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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihn mal!«
    »Verrückt, was?« Aber der stille, junge Leutnant, der gleich neben der Tür saß, so wie es sich gehörte, denn der Offizier springt immer zuerst seinen Männern voran, jagte Köster Mißtrauen ins Gehirn. Während die erste Ju 52 bereits wegrollte und die zweite die Motoren anwarf, schlängelte sich Köster zur Tür vor, die gerade geschlossen wurde. Es war jetzt dunkel in der Maschine, schwarze Nacht. Das gab Köster doppelten Mut.
    »Herr Leutnant?!«
    »Ja?!« Die Stimme des Offiziers war hell, schneidend, so, wie Offiziere öfter auf dem Kasernenhof oder vor der Front mit heller Stimme kommandieren.
    »Herr Leutnant sind mir von meinem Kompaniechef, Herrn Leutnant Mönnig, nicht gemeldet worden.«
    »So? Brauchen Sie eine Extra-Einladung?«
    »Nein, Herr Leutnant. Nur der Ordnung halber …«
    »Merken Sie sich eins, Unteroffizier: Wenn ich hier sitze, ist es in Ordnung! Noch eine Frage? Danke!« Nach militärischen Gepflogenheiten war damit das Gespräch endgültig beendet. Was danach folgte, konnte nur noch ein gewaltiger Anschiß sein. Köster wollte dies nicht ausprobieren und trollte sich zufrieden. Er stieß Grüben an die kalte Leichtmetallwand und flüsterte ihm zu:
    »Idiot! Der macht 'ne Minna aus mir, wenn ich weiter frage. Laß ihn abspringen. Mönnig wird am Monte Cassino schon auf ihn stoßen!«
    Ein Zittern ging durch den großen Leib des Flugzeuges, knatternd und brausend jagten die Propeller der Motoren los, dann rollte die Ju träge über die Rollbahn und wandte sich dem Startplatz zu.
    Renate Wagner saß an der eisernen Tür und hatte die schmalen Hände gefaltet. Sie rollte … gleich flog sie … fort von Rom, hinein in die Hölle zu Erich. Alles war glatter gegangen, als sie es sich vorgestellt hatte. Die Uniform allein genügte, der Fallschirm, ein paar scharfe Worte. Wie beim Hauptmann von Köpenick, dachte sie.
    Sie spürte, wie ihre Hände zitterten. Sie biß die Lippen zusammen und beugte den Kopf nach vorn. Neben und hinter sich hörte sie das Atmen der anderen Männer. Die Motoren waren jetzt leise, sie sangen mehr … an dem Schaukeln des Rumpfes merkte sie, daß sie bereits in der Luft waren und flogen. Der Helm drückte. Mit der Hand schob sie ihn weiter nach vorn. Wie hatte Erich immer gesagt: Das Mädchen mit dem Goldhelm. In einer Nacht hatte er ihre blonden Haare vollständig zerwühlt, er war wie verrückt gewesen und ließ sie immer und immer wieder durch seine Finger gleiten und hatte sein Gesicht in die seidige Fülle des Goldes gelegt, das ihr Gesicht umfloß.
    Sie dachte daran, ob er ihren Brief erhalten hatte. Ich komme bald zu dir, hatte sie ihm geschrieben. Es mußte ein großes Rätsel für ihn gewesen sein, vielleicht aber auch nur ein lapidarer Satz, über den er hinweglas.
    Nun kam sie wirklich, würde in der Nacht über ihm abspringen und hinunterschweben auf das Kloster, das in wenigen Wochen schon sagenhaft geworden war. Hinunter zu Erich … Sie lehnte den heißen Kopf an die kalte Metallwand der Ju und schloß die Augen. Es war heiß in dem Flugzeugrumpf, die Luft staute sich und war verbraucht, roch nach Schweiß, Lederfett, nassen Uniformen und menschlichen Ausdünstungen. Von der Flugkanzel her kam einer von der Besatzung gekrochen. Man hörte nur seine Stimme in der Dunkelheit. »In zehn Minuten sind wir da. Es wird dreimal gehupt. Beim erstenmal Türe auf, beim zweiten Hupen festhalten, beim dritten springen. Wir haben leichten Wind. Ihr könnt also nicht weit abtreiben.«
    Renate Wagner erhob sich. Sie durchdachte noch einmal alles, was sie von den Fallschirmjägern gehört und gelesen hatte. Reißleine auf der Schiene oberhalb der Tür einhaken, sich mit beiden Händen an den Griffen neben der Tür festhalten, dann Füße abstemmen, mit nach vorne ausgebreiteten Armen und Kopf zuerst springen … alles andere würde sich dann zeigen. Sie ergriff die Reißleine und hakte sie in der Schiene fest. Unteroffizier Köster, der sich neben sie schob, trat zurück. Natürlich, der Leutnant sprang zuerst, dann er und die anderen. Er musterte den schmalen Mann vor sich. Der Schirm lag vorschriftsmäßig an, der Reißleinehaken war richtig eingeklinkt, die Knie federten jetzt sogar, als durchränne eine Ungeduld den schmächtigen Körper. Scheint Ahnung zu haben, dachte Köster und beruhigte sein Gewissen damit endgültig. Er lauschte wie alle anderen, wie die Motoren tiefer brummten, wie die Geschwindigkeit nachließ und die Maschine sich

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