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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Andacht gerade dieses Menschen nicht begreifen.
    Nur Heinrich Küppers lächelte still vor sich hin. Wie wenig kannten sie Theo, dachte er. Sie sehen nur das rauhe Äußere an ihm, sie hören nur seine säuischen Worte … aber was wissen sie alle, wie es bei uns drinnen aussieht. Auch ein Theo Klein hat eine Seele … Wenn sie wüßten, daß er die Medaille des Erzabtes Diamare auf der nackten Brust trägt wie einen Talisman! Aber sie sollen es nicht wissen, Theo will es nicht. Er will der Kompaniestier bleiben, weil er Angst vor seiner eigenen Weichheit hat.
    An der Front war es still geworden. General Alexander gruppierte um. Das II. polnische Korps erschien vor dem Monte Cassino, Freyberg rückte südlich ab zum Rapido. Vom Führerhauptquartier ergoß sich ein Ordenssegen über die Helden von Cassino. Unter Verleihung des Deutschen Kreuzes in Gold wurde Major von der Breyle post mortem zum Oberstleutnant befördert. Hauptmann Gottschalk und Major v. Sporken bekamen das Eichenlaub, Leutnant Weimann das Deutsche Kreuz in Gold, die Beförderungen von Klein, Küppers, Müller 17, Bergmann und Maaßen lagen bereits bei Oberst Stucken und sollten in Kürze ausgesprochen werden. Die Melder brachten es mit … als die Telefonleitung wieder geflickt war, sagte es Stucken noch einmal zu v. Sporken.
    »Leichtmetall hätten wir jetzt genug am Hals«, meinte v. Sporken zu Dr. Pahlberg. »Jetzt fehlt das berühmte Eisen ins Kreuz, und wir sind komplette Helden!«
    »Sie sind ein Fatalist, von Sporken.«
    Pahlberg saß mit Renate in der Maisonne auf einem Säulenrest vor dem Kellereingang des Lazaretts. »Andere Offiziere bringen sich um für solch ein Ding unterm Kinn! Ich kannte einen Oberst im Osten, bei Smolensk, dessen Division wurde viermal aufgerieben, viermal kam er nach Posen zur Auffüllung und fünfmal rief er an: ›Meine Division brennt darauf, im Brennpunkt der Schlacht eingesetzt zu werden.‹ Das ging so weiter, bis er die Schwerter zum Eichenlaub hatte. Dann fand man ihn nach einem Sturm in seinem Befehlspanzer erschossen auf. Der Schuß war von hinten ins Gehirn gedrungen … ich habe die Leiche selbst obduziert. Ein blöder Schuß, von dem keiner wußte, wo er herkam! Es ist auch nie geklärt worden. Aber die Division hatte von diesem Augenblick an Ruhe.«
    »Das sind Schweine, Pahlberg.« Major v. Sporken sagte es mit der ganzen Geringschätzung, deren er fähig war. »Auf Kosten seiner Leute sich den Hals dekorieren lassen – pfui Teufel! Ich weiß, so etwas gibt es. Genug gibt es das! Ich glaube, wenn ich einen dieser ›Herren‹ träfe, ich würde ihm ins Gesicht schlagen und wie einem Gassenjungen in den Hintern treten! Die Häuptlinge südamerikanischer Indianerstämme schmücken sich mit den Schrumpfköpfen ihrer erlegten Feinde. An der Zahl erkennt man ihr Heldentum! Bei uns wird das alles mathematisch zusammengezogen und mit einem Blechstück in Kreuzform manifestiert. Das unterscheidet die zivilisierte Ehrung von dem barbarischen Heldenkult der Wilden. Was dem einen der Skalp, ist dem anderen der Orden! Ich wundere mich nur immer über die moralische Entrüstung der zivilisierten Welt, wenn sie in einem Museum einen Schrumpfkopf betrachtet, sich aber nicht scheut, bei besonderen Feierlichkeiten und selbst in der Kirche mit Stolz ihre Orden zu tragen, und sogar nach der Höhe der Orden gesellschaftlich eingestuft wird. Diese Dekadenz ist so erschütternd, daß ich mich frage, ob ich mich wirklich über das nette Kreuzchen unterm Kragenknopf freuen soll.«
    In diesen stillen Tagen fand im Lazarett ein verborgener Kampf zwischen Renate und Pahlberg statt. Dr. Pahlberg wollte, daß Renate das Kloster verlasse, und mit der gleichen Beharrlichkeit weigerte sich Renate, diesem Wunsche nachzukommen oder dem Befehl Oberst Stuckens Folge zu leisten. »Ich unterstehe nicht dem Oberst!« sagte sie fest. »Ich bin nur mir selbst verantwortlich.«
    »Stucken ist der Kommandant des Abschnittes. Alles, was in diesem Gebiet ist, untersteht seinem Befehl!« Pahlberg versuchte immer wieder, Renate umzustimmen. Er wußte, daß diese ungewohnte Ruhe die letzten Tage waren, die sie gemeinsam verleben konnten – was kam, war der letzte Akt einer Tragödie, vor dem er Renate bewahren wollte.
    »Du denkst militärisch! Ich aber denke menschlich. Man kann keinem Menschen befehlen, seine Liebe einfach aufzugeben! Ich bleibe bei dir, bis zum Ende, Erich.«
    Dr. Pahlberg saß in der Sonne zwischen den Trümmern und

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