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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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in mei­ner Nä­he. Ich hat­te kei­ne Mü­he, Wang Tse Lia­os Ge­dan­ken aus den an­de­ren her­vor­zu­sor­tie­ren. Ein Blick ge­nüg­te: Sein Denk­pro­zeß kon­zen­trier­te sich auf den Kom­plex per­sön­li­cher Schan­de, die ihm wi­der­fah­ren war, weil er sich hat­te ge­fan­gen­neh­men las­sen. Ich drang bis in die tiefs­ten Schich­ten sei­nes Be­wußt­seins vor, oh­ne auch nur den ge­rings­ten Hin­weis auf die Tor­pentouf-Af­fä­re zu fin­den. Wang Tse Liao wuß­te von nichts. Ob­wohl er zu Fo-Ti­engs engs­ten Mit­ar­bei­tern ge­hör­te, be­deu­te­te dies lei­der nichts. Ei­ne Sa­che wie die Ent­füh­rung der Dril­lin­ge wür­de der Ver­ant­wort­li­che nur den Leu­ten mit­tei­len, die un­be­dingt da­von wis­sen muß­ten. Und zu die­sen brauch­te Wang Tse Liao nicht un­be­dingt zu ge­hö­ren.
    Ich kehr­te in die Re­al­welt zu­rück. Der Klei­ne mus­ter­te mich auf­merk­sam. Er sah mei­nen Blick und schüt­tel­te den Kopf.
    »Nichts?«
    »Nichts«, ant­wor­te­te ich.
    Er zuck­te die Ach­seln.
    »Be­stä­tigt mei­ne Be­ob­ach­tung«, mein­te er. »Mich be­un­ru­higt al­ler­dings noch et­was an­de­res.«
    »Was ist das?«
    »Er weiß nicht, wo sich Fo-Ti­eng im Au­gen­blick auf­hält.«
    Das kam mir be­denk­lich vor, aber man ließ mir kei­ne Zeit, dar­über nach­zu­den­ken. Die Warn­an­la­ge summ­te zum zwei­ten Mal. Un­ge­dul­di­ger als zu­vor dräng­te die Stim­me aus dem Laut­spre­cher:
    »Die Hub­schrau­ber sind in der Nä­he, das Schwe­be­boot steht un­mit­tel­bar über der In­sel. Es wird Zeit, daß sich oben je­mand se­hen läßt!«
    Die­ser Je­mand war ich. Han­ni­bal wies mich in den Hin­ter­grund des Stol­lens. Dort gab es ei­ne schma­le, nied­ri­ge Öff­nung, die ins Freie führ­te. Ich zwäng­te mich hin­durch. Hin­ter mir ver­schloß der Klei­ne den Ein­gang. Er tat es mit ei­nem ge­nau pas­sen­den Fels­stück, das zu­dem noch von in­nen ver­rie­gelt wur­de, so daß nie­mand es durch Zu­fall aus sei­ner La­ge sto­ßen konn­te. Ich war auf mich al­lein ge­stellt.
    Ich be­fand mich in ei­ner schma­len, nicht son­der­lich tie­fen Fels­s­pal­te. Das war ge­nau der Ort, den ein Mensch auf­su­chen wür­de, der län­ger, als es ihm be­hag­te, den Un­bil­den der Wit­te­rung und der See aus­ge­setzt war und sich ein we­nig nach Schutz und Ge­bor­gen­heit sehn­te. Es war kurz nach Mit­tag. Ich schob mich an der Fels­wand ent­lang und trat ins Freie. Ich brauch­te nicht vor­zutäu­schen, daß das Son­nen­licht mich blen­de­te – es tat es wirk­lich. Ein we­nig un­si­cher trat ich auf das klei­ne Pla­teau vor der Fels­s­pal­te hin­aus und sah nach oben, als hät­te mich das brum­men­de, dröh­nen­de Ge­räusch der He­li­ko­pter­mo­to­ren eben erst aus dem Schlaf ge­schreckt.
    Oberst­leut­nant Wang Tse Liao muß­te wirk­lich ein wich­ti­ger Mann sein. Die Ma­schi­nen hin­gen da in dich­ten Trau­ben, zu meh­re­ren Dut­zend, und hoch über al­lem schweb­te ma­je­stä­tisch, mit un­ge­heu­er brei­ten Trag­flä­chen, das Schwe­be­boot. Ich be­gann zu win­ken. Ich fing an zu schrei­en. Mei­ne Schreie wur­den zwar nicht ge­hört, aber die in hel­les Grau ge­klei­de­te Ge­stalt vor dem dunk­le­ren Hin­ter­grund des Fel­sens fiel so­fort auf. Die Hub­schrau­ber­for­ma­ti­on ge­riet in Be­we­gung. Das Schwe­be­boot nahm land­ein­wärts Fahrt auf: Für sei­ne Be­sat­zung war die Such­ak­ti­on be­reits be­en­det.
    Was­ser­staub auf­wir­belnd, kam ei­ner der He­li­ko­pter nied­rig über die glat­te See her­an­ge­stri­chen. Ele­gant hob er sich über das steil auf­stre­ben­de Ufer der In­sel und lan­de­te kei­ne zehn Schrit­te vor mir. Ich war­te­te, bis die Ro­to­ren im Leer­lauf ar­bei­ten, dann nä­her­te ich mich dem Fahr­zeug zö­gernd und vor­sich­tig. Ein jun­ger Mann sprang aus dem Hub­schrau­ber. Er schrie mir et­was zu, das ich im Lärm des Mo­tors nicht ver­stand. Ich blieb ste­hen. Da schi­en er zu be­grei­fen. Er lach­te über das gan­ze Ge­sicht und brach­te aus der grau­en Ja­cke sei­ner Mon­tur ei­ne klei­ne, ro­sa­far­be­ne Pla­ket­te zum Vor­schein: Das Ab­zei­chen der in­ter­staat­li­chen Po­li­zei des großasia­ti­schen

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