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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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verbesserten die Arbeitsorganisation. Sie arbeiteten nachts. Sie brauchten nachts keine Aufsicht; sie brauchten überhaupt nichts. Sie verstanden alles; sie erfanden einige der Programme, die wir verwendeten.
    Meine Jungs kamen also wirklich zurecht, und alles, was man tun mußte, war, ihnen zu sagen, worum es ging. Und das Resultat war, daß wir, obwohl sie vorher neun Monate gebraucht hatten, um drei Probleme zu lösen, jetzt neun Probleme in drei Monaten lösten, was fast zehnmal so schnell ist.
    Aber wir hatten unsere eigenen Methoden, um die Probleme zu lösen. Die Probleme bestanden aus einem Haufen Karten, die bearbeitet werden mußten. Erst addieren, dann multiplizieren - und so ging es durch den Zyklus von Maschinen in diesem Raum, langsam, Runde um Runde. Deshalb überlegten wir uns, einen weiteren Packen andersfarbiger Karten bearbeiten zu lassen, aber phasenverschoben. Auf diese Weise konnten wir zwei oder drei Probleme gleichzeitig erledigen.
    Aber damit handelten wir uns ein anderes Problem ein. Gegen Ende des Krieges beispielsweise, kurz bevor wir in Albuquerque einen Test machen mußten, war die Frage:
    Wieviel Energie würde freigesetzt werden? Wir hatten bei verschiedenen Konstruktionen die Energiefreisetzung kalkuliert, aber für die Konstruktion, die letztlich verwendet wurde, hatten wir keine Berechnungen angestellt. Deshalb kam Bob Christy herüber und sagte: »Wir hätten gern die Zahlen, wie dieses Ding wirken wird, in einem Monat« - oder in sehr kurzer Zeit, innerhalb von drei Wochen vielleicht.
    Ich sagte: »Unmöglich.«
    Er sagte: »Schauen Sie, Sie lösen im Monat ungefähr zwei Probleme. Also brauchen Sie für ein Problem nur zwei oder drei Wochen.«
    Ich sagte: »Ich weiß. In Wirklichkeit dauert es länger, ein Problem zu lösen, aber wir bearbeiten sie parallel. Ein Durchlauf dauert sehr lange, und es ist unmöglich, das zu beschleunigen.«
    Er ging hinaus, und ich fing an zu überlegen. Gibt es eine Möglichkeit, den Durchlauf zu beschleunigen? Was wäre, wenn wir nichts anderes auf der Maschine bearbeiteten, so daß sich nichts störend auswirken könnte? Ich schrieb den Jungs eine Frage an die Tafel, um sie herauszufordern - KÖNNEN WIR ES SCHAFFEN? Sie fangen an zu schreien: »Ja, wir arbeiten in Doppelschichten, wir machen Überstunden«, und ähnliche Dinge. »Wir versuchen es. Wir versuchen es!«
    Und jetzt hieß die Regel: Alle anderen Probleme raus. Nur ein Problem und nur auf dieses eine konzentrieren. Sie machten sich an die Arbeit.
    Meine Frau Arlene hatte Tuberkulose - sie war wirklich sehr krank. Es sah so aus, als könnte jeden Moment etwas passieren, deshalb machte ich vorsorglich mit einem Freund aus dem Wohnheim aus, daß er mir im Notfall seinen Wagen leihen würde, damit ich schnell nach Albuquerque fahren könnte. Sein Name war Klaus Fuchs. Er war der Spion, und er benutzte sein Auto, um geheimes Material über die Atombombe von Los Alamos nach Santa Fe zu bringen. Aber das wußte niemand.
    Der Notfall trat ein. Ich lieh mir das Auto von Fuchs, und für den Fall, daß unterwegs nach Albuquerque etwas mit dem Wagen passieren sollte, nahm ich zwei Anhalter mit. Und wie es kommen mußte, gerade als wir nach Santa Fe hineinfuhren, hatten wir einen Platten. Die beiden halfen mir, den Reifen zu wechseln, und gerade als wir aus Santa Fe hinausfuhren, ging bei einem anderen Reifen die Luft raus. Wir schoben den Wagen zu einer Tankstelle in der Nähe.
    Der Tankwart war gerade dabei, einen anderen Wagen zu reparieren, und es würde eine Weile dauern, bis er uns helfen konnte. Ich dachte nicht einmal daran, irgend etwas zu sagen, aber die beiden Anhalter gingen zu ihm hin und machten ihm die Situation klar. Bald hatten wir einen neuen Reifen (aber keinen Ersatzreifen - Reifen waren während des Krieges knapp).
    Etwa dreißig Meilen vor Albuquerque hatten wir einen dritten Platten, deshalb ließ ich den Wagen stehen, und wir trampten das letzte Stück Weg. Ich rief eine Werkstätte an, um den Wagen abschleppen zu lassen, während ich ins Krankenhaus zu meiner Frau ging.
    Arlene starb ein paar Stunden später, nachdem ich dort angekommen war. Eine Schwester kam herein, um den Totenschein auszufüllen, und ging wieder hinaus. Ich blieb noch ein wenig bei meiner Frau, Dann schaute ich auf die Uhr, die ich ihr sieben Jahre vorher, als sie zum erstenmal an Tuberkulose erkrankt war, geschenkt hatte. Für damalige Verhältnisse war sie etwas ganz Besonderes: eine Digitaluhr, deren

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