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Siddharta

Siddharta

Titel: Siddharta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Kaufver-
    trag niedergeschrieben war, und begann ihren Inhalt vorzu-
    lesen.
    »Vortrefflich«, sagte Kamaswami. »Und willst du mir et-
    was auf dieses Blatt schreiben?«
    Er gab ihm ein Blatt und einen Griffel, und Siddhartha
    schrieb und gab das Blatt zurück.
    Kamaswami las: »Schreiben ist gut, Denken ist besser. 1
    Klugheit ist gut, Geduld ist besser.«
    »Vorzüglich verstehst du zu schreiben«, lobte der Kauf-
    |mann. »Manches werden wir noch miteinander zu sprechen
    «haben. Für heute bitte ich dich, sei mein Gast und nimm in l
    diesem Hause Wohnung.«
    Siddhartha dankte und nahm an, und wohnte nun im
    Hause des Händlers. Kleider wurden ihm gebracht, und
    Schuhe, und ein Diener bereitete ihm täglich das Bad. Zweimal
    am Tage wurde eine reichliche Mahlzeit aufgetragen,
    Siddhartha aber aß nur einmal am Tage, und aß weder Fleisch
    noch trank er Wein. Kamaswami erzählte ihm von seinem
    Handel, zeigte ihm Waren und Magazine, zeigte ihm Berech-
    nungen. Vieles Neue lernte Siddhartha kennen, er hörte viel
    und sprach wenig. Und der Worte Kamalas eingedenk, ordnete
    er sich niemals dem Kaufmann unter, zwang ihn, daß er ihn
    als seinesgleichen, ja als mehr denn seinesgleichen behandle.
    Kamaswami betrieb seine Geschäfte mit Sorglichkeit und oft
    mit Leidenschaft, Siddhartha aber betrachtete dies alles wie ein Spiel, dessen Regeln genau zu lernen er bemüht war, dessen
    Inhalt aber sein Herz nicht berührte.
    Nicht lange war er in Kamaswamis Hause, da nahm er
    schon an seines Hausherrn Handel teil. Täglich aber zu der
    Stunde, die sie ihm nannte, besuchte er die schöne Kamala, in
    hübschen Kleidern, in feinen Schuhen, und bald brachte er
    ihr auch Geschenke mit. Vieles lehrte ihn ihr roter, kluger
    Mund. Vieles lehrte ihn ihre zarte, geschmeidige Hand. Ihn,
    der in der Liebe noch ein Knabe war und dazu neigte, sich
    blindlings und unersättlich in die Lust zu stürzen wie ins Bo-
    denlose, lehrte sie von Grund auf die Lehre, daß man Lust
    nicht nehmen kann, ohne Lust zu geben, und daß jede Ge-
    bärde, jedes Streicheln, jede Berührung, jeder Anblick, jede
    kleinste Stelle des Körpers ihr Geheimnis hat, das zu wecken
    dem Wissenden Glück bereitet. Sie lehrte ihn, daß Liebende
    nach einer Liebesfeier nicht voneinander gehen dürfen, ohne
    eins das andere zu bewundern, ohne ebenso besiegt zu sein,
    wie gesiegt zu haben, so daß bei keinem von beiden Übersät-
    tigung und Öde entstehe und das böse Gefühl, mißbraucht zu
    haben oder mißbraucht worden zu sein. Wunderbare Stunden
    brachte er bei der schönen und klugen Künstlerin zu, wurde
    ihr Schüler, ihr Liebhaber, ihr Freund. Hier bei Kamala lag
    der Wert und Sinn seines jetzigen Lebens, nicht im Handel des
    Kamaswami.
    Der Kaufmann übertrug ihm das Schreiben wichtiger
    Briefe und Verträge und gewöhnte sich daran, alle wichtigen
    Angelegenheiten mit ihm zu beraten. Er sah bald, daß Sid-
    dhartha von Reis und Wolle, von Schiffahrt und Handel wenig
    verstand, daß aber seine Hand eine glückliche war, und |daß
    Siddhartha ihn, den Kaufmann, übertraf an Ruhe und
    Gleichmut, und in der Kunst des Zuhörenkönnens und Ein-
    dringens in fremde Menschen. »Dieser Brahmane«, sagte er
    zu einem Freunde, »ist kein richtiger Kaufmann und wird nie
    einer werden, nie ist seine Seele mit Leidenschaft bei den Ge-
    schäften. Aber er hat das Geheimnis jener Menschen, zu
    welchen der Erfolg von selber kommt, sei das nun ein
    angeborener guter Stern, sei es Zauber, sei es etwas, das er
    bei den Samanas gelernt hat. Immer scheint er mit den
    Geschäften nur zu spielen, nie gehen sie ganz in ihn ein, nie
    beherrschen sie ihn, nie fürchtet er Mißerfolg, nie
    bekümmert ihn ein Verlust.«
    Der Freund riet dem Händler: »Gib ihm von den Geschäf-
    ten, die er für dich treibt, ein Drittel vom Gewinn, laß ihn
    (aber auch denselben Anteil des Verlustes treffen, wenn Ver-
    lust entsteht. So wird er eifriger werden.«
    Kamaswami folgte dem Rat. Siddhartha aber kümmerte
    sich wenig darum. Traf ihn Gewinn, so nahm er ihn gleich-
    mütig hin; traf ihn Verlust, so lachte er und sagte: »Ei sieh,
    dies ist also schlecht gegangen!«
    Es schien in der Tat, als seien die Geschäfte ihm gleichgültig.
    Einmal reiste er in ein Dorf, um dort eine große Reisernte
    aufzukaufen. Als er ankam, war aber der Reis schon an einen
    andern Händler verkauft. Dennoch blieb Siddhartha manche
    [Tage in jenem Dorf, bewirtete die Bauern, schenkte ihren
    Kindern Kupfermünzen, feierte

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