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Siddharta

Siddharta

Titel: Siddharta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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bange, aber süße Glück ihrer
    ewigen Verliebtheit. In sich selbst, in Frauen, in ihre Kinder, in Ehre oder Geld, in Pläne oder Hoffnungen verliebt waren
    diese Menschen immerzu. Er aber lernte dies nicht von ihnen,
    gerade dies nicht, diese Kinderfreude und Kindertorheit; er
    lernte von ihnen gerade das Unangenehme, was er selbst
    verachtete. Es geschah immer öfter, daß er am Morgen nach
    einem geselligen Abend lange liegenblieb und sich dumm und
    müde fühlte. Es geschah, daß er ärgerlich und ungeduldig
    wurde, wenn Kamaswami ihn mit seinen Sorgen langweilte.
    Es geschah, daß er allzu laut lachte, wenn er im Würfelspiel
    verlor. Sein Gesicht war noch immer klüger und geistiger als
    andre, aber es lachte selten, und nahm einen um den ändern
    jene Züge an, die man im Gesicht reicher Leute so häufig findet, jene Züge der Unzufriedenheit, der Kränklichkeit, des
    Mißmutes, der Trägheit, der Lieblosigkeit. Langsam ergriff ihn
    die Seelenkrankheit der Reichen.
    Wie ein Schleier, wie ein dünner Nebel senkte sich Müdigkeit
    über Siddhartha, langsam, jeden Tag ein wenig dichter, jeden

Monat ein wenig trüber, jedes Jahr ein wenig schwerer. Wie ein
    neues Kleid mit der Zeit alt wird, mit der Zeit seine schöne
    Farbe verliert, Flecken bekommt, Falten bekommt, an den
    Säumen abgestoßen wird und hier und dort blöde, fä-
    dige Stellen zu zeigen beginnt, so war Siddharthas neues Le-
    ben, das er nach seiner Trennung von Govinda begonnen
    hatte, alt geworden, so verlor es mit den hinrinnenden Jahren
    Farbe und Glanz, so sammelten sich Falten und Flecken auf
    ihm, und im Grunde verborgen, hier und dort schon häßlich
    hervorblickend, wartete Enttäuschung und Ekel. Siddhartha
    merkte es nicht. Er merkte nur, daß jene helle und sichere
    Stimme seines Innern, die einst in ihm erwacht war und ihn in
    seinen glänzenden Zeiten je und je geleitet hatte, schweigsam
    geworden war.
    Die Welt hatte ihn eingefangen, die Lust, die Begehrlich-
    keit, die Trägheit, und zuletzt auch noch jenes Laster, das er
    als das törichteste stets am meisten verachtet und gehöhnt
    hatte: die Habgier. Auch das Eigentum, der Besitz und
    Reichtum hatte ihn schließlich eingefangen, war ihm kein
    Spiel und Tand mehr, war Kette und Last geworden. Auf
    einem seltsamen und listigen Wege war Siddhartha in diese
    letzte und schnödeste Abhängigkeit geraten, durch das Wür-
    felspiel. Seit der Zeit nämlich, da er im Herzen aufgehört
    hatte, ein Samana zu sein, begann Siddhartha das Spiel um
    Geld und Kostbarkeiten, das er sonst lächelnd und lässig als
    eine Sitte der Kindermenschen mitgemacht hatte, mit einer
    zunehmenden Wut und Leidenschaft zu treiben. Er war ein
    gefürchteter Spieler, wenige wagten es mit ihm, so hoch und
    frech waren seine Einsätze. Er trieb das Spiel aus der Not seines Herzens, das Verspielen und Verschleudern des elenden
    Geldes schuf ihm eine zornige Freude, auf keine andere Weise
    konnte er seine Verachtung des Reichtums, des Götzen der
    Kaufleute, deutlicher und höhnischer zeigen. So spielte er
    hoch und schonungslos, sich selbst hassend, sich selbst ver-
    höhnend, strich Tausende ein, warf Tausende weg, verspielte
    Geld, verspielte Schmuck, verspielte ein Landhaus, gewann
    wieder, verspielte wieder. Jene Angst, jene furchtbare und
    beklemmende Angst, welche er während des Würfelns,
    während des Bangens um hohe Einsätze empfand, jene Angst
    liebte er und suchte sie immer zu erneuern, immer zu

    steigern, immer höher zu kitzeln, denn in diesem Gefühl allein
    noch fühlte er etwas wie Glück, etwas wie Rausch, etwas wie
    erhöhtes Leben inmitten seines gesättigten, lauen, faden
    Lebens. Und nach jedem großen Verluste sann er auf neuen
    Reichtum, ging eifriger dem Handel nach, zwang strenger
    seine Schuldner zum Zahlen, denn er wollte weiter spielen, er
    wollte weiter vergeuden, weiter dem Reichtum seine Ver-
    achtung zeigen. Siddhartha verlor die Gelassenheit bei Verlu-
    sten, er verlor die Geduld gegen säumige Zahler, verlor die
    Gutmütigkeit gegen Bettler, verlor die Lust am Verschenken
    und Wegleihen des Geldes an Bittende. Er, der zehntausend
    auf einen Wurf verspielte und dazu lachte, wurde im Handel
    strenger und kleinlicher, träumte nachts zuweilen von Geld!
    Und so oft er aus dieser häßlichen Bezauberung erwachte, so
    oft er sein Gesicht im Spiegel an der Schlafzimmerwand gealtert und häßlicher geworden sah, so oft Scham und Ekel ihn
    überfiel, floh er weiter, floh in neues

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