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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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die es sich oberflächlich angeguckt haben, erinnert mich an jenes berühmte alte Problem: Niemandem war es gestattet, den Kaiser von China zu sehen. Es stellte sich aber die Frage: Wie lang ist die Nase des Kaisers von China? Um das herauszufinden, geht man durchs ganze Land und fragt die Leute, wie lang ihrer Meinung nach die Nase des Kaisers von China ist, und aus den Antworten bildet man den Durchschnitt. Und das Resultat wäre sehr »genau«, weil man ja die Antworten von so vielen Leuten berücksichtigt hat. Natürlich kann man auf diese Weise überhaupt nichts herausfinden; wenn sehr viele Leute Antworten geben, ohne sich die Sache sorgfältig anzusehen, verbessert man sein Wissen von der Situation nicht dadurch, daß man den Durchschnitt ermittelt.
    Anfangs sollten wir nicht über die Kosten der Bücher sprechen. Es wurde uns gesagt, wie viele Bücher wir auswählen konnten, und wir entwarfen ein Programm, bei dem viele sich ergänzende Bücher verwendet wurden, denn alle neuen Lehrbücher hatten irgendwelche Mängel. Die schlimmsten Mängel wiesen die Bücher über die »Neue Mathematik« auf: In ihnen gab es keine Anwendungsbeispiele und nicht genug Textaufgaben. Das Verkaufen von Briefmarken kam nicht vor; dafür war zuviel von Kommutation und abstrakten Dingen die Rede, und es gab zu wenig Übertragungen auf Situationen des täglichen Lebens. Was muß man in einer bestimmten Situation machen: addieren, subtrahieren, multiplizieren oder dividieren? Deshalb schlugen wir zusätzlich zu einem Lehrbuch für jeden Schüler ein paar Bücher vor - ein oder zwei für jede Klasse -, in denen solche Dinge behandelt wurden. Wir hatten es nach vielen Diskussionen geschafft, Vor- und Nachteile auszugleichen.
    Als wir unsere Empfehlungen beim Bildungsbeirat einreichten, hieß es, es stehe nicht so viel Geld zur Verfügung wie ursprünglich angenommen, so daß wir die ganze Sache noch einmal durchgehen und hier und da Kürzungen vornehmen mußten, wobei wir nun die Kosten berücksichtigten und das einigermaßen ausgewogene Programm, bei dem für die Lehrer zumindest die Chance bestand, die benötigten Beispiele zu finden, zunichte machten.
    Nachdem man nun die Vorschriften über die Anzahl der Bücher, die wir empfehlen konnten, geändert hatte und für uns keine Möglichkeit mehr bestand, etwas auszugleichen, war es ein ziemlich mieses Programm. Als der Haushaltsausschuß des Senats sich damit beschäftigte, wurde es noch mehr zusammengestrichen. Jetzt war es wirklich miserabel! Als der Posten erörtert wurde, wurde ich gebeten, vor dem Senat des Bundesstaates zu erscheinen, aber ich lehnte ab. Nachdem ich mich so sehr mit diesem Zeug auseinandergesetzt hatte, war ich es leid. Wir hatten unsere Empfehlungen für den Bildungsbeirat ausgearbeitet, und ich fand, jetzt sei es seine Aufgabe, sie beim Senat zu vertreten - was rechtlich gesehen wohl einwandfrei, politisch aber unklug war. Ich hätte nicht so schnell aufgeben sollen, aber sich solche Mühe zu geben und so viel über all diese Bücher zu diskutieren, um ein einigermaßen ausgewogenes Programm zustande zu bringen, und dann zu erleben, daß die ganze Sache am Ende fallengelassen wird - das war entmutigend! Das Ganze war eine unnötige Arbeit, die man anders hätte angehen und umgekehrt hätte durchführen können: indem man von den Kosten der Bücher ausging und das anschaffte, was man sich leisten konnte.
    Was schließlich den Ausschlag gab und letztlich zu meinem Rücktritt führte, war, daß wir im Jahr darauf naturwissenschaftliche Lehrbücher zu behandeln hatten. Ich dachte, vielleicht sei es bei den Naturwissenschaften anders, und sah mir einige der Bücher an.
    Doch es passierte genau dasselbe: Anfangs machte manches einen guten Eindruck, erwies sich aber dann als erschreckend. Ein Buch zu Beispiel fing mit vier Bildern an: auf dem ersten war ein Spielzeug zum Aufziehen, auf dem zweiten ein Auto, auf dem dritten ein Junge auf einem Fahrrad und auf dem vierten irgend etwas anderes. Und unter jedem Bild stand die Frage: »Wodurch kommt die Bewegung zustande?«
    Ich dachte: »Ich weiß, was jetzt kommt. Es wird von der Mechanik die Rede sein, davon, wie die Federn in dem Spielzeug funktionieren, von der Chemie, das heißt von der Arbeitsweise des Automotors; und von der Biologie, vom Funktionieren der Muskeln.«
    Mein Vater hatte mit Vorliebe über solche Dinge gesprochen: »Wodurch es sich bewegt? Alles bewegt sich, weil die Sonne scheint.« Und dann hatten

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