ist er an diesen Verletzungen gestorben?«
    »Nein«, sagte Walja und richtete sich wieder auf. »Fleischwunden sind es, daran stirbt man nicht.«
    »Der Schock!« warf Meteljew ein.
    »Er ist nach Hause gefahren und hat sich von dem Sanitäter behandeln lassen; das ist keine Schockreaktion. Sein Herz muß versagt haben. Ein Infarkt. Da brennt unser halbes Lager ab, und er muß hier liegen und kann nichts tun. Das dürfte ihn umgebracht haben, das hat sein Herz nicht mehr verkraftet.«
    »Hatte er überhaupt ein Herz?« fragte Jugorow in die plötzliche Stille hinein.
    »Anatomisch selbstverständlich.« Walja winkte, der Sanitäter zog ein Bettuch über Nasarows nackten, zerschlagenen Körper. »Die wahre Todesursache kann erst eine Obduktion klären. Sicher ist nur eins: das war ein Schlag, der uns alle trifft. Die Magazine und die Küche explodieren, die Geiseln werden befreit, zwei Posten werden erschossen, Nasarow wird mit einer Peitsche übel zugerichtet, dann stirbt er … woran, das wissen wir erst in ein paar Tagen. Nur eines wissen wir jetzt ohne Zweifel: In unserer unmittelbaren Nähe hockt ein Gegner, der uns systematisch vernichten will – und wird!«
    »Er wird es nicht, Walja Borisowna«, sagte Krasnikow beruhigend. »Bloß jetzt keine Panik! Igor Michailowitsch und seine Hundemeute werden das Lager sicherer machen, wir alle werden die Augen offenhalten, und Lebedewka wird bis zum letzten Winkel durchsucht. Nicht ein einziger Strohhalm wird liegenbleiben … Liebe Freunde, keine Panik! Jetzt brauchen wir alle einen klaren Kopf …«
    Nebenan, im Schreibzimmer Nasarows, saß Niktin auf einem Stuhl, ließ die Arme hängen und war ein gebrochener Mensch. In seiner Hosentasche knisterte der Zettel, und keiner konnte Nasarow mehr fragen, ob die Anschuldigungen Wahrheit waren oder eine niederträchtige Verleumdung, ein hinterhältiger Schlag auf Niktins Seele, von dem es keine Erholung mehr gab. Nehmen wir an, es ist alles Lüge, Maja Petrowna hat wirklich Pilze und Beeren gesammelt im Wald – dann blieb trotzdem noch der kleine Leberfleck am linken Oberschenkel, Innenseite, ganz oben … Wer hatte das gesehen, was selbst der eigene Ehemann noch nicht kannte?
    Er zuckte zusammen, als Krasnikow ins Zimmer kam und sich drohend vor ihm aufbaute. Mit gekrauster Stirn sah er Niktin an und räusperte sich ein paarmal, ehe er sprach.
    »Nasarow ist tot«, sagte er.
    »Das ist nichts Neues. Ich habe ihn ja gefunden«, antwortete Niktin etwas verwirrt von dieser allgemein bekannten Feststellung.
    »Sagen

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