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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allesumfassende Armbewegung.
    »Sie wird stehenbleiben, deine Kirche«, sagte er dann. »Ich brenne sie nicht ab.«
    »Das dürftest du auch gar nicht.«
    »Dürfen!« Nasarow lachte kurz und hart. »Wer kümmert sich hier um das Dürfen, sag mir das! Wen kümmert's, ob in Lebedewka eine Kirche abbrennt? Wer verschwendet auch nur ein Blättchen Papier für einen Bericht darüber? Wer will's lesen? Wer wird's verurteilen? Soviel Mühe wegen einer Bauernkirche! Wo liegt sie denn? In Lebedewka? Genossen, wo ist denn das? In den Sümpfen und Wäldern südöstlich von Tjumen? Am Tobol? Oje, Genossen, laßt uns damit in Ruhe. Genug Holz haben sie ja … sollen sich eine neue Kirche bauen, wenn es unbedingt eine Kirche sein muß.« Nasarow schlug die flachen Hände gegen seine Schenkel. »Na, ist es nicht so, Pope? Du bekommst die Schläge, ich lasse deine Kirche stehen … ist das ein ehrliches Geschäft?!«
    »Man muß es annehmen.« Schagin hob die Schultern und breitete die Arme aus. »In einer schlechten Zeit frißt der Wolf auch Würmer.«
    Nasarow lachte rauh, verließ die Kirche und trat hinaus auf den Marktplatz. Ein eifriger Leutnant wartete bereits auf ihn, stürzte auf ihn zu, grüßte zackig und meldete:
    »Sie stehen alle auf der Straße, Genosse Major. Keiner mehr in den Häusern. Waffen wurden nicht gefunden, nur die üblichen Jagdgewehre. Ein alter Mann liegt auf der Straße und will sterben. Zwei Frauen fielen in Ohnmacht. Der Soldat Oleg Nikolajewitsch Kulinitsch wurde dabei überrascht, wie er eine Frau vergewaltigen wollte. Er ist im Wagen 2 eingeschlossen worden.«
    »Danke, Ilja«, sagte Nasarow zufrieden. »Bring Kulinitsch hierher auf diesen Platz und außerdem irgendeinen Mann aus dem Dorf, bei dem man ein Gewehr gefunden hat. Alle anderen bleiben bei ihren Häusern stehen und rühren sich nicht.«
    »Sofort, Genosse Major.« Ilja, der junge Leutnant, grüßte wieder stramm und lief davon.
    Der Tag war nun aufgezogen, ein etwas trüber Tag mit einem milchigen Himmel, in dem die Sonne schwamm. Warm war es trotzdem, eine schwere Hitze, beladen mit dem Dunst aus den Sümpfen, der nicht abziehen konnte in die unendliche Weite. Es wäre ein guter Tag gewesen für den noch herumliegenden Rest des Heues, für Arbeiten an den Häusern und Ställen, denn wenn erst der Herbstregen wie aus Eimern herunterfiel und schnell darauf die Kälte mit dem Schnee, war es zu spät, die Häuser für den langen Winter vorzubereiten. Auch das Holz mußte geschnitten und gespalten werden, die Scheite für das Herz jeder Behausung, den Ofen. Die Frauen mußten Kraut und Gurken einsalzen, Pilze und Beeren marinieren, Marmeladen einkochen und die Beeren- und die Birkenweine ansetzen; geschlachtet und gepökelt sollte werden … viel war noch zu schaffen, und jeder Tag mit einem ruhigen Himmel war wertvoll, ein Geschenk der Natur – aber was mußte man statt dessen tun? Herumstehen! Die Hände in den Nacken legen und mit verbissenem Gesicht abwarten, was ein Major seinem Trüppchen befahl!
    Nasarow zog die Augenbrauen zusammen, als man einen älteren Mann zu ihm führte. Zwei Rotarmisten trieben ihn mit Stößen ihrer Kalaschnikows vor sich her, er schwankte ein wenig, schon vorher mußte man ihn geschlagen haben – und so war es auch, denn als er vor Nasarow stand, sah man, daß sein Gesicht geschwollen und aus der Form geraten war.
    »Ach nein, wen haben wir denn da?« fragte Nasarow mit dickem Spott. »Ist's einer, der nicht erwarten kann, schnell die Wahrheit zu sagen? Tropft ihm die Angst schon in die Hose?«
    »Er wollte Sie unbedingt sprechen, Genosse Major«, sagte einer der Rotarmisten. »Geschimpft hat er die ganze Zeit und war durch nichts zu beruhigen.«
    Nasarow betrachtete das verquollene Gesicht. Hören wir ihn uns an, dachte er. Er könnte etwas mitzuteilen haben, was uns weiterbringt.
    Er nickte, die zwei Rotarmisten traten drei Schritte zurück und richteten die Läufe ihrer Waffen auf den Rücken des Mannes. Nasarow griff in die Tasche seiner Uniform, holte eine Packung Papirossy hervor, kniff sorgfältig das lange Pappmundstück zusammen, zündete die Zigarette mit einem Feuerzeug an und blies genußvoll die erste Rauchwolke dem Mann ins Gesicht.
    »Du wolltest etwas sagen?« fragte er darauf.
    »Ich heiße Grigori Valentinowitsch Korolew«, sagte der Mißhandelte mit fester Stimme.
    »Wen interessiert das?« Nasarow blies wieder den Rauch in Korolews zerschlagenes Gesicht. Dies ertragen zu müssen, war

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