Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sich vom Schmerz befreien

Titel: Sich vom Schmerz befreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Weitzer
Vom Netzwerk:
Therapeuten übertragen wird).
Spannung, Schmerz und andere Krankheiten
    Wie in diesem Buch bereits erwähnt, kann ein Spannungsproblem in vielen Krankheiten und Symptomen seinen Ausdruck finden. Ich treffe selten chronische Schmerzpatienten, die nur Schmerzprobleme haben. Oft sind Herz-Kreislauf-, Atemwegs-, Magen-Darm- oder Schlafprobleme daran gekoppelt oder es liegen neurologische oder eben psychische Erkrankungen vor. Unsere Medizin betrachtet und behandelt sie in der Regel getrennt voneinander. Ich jedoch erlebe, dass sich während einer kommunikativen Schmerztherapie auch alle anderen gesundheitlichen Störungen verändern. Oft löst ein Problem ein anderes ab oder wird größer, wenn das andere Symptom sich bessert: Aus einem Rückenschmerz wird beispielsweise ein Magenproblem, aus einem Kopfschmerz ein Angstthema. Da es einen allgemeinen Bauplan des menschlichen Organismus gibt, finden sich bestimmte Kombinationen häufiger als
andere. Grundsätzlich kann jedoch aus jedem Problem auch jedes andere werden. Das Thema Angst fand sich zwar auch bei Herrn M. immer wieder, es wurde jedoch nicht zu einem Problem.
    Dies hätte jedoch auch anders sein können. Verändern sich die Bedingungen, kann der Organismus einen anderen Trampelpfad (S. 33 f.) benutzen. Würde Herr M. beispielsweise einen neuen Chef bekommen, der ihn an seinen Vater erinnert und sich entsprechend verhält, kann aus seinem Schmerzproblem ein psychisches werden bzw. können beide nebeneinander existieren. Auch aus anderen Belastungssituationen heraus, die neben der beruflichen etwa in einer Beziehung entstehen, können bestehende Spannungs-Symptome verstärkt werden und sich zu ernsten Problemen entwickeln. (Nebenbei gesagt werden in unserer Gesellschaft chronische Schmerzen sehr häufig zusammen mit Depression diagnostiziert.) Wie gesagt, war bei Herrn M. die Angst kein auffälliger Aspekt. Während unserer Therapie trat jedoch ein anderes Thema in den Vordergrund, von dem er zunächst glaubte, es sei erledigt. Und auch bei ihm erhielt er im Laufe der Zeit immer mehr »das Gefühl, es hängt mit den Rückenschmerzen zusammen«.
    Wir arbeiteten schon einige Zeit zusammen und befanden uns in einer Phase, in der sich das Knieproblem deutlich gebessert hatte, aber sich der Rücken wieder vermehrt meldete. Da kam Herr M. in meine Praxis und machte auf mich einen völlig erschöpften Eindruck. Und so war es auch. »Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll«, sagte er, »ich bin völlig erledigt, könnte nur noch schlafen.« Dann erzählte er mir zum ersten Mal, dass er bereits seit 15 Jahren ein Schlafmittel nehme. Das hatte ihm seinerzeit ein Arzt verordnet
und seitdem war sein Schlafproblem gelöst. Er bringe es problemlos auf 9 bis 10 Stunden, nur jetzt fühle er sich nach dem Aufwachen »völlig gerädert«. Ich erklärte ihm auch dies aus der Spannungsperspektive, nämlich dass unsere Arbeit auch das Schlafverhalten betrifft und dort zu Veränderungen führen kann. Daraufhin ließ er sich erstaunlich bereitwillig darauf ein, seine Schlaftabletten wegzulassen, trotz meines Hinweises, dass er möglicherweise dann zunächst gar nicht mehr schlafen könne. Und so kam es. In den folgenden Wochen berichtete er, dass er »höchstens ein oder zwei Stunden pro Nacht schläft«, zwar immer noch müde sei, jedoch »tagsüber viel fitter und leistungsfähiger«. Zwar erlebe er seit neuestem »um die Mittagszeit den totalen Einbruch«, müsse sich eine Stunde hinlegen und schlafen, jedoch gehe es »nachher wieder frisch weiter«. Weitere Wochen später hatte er keine Schlafprobleme mehr, auch wenn er hin und wieder mal schlaflose Nächte hatte. »Dann denke ich halt nach oder höre Musik und vertraue darauf, dass sich mein Körper den Schlaf holen wird, den er braucht.«
    Was war geschehen? In Kapitel 1 (siehe S. 28 ff.) habe ich alle Lebensvorgänge aus der Perspektive des Nervensystems geschildert: Alle seine Bereiche arbeiten dort auf eine bestimmte Art zusammen und charakterisieren so das jeweilige Verhalten eines Menschen. Dies gilt auch für das Schlafen. Hier besteht diese Zusammenarbeit vor allem im »Ausruhen« höherer und bewusster Zentren des Gehirns. Sie ist aber auch ein Vorgang, der gesteuert wird, denn das Leben passt sich stets den Gegebenheiten der Natur an, die rhythmisch verlaufen (Tag

Weitere Kostenlose Bücher